Kickl-Brandrede

"In jedes Mausloch muss ein Freiheitlicher reinschauen"

Beim Wahlkampfauftakt in Graz munitionierte FPÖ-Chef Kickl die Blauen für den Endspurt auf: "Unbedingter Einsatz und unbedingter Willen zum Sieg".

Newsdesk Heute
"In jedes Mausloch muss ein Freiheitlicher reinschauen"
FPÖ-Chef Herbert Kickl beim blauen Wahlauftakt in der Grazer Messe am 7. September 2024.
ERWIN SCHERIAU / APA / picturedesk.com

Großkampftag am Samstag für FPÖ-Chef Herbert Kickl. Zu Mittag badete er im Applaus seiner Anhänger bei einem Auftritt beim Welser Volksfest, danach düste der Oberblaue nach Graz in die Messe, wo ab 17 Uhr der offizielle Wahlkampfauftakt der Freiheitlichen über die Bühne ging. Erwartet wurden mehr als 2.000 Fans.

Twinny und Jolly gratis

Schon 30 Minuten vor dem offiziellen Einlass herrschte beim Eingag dichtes Gedränge. Bei noch immer hochsommerlichen Temperaturen wurde Gratis-Eis verteilt (Twinny und Jolly). Außerdem gab es auch ein Goodiebag von der Freiheitlichen Wirtschaft zu ergattern – mit Schreibblock, Stift und Kürbiskernen.

Die Tische im Saal gingen über mit FPÖ-Accessoires und Österreich-Flaggen zuhauf (alle Wahlkampf-Goodies sind laut Eigenangaben der Blauen made in Austria).

Gratis-Eis beim Wahlkampf-Mobil des steirischen FPÖ-Chefs Mario Kunasek.
Gratis-Eis beim Wahlkampf-Mobil des steirischen FPÖ-Chefs Mario Kunasek.
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Bier günstiger als bei Babler

Im Angebot gegen den Durst: Gösser-Bier (3,80 Euro), Spritzer (3,80 Euro), Limo (3,50 Euro), Soda (2,50 Euro). Für Hungrige: Würstel (3,50 Euro), Schnitzelsemmel (4,50 Euro) oder Brezel (2 Euro).

Beim Wahlkampfauftakt des SPÖ-Spitzenkandidaten Andreas Babler in Linz am 29. August waren Bier und Spritzer mit je 5,50 Euro übrigens teurer.

"Hallo kleine Maus"

Das Vorprogramm zum FPÖ-Event am Samstag in Graz startete pünktlich um 17 Uhr – mit der John Otti Band als Stimmungs-Anheizer. Auf den Tribünen wurden fleißig Österreich-Fahnen geschwenkt und zu Songs wie "Hallo kleine Maus" mitgeschunkelt.

Dauerbrenner bei FPÖ-Großevents – die John Otti Band.
Dauerbrenner bei FPÖ-Großevents – die John Otti Band.
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Weitere Hits der blauen John-Otti-Playlist in der Messehalle: "Ein Prosit, weil das gehört gefeiert – heute kommt der Herbert". Spätestens zum Peter-Alexander-Lied "Wir sind eine große Familie" waren alle im Publikum auf den Beinen, jubelten, sangen mit. Ähnlich ging's weiter mit "Sierra Madre" frei nach den Schürzenjägern.

"Alle, alle aufstehen" stimmte die Band auch noch an – wäre gar nicht nötig gewesen, der "Herbert"-Countdown brachte die Leute bereits zum Kochen: "Klatschen, Hände in die Höhe" - es flutschte.

"Herbert, Herbert": Jubel-Stimmung im Publikum – alle singen mit zu den Songs der John Otti Band, schwenken Kickl-Schilder.
"Herbert, Herbert": Jubel-Stimmung im Publikum – alle singen mit zu den Songs der John Otti Band, schwenken Kickl-Schilder.
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Doch kein Messerschleifer

Anders als auf der Einladung angekündigt war übrigens kein Messerschleifer vor Ort, der stumpfe Messer und Scheren kostenlos wieder hätte scharf machen sollen. "Kurzfristig verhindert", hieß es zur Erklärung – aber vielleicht doch zu heikel. Immerhin wurden beim Eingang Taschen und Rucksäcke durchsucht, Messer wären da wohl tabu gewesen.

Angeboten wurde aber ein Gratis-Schneiderservice: Maximal drei Kleidungsstücke konnte man für Änderungen zum Schneiderbus bringen.

"Schneider-Service" anlässlich des FPÖ-Wahlkampfauftakts am 7. September in Graz.
"Schneider-Service" anlässlich des FPÖ-Wahlkampfauftakts am 7. September in Graz.
ERWIN SCHERIAU / APA / picturedesk.com

In Umfragen liegt die FPÖ derzeit auf Siegeskurs, würde einer brandaktuellen Erhebung auf 28 Prozent kommen. Die ÖVP würde – Stand jetzt – mit 24 Prozent Zweite werden, dahinter läge die SPÖ abgeschlagen bei nur mehr 20 %. Im Kanzler-Duell Kickl gegen Nehammer stünde es damit aktuell 28:24 für den Blauen.

Herbert Kickl und Mario Kunasek am Weg auf die Bühne – unter tosendem Applaus.
Herbert Kickl und Mario Kunasek am Weg auf die Bühne – unter tosendem Applaus.
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Final Countdown

Um kurz nach sechs bahnten sich dann Herbert Kickl und der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek zu den Klängen von "Final Countdown" den Weg durch die Menge auf die Bühne. Auf der Bühne werden begrüßt – die Top 10 der blauen Bundesliste, darunter nach Kickl Susanne Fürst, Christian Hafenecker, Dagmar Belakowitsch, Michael Schnedlitz.

Ans Rednerpult trat zunächst Mario Kunasek: "Ich hoffe, Euch nächstes Jahr hier als Landeshauptmann begrüßen zu können." Der steirische FPÖ-Chef trommelte dann für "Volkskanzler Kickl", eine Österreich-"Hausordnung", Veränderung – "und jeder muss jetzt alles geben, jetzt geht es in den Endspurt für eine historische Chance". Im zweiten Teil seiner Rede eröffnete Kunasek dann schon mal seinen Steiermark-Wahlkampf (die Steirer wählen am 24. November).

Blauer Pfeil der Wahrheit wird am 29. September mitten ins Schwarze treffen
Herbert Kickl
FPÖ-Chef beim Wahlauftakt in Graz

Zu den Klängen von "Hand in Hand für unser Land" schritt dann Kickl ans Rednerpult. Laute Rufe: "Herbert, Herbert". Eine "Initialzündung für einen Kurswechsel", proklamierte der blaue Frontmann: "Das werden wir angehen nach den Wahlen am 29. September", da "schießen wir den blauen Pfeil der Wahrheit ab, der wird mitten ins Schwarze treffen".

Duell mit Nehammer

Den Duell-Fehdehandschuh "Er oder ich" von ÖVP-Kanzler Karl Nehammer griff Kickl auf – aber das sei ja nichts Neues, sondern das Duell, von dem "eh alle reden". "Etwas Neues wäre, wenn Nehammer gesagt hätte: Ich akzeptiere das Ergebnis auch, wenn ich verliere."

Auf Kanzler Nehammer geht der blaue Parteichef frontal los: "Was haben Sie eigentlich die letzten fünf Jahre beruflich gemacht?" Und jetzt plötzlich, vor der Wahl, hätten alle die Themen Asyl und Abschiebungen auf der Agenda: "Genau das, was sie uns immer vorgeworfen haben. Das muss man mal schaffen, sich so zu verbiegen."

"Es hat sich ausgenehammert"

Mit ihrem Schlagwort "Stabilität" wolle die ÖVP einfach weitermachen wie bisher, die Brandmauer gegen die Freiheitlichen sei in Wahrheit eine Brandmauer gegen das eigene Volk. "Mauerfall am 29.9.", rief Kickl in den Saal. Applaus. "Es hat sich ausgenehammert in Österreich."

Er wende sich auch bewusst an die Menschen, die hinsichtlich der Wahl noch überlegen: "Denkt mal daran: Die Einheitsparteien haben Euch beim letzten Mal ihr Wort gegeben. Aber sie haben das alles nicht eingehalten. Also gebt ihnen eure Stimme nie wieder." Die FPÖ wolle eine neue Ära beginnen. "Zuerst das Volk und dann der Kanzler", kündigt Kickl einmal mehr die Macht für die Bevölkerung an.

War früher alles besser?

"Nicht wir sind schuld, überall sind Krisen" – das sei die gängige Ausrede bei den anderen Parteien, warum man nichts machen könne. Das will der blaue Parteichef nicht gelten lassen und unternimmt eine "Zeitreise" in seine Jugend ("bin ein 68er Baujahr") – da sei es schwierig gewesen, aber man habe sich das Leben leisten können und es sei sicher gewesen und es habe Frieden geherrscht. "Da will ich wieder hin."

Kickls skizzierte in Graz seinen Plan für Österreich: "Loch zumachen" beim Asyl und Mindestsicherung nur für österreichische Staatsbürger.
Kickls skizzierte in Graz seinen Plan für Österreich: "Loch zumachen" beim Asyl und Mindestsicherung nur für österreichische Staatsbürger.
ERWIN SCHERIAU / APA / picturedesk.com

Er brenne für Österreich. "Stück für Stück" wolle er Veränderung bewirken: "Wir können auch nicht zaubern." Worum es gehe: "Dass Familien gut leben können. Wir müssen eine kinderfreundliche Gesellschaft werden", sieht sich der FPÖ-Chef auch als Anwalt der Jungen. Was die Blaue alles tun wollen, illustriert er anhand eines Lebenszyklus' ab der Geburt. Mütter sollten zuhause bleiben können bei ihren Kindern, meint Kickl – "wenn sie das wollen".

Mindestsicherung nur für Österreicher

Die weiteren Schwerpunkte entlang des blauen Parteiprogramms: Keine neue Steuern, Unternehmen – aber auch die Arbeitnehmer – stärken, Pension nach 45 Jahren und nicht später, Anreize fürs Weiterarbeiten nach 60, Reform der Mindestsicherung: "nur mehr für österreichische Staatsbürger" – da bricht die Menge in "Herbert"-Jubel aus.

"Loch zumachen"

Natürlich brauche man "Remigration", sagt Kickl. Die teuerste Form sei Abschiebung. Der logische Zugang sei allerdings dafür zu sagen, dass "diese Leute" gar nicht erst nach Österreich kommen". Wir werden das Loch zumachen und keinen Asylantrag mehr annehmen."

Gegen Ende seiner mehr als einstündigen Rede wird Kickl richtig zum Einpeitscher. Es gehe um den "unbedingten Willen zum Sieg", den unbedingten Einsatz, dem jetzt alles andere unterzuordnen sei. Die verbleibenden drei Wochen sei alles zu geben, volle Energie, ein Kraftakt: "In jedes Mausloch muss ein Freiheitlicher reingeschaut haben auf der Suche nach einer Wählerstimme."

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Auf den Punkt gebracht

  • Beim Wahlkampfauftakt der FPÖ in Graz rief Parteichef Herbert Kickl seine Anhänger zu einem entschlossenen Endspurt auf und betonte den "unbedingten Willen zum Sieg"
  • In seiner Rede kritisierte er scharf die Regierungspolitik und versprach umfassende Veränderungen, darunter eine Reform der Mindestsicherung und eine restriktivere Asylpolitik
red
Akt.