Nach Hochwasser-Katastrophe

Kanzler vs. Kickl – letzter Schlagabtausch im Parlament

Nach der Flut-Katastrophe kehrte das Parlament am Mittwoch in den Normalbetrieb zurück. Die letzte Sitzung vor der Wahl hatte besondere Brisanz.

Nicolas Kubrak
Kanzler vs. Kickl – letzter Schlagabtausch im Parlament
Wollen beide einen "Schulterschluss", aber auf andere Art und Weise: Karl Nehammer (l.) und Herbert Kickl (r.).
ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com

Bis zur Nationalratswahl sind es noch exakt elf Tage. Die Hochwasser-Katastrophe am Wochenende hat die politische Agenda noch einmal drastisch verändert. Dadurch ererhielt die letzte Parlamentssitzung vor der Wahl besondere Brisanz.

Gedenkminute für Hochwasser-Opfer

Am Mittwoch kamen die Abgeordneten ein letztes Mal zusammen. Auf der Tagesordnung standen: NEOS-"Kassensturz", ein SPÖ-Freistellungsanspruch für Unwetter-Betroffene, Entschädigungen, Pensionen und die Fixierung der Verteilung der Kalten Progression.

Die Sitzung begann mit einer Gedenkminute für die Todesopfer des Hochwassers. Die aktuelle Stunde widmete sich dem "Kassensturz" der NEOS mit der Frage: "Wie viel Reformbedarf hat Österreich, Herr Finanzminister?" Parteichefin Meinl-Reisinger ging dabei mit Magnus Brunner erwartungsgemäß hart ins Gericht.

"Nicht immer Brüssel als Ausrede"

Österreich habe einen "riesigen Reformbedarf", sagte die NEOS-Chefin und man habe nicht mehr viel Zeit, das Land "geradezubiegen". Die Krisen der letzten Jahre hätten nicht nur Österreich, sondern auch andere Länder getroffen.

Sie kritisierte Brunner für seine Aussagen, das Land sei gut durch die Krisen gekommen. "Wir sind sehr, sehr schlecht durch diese Krisen gekommen", so Meinl-Reisinger. Bei der Wettbewerbsfähigkeit oder Digitalisierung würden sich andere EU-Länder deutlich besser schlagen. "Sie können nicht immer Brüssel als Ausrede für Ihre Tatenlosigkeit hernehmen, das werde ich nicht zulassen", sagte die Politikerin in Richtung Brunner.

Lieferten sich legendäre Duelle: NEOS-Chefin Meinl-Reisinger und Finanzminister Brunner.
Lieferten sich legendäre Duelle: NEOS-Chefin Meinl-Reisinger und Finanzminister Brunner.
Screenshot Österreichisches Parlament

"Sehr gut investiertes Geld"

Danach kam auch schon der Finanzminister zu Wort. Er bedankte sich bei den Einsatzkräften für ihre Arbeit in den letzten Tagen. Die finanziellen Hilfen, die die Regierung geschnürt hatte, seien "sehr gut investiertes Geld" gewesen. Man habe in den letzten Jahren viele Maßnahmen gesetzt, "sie waren selbstverständlich mit einem Mitteleinsatz verbunden", so Brunner.

Trotz Krisenzeiten habe man die Energieversorgung gesichert, die Gasversorgung werde unabhängiger, die Inflation sei im Sinken und die Distanz zu Deutschland werde kleiner. "Wir waren das letzte Land, wo die Inflation nach oben gegangen ist, das wird oft verschwiegen", betonte er. "Und ja, all diese Maßnahmen sind nicht geschenkt."

Kanzler bittet um "nationalen Schulterschluss"

Kurz vor 11 Uhr gab Bundeskanzler Karl Nehammer eine Erklärung zu den Entwicklungen betreffend der Hochwassersituation ab. "Der Anblick der Zerstörung macht uns bewusst, wie verheerend diese Katastrophe war." Fünf Menschen haben ihr Leben verloren, das Wasser habe große Schäden verursacht.

Als Reaktion habe die Regierung ein umfassendes Hilfspaket bereitgestellt – der Kanzler zählte dabei alle Maßnahmen auf, die er bei einer Pressekonferenz am Vormittag präsentierte. Dazu zählt unter anderem eine Aufstockung des Katastrophenfonds oder des Wohnschirms.

Da im späteren Verlauf Anträge auf Unterstützung für Unwetter-Betroffene abgestimmt werden, bat der Kanzler alle Parteien um einen "nationalen Schulterschluss". Man tue jetzt alles, um die Folgen bestmöglich abzufedern. Abschließend bedankte sich Nehammer bei allen Helfern und Spendern. "Das Hochwasser 2024 wird dazu beitragen, dass wir in Zukunft besser geschützt sind."

Für Kanzler Nehammer und Vizekanzler Kogler ging es kurz nach ihrer Pressekonferenz ins Parlament.
Für Kanzler Nehammer und Vizekanzler Kogler ging es kurz nach ihrer Pressekonferenz ins Parlament.
ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com

Kogler will "Hand reichen"

"Das hundertjährige Hochwasser kommt mittlerweile alle zehn, elf Jahre – das sind Mega-Ereignisse", sagte Vizekanzler Werner Kogler. Er appellierte, mehr auf die Expertise und auf Klimaforscher zu hören, "weil die Folgen der Klimakrise sehen wir jetzt schon". Er wolle bei der Debatte um den Bodenverbrauch an Bundesländer und den Gemeindebund "die Hand reichen", denn "Bodenschutz ist Hochwasserschutz und Hochwasserschutz ist Menschenschutz", so Kogler.

Kickl will weg von "Bittstellertum"

Nach dem Vizekanzler sprach FPÖ-Chef Herbert Kickl, der sein Beileid mit den Opfern und den Betroffenen ausdrückte. Er ortete "Schwächen im System", durch die Opfer von Naturkatastrophen jahrelang auf Entschädigung warten müssten. "Viele werden mit Almosen abgespeist, das in keinem Verhältnis zu den Kosten steht", so Kickl. Sein Resümee: "Wir haben ein Systemproblem in der Hilfeleistung".

Der FP-Mann fand deutliche Worte: "Die Opfer werden auf die Rolle eines Bittstellers degradiert, sie werden alleine gelassen." Er forderte einen Rechtsanspruch auf finanziellen Schadenersatz, auf freiwillige Spenden könne man sich nicht verlassen. "Der Staat muss für seine Bevölkerung da sein", so Kickl. Er kündigte an, einen entsprechenden Antrag einzureichen: "Jetzt bitte ich Sie um einen Schulterschluss."

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    Andreas Tischler / Vienna Press, Denise Auer

    Auf den Punkt gebracht

    • Nach der Hochwasser-Katastrophe kehrte das Parlament am Mittwoch in den Normalbetrieb zurück, wobei die letzte Sitzung vor der Nationalratswahl besondere Bedeutung hatte
    • Bundeskanzler Karl Nehammer und FPÖ-Chef Herbert Kickl riefen zu einem "nationalen Schulterschluss" auf, um die Folgen der Katastrophe bestmöglich abzufedern und die Opfer zu unterstützen, während Vizekanzler Werner Kogler auf die Notwendigkeit von mehr Klimaschutzmaßnahmen hinwies
    nico
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