Schmutziges Ringen um Stimmen
Druck im Wahlkampf steigt: Parteien gehen auf Kickl los
Kurz vor der Nationalratswahl am Sonntag wird der Wahlkampf immer schmutziger. Fast täglich kritisieren die Parteien nun die FPÖ.
Nur wenige Tage vor der Nationalratswahl am Sonntag spitzt sich die Stimmung im Wahlkampf immer weiter zu. Während FPÖ-Chef Herbert Kickl weiterhin die Umfragen anführt und das schon seit mehreren Monaten, will sich Bundeskanzler Karl Nehammer nicht geschlagen geben.
Auch die Babler-SPÖ sieht sich selbst noch im Rennen, liegt aber abgeschlagen auf dem dritten Platz und ringt mit der 20-Prozent-Marke. Doch fix ist noch nichts. Der Wahlkampf befindet sich im Endspurt, rund 10 Prozent der Wähler sind noch unentschlossen und um diese geht es jetzt. Dafür ändern die Parteien auch zunehmend ihre Taktik – setzen weniger auf Themen und Ideen, dafür auf persönliche Angriffe.
Wahlkampf gegen Kickl
Im Visier der Parlamentsparteien liegt dabei Umfragen-König Herbert Kickl. Er wird immer wieder direkt attackiert, seine Kontrahenten "warnen" vor einem blauen Kanzler und einem freiheitlichen Wahlsieg. Neben zahlreichen Pressekonferenzen der ÖVP und SPÖ, die sich gegen den FPÖ-Chef und seiner Partei richten, nimmt diese Form des Wahlkampfes auch in den Sozialen Netzwerken zu.
Einen Vorgeschmack der Kampagne gegen Kickl gab es schon in der ersten Elefantenrunde. SPÖ-Chef Andreas Babler sorgte dort für Aufregung, als er die Aufgabe bekam, über Herbert Kickl etwas Positives zu sagen. Damals antwortete der SPÖ-Chef mit: "Ich halte Sie für brandgefährlich" – ein Sager, den er selbst öfters in den Sozialen Medien veröffentlichte.
Weiters posteten die Sozialdemokraten am Dienstag ein Video, in dem ein Wahlsieg der FPÖ als ein "Albtraum" dargestellt wurde. Die Frau wacht aber auf – danach folgt ein Wahlaufruf für die SPÖ. Diese Schiene gegen die FPÖ fahren die Roten schon seit Beginn des Wahlkampfes. Immer wieder wurde zu Spenden aufgerufen, nicht nur um die Partei zu unterstützen, sondern auch explizit, um Herbert Kickl "zu verhindern".
ÖVP präsentiert "Tricksi"-Buch
Die ÖVP veröffentlichte zudem ein "Tricksi"-Buch mit dem Titel "Kickl kann's nicht". Darin wird hervorgehoben, wofür der freiheitliche Frontman steht und welche Visionen er hat, daneben ein "Faktencheck". "Warum soll ich diesmal Karl Nehammer und damit die ÖVP wählen – und was spricht gegen den Kickl?", schießt die Volkspartei darin gleich zu Beginn.
Auch die NEOS schließen sich der Kritik an und warnen schon seit geraumer Zeit vor einer "Ibiza 2.0 Koalition" bestehend aus ÖVP und FPÖ. Die NEOS ziehen ihre Kampagne dabei auch gerne in die Sozialen Medien, wie ein kürzlich veröffentlichtes TikTok-Video zeigt.
Die Parlamentsparteien sind aber nicht allein. Mehrere (Partei-)Organisationen warnen vor den Freiheitlichen – darunter auch die österreichischen jüdischen Hochschüler. Diese veranstalten etwa eine "Mahnwache" in Wien mit dem Motto "Kickl hätte uns deportiert".
Das könnten die Parteien erreichen
Die Strategie der Parteien und (Partei-)Organisationen ist klar. Man möchte so viele Wähler wie möglich noch kurz vor dem Urnengang überzeugen und auf die eigene Seite holen. Meinungsforscher und Polit-Experte Peter Hajek erklärte dazu gegenüber "Heute", dass man dabei drei verschiedene Ziele verfolgen könne.
Einerseits möchten alle Parteien die eigenen Anhänger auffordern, zur Wahl zu gehen. Die ÖVP selbst könne zugleich auch so viele Wähler wie möglich von sich zu überzeugen und von der FPÖ auf die türkise Seite bringen wollen. Letztlich könne es auch ein Ziel sein, die Wählerschaft der Freiheitlichen zu demobilisieren.
FPÖ-Anhänger stärken
Ob dies noch so kurz vor der Wahl gelingt, bleibt fraglich. Immerhin startete die SPÖ mit ihrer Kampagne gegen Kickl schon sehr früh, Nehammer folgte in ähnlicher Manier nur etwas später. An den Umfragen hatte sich seitdem aber nicht viel geändert, die FPÖ bleibt nach wie vor unangetastet, auch wenn sie sich in türkiser Schlagweite befindet. Die Sozialdemokraten sanken hingegen weiter ab.
Von linken Kampagnen dürfte die FPÖ sogar einen Nutzen ziehen. Viele Wähler fühlen sich von extremen Botschaften – manche sind sogar abwertend – oft nicht angesprochen. Die Wählerschaft der FPÖ könne dadurch gestärkt werden. Denn wer dauerhaft solchen Botschaften ausgesetzt ist, könne mit einer "Jetzt erst recht"-Mentalität am Sonntag zur Wahl gehen – auch wenn man bisher unentschlossen war oder eigentlich nicht vorhatte, eine Stimme abzugeben.
Außerdem gibt die Wahlkampfstrategie der FPÖ kaum Angriffspunkte her. Die Plakate setzen auf positive Botschaften, um generell einen weiteren Wählerkreis anzusprechen. Herbert Kickl präsentierte sich in den TV-Duellen und Elefantenrunden staatsmännisch, wirkte verantwortungsbewusst, seine Tonart war ruhig. Warnungen können bei diesem Auftreten schnell ins Leere schießen.
Zudem erstellte die FPÖ auch ein Wahlprogramm – mit ganzen 114 Seiten – und zeigte damit, dass weder Ernst noch konkrete Pläne fehlen.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Kurz vor der Nationalratswahl am Sonntag wird der Wahlkampf zunehmend schmutziger, wobei die FPÖ und ihr Chef Herbert Kickl im Fokus der Angriffe von ÖVP, SPÖ und NEOS stehen
- Trotz intensiver Kampagnen und Warnungen vor einem Wahlsieg der Freiheitlichen bleibt die FPÖ in den Umfragen führend, während die anderen Parteien versuchen, ihre Wähler zu mobilisieren und die FPÖ-Anhänger zu demobilisieren