Schwere Vorwürfe

Olympia-Ass: "Ich musste mit Knochen-Frakturen turnen"

Ex-Turnerin Tabea Alt (D) erhebt schwere Vorwürfe gegen den Deutschen Turner-Bund – spricht von "systematischem körperlichen und mentalen Missbrauch".

Sport Heute
Olympia-Ass: "Ich musste mit Knochen-Frakturen turnen"
Tabea Alt bei einem Wettkampf im Jahr 2017.
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Nach Jahren des Wartens konnte Tabea Alt nicht mehr schweigen. Zu tief sind die Narben des "systematischen körperlichen und mentalen Missbrauchs", dem sie in ihrer Jugend ausgesetzt gewesen sei, zu unbefriedigend die bisherige Aufarbeitung ihrer Beanstandungen. Am Wochenende wagte die einstige Spitzenturnerin, die bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio im Teamfinale Rang sechs holte, den Schritt an die Öffentlichkeit – und erhob erhebliche Vorwürfe gegen den Deutschen Turnerbund (DTB).

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Ihre Gesundheit, schrieb Alt in einem ausführlichen Text auf Instagram, sei in ihrer Jugendzeit am Bundesstützpunkt in Stuttgart "gezielt und bewusst aufs Spiel gesetzt worden". Von der Missachtung ärztlicher Vorgaben ist dort zu lesen, von Straftraining, Drohungen, Demütigungen und Manipulation – auch von Wettkampfeinsätzen trotz mehrerer "Knochenfrakturen". "Wir wurden verheizt, bis nichts mehr von uns übrig war", schloss die einstige Athletin, die ihre Karriere vor drei Jahren verletzungsbedingt beendet hatte.

Was Alt so lange Zeit später aber besonders sauer aufstößt, ist der ihrer Meinung nach fehlende Aufklärungswille. Bereits vor drei Jahren habe sich die heute 24-Jährige in einem "ausführlichen Brief" unter anderem an die damalige Bundestrainerin Ulla Koch, den DTB-Präsidenten Alfons Hölzl, und einen Teamarzt gewendet und auf Missstände hingewiesen. Sie habe Lösungsvorschläge unterbreitet und ihre eigene Unterstützung angeboten, um künftige Generationen junger Mädchen zu schützen – doch passiert sei nichts. "Ich musste mit Bedauern feststellen, dass es erfolglos war und zu nichts geführt hat", schrieb Alt.

Beim Deutschen Turner-Bund hält man sich bislang weitgehend bedeckt. Dem DTB lägen "konkrete Informationen zu möglichem Fehlverhalten von Seiten verantwortlicher Trainer am Bundesstützpunkt in Stuttgart vor", bestätigte der Verband. Man nehme die Vorwürfe "sehr ernst" und werde in naher Zukunft eine gemeinsame Untersuchung in Gang bringen, "in der das Geschehen aufgearbeitet wird" und dafür auch externe Unterstützung hinzuziehen.

Warum eine solche Untersuchung jedoch nicht früher eingeleitet worden war, das blieb auch am Sonntag zunächst unklar. Man arbeite unter Hochdruck an einer "Sondierung der Sachlage", hieß es aus DTB-Kreisen.

Bereits feststeht: Bei der geplanten Untersuchung soll es nicht nur um die Vorwürfe Alts gehen, sondern es sollen auch weitere intern gemeldete Fälle aufgearbeitet werden. "Ich bin kein Einzelfall", hatte auch Alt geschrieben, und tatsächlich lässt sich bereits eine systematische Problematik erahnen.

Textquelle: AFP

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Auf den Punkt gebracht

  • Die ehemalige Turnerin Tabea Alt erhebt schwere Vorwürfe gegen den Deutschen Turner-Bund (DTB) und spricht von systematischem körperlichen und mentalen Missbrauch während ihrer Jugendzeit am Bundesstützpunkt in Stuttgart.
  • Trotz früherer Beschwerden und Lösungsvorschläge von Alt, die unbeachtet blieben, kündigte der DTB nun eine Untersuchung an, um die Vorwürfe und weitere intern gemeldete Fälle aufzuarbeiten.
red
Akt.