Wenn mit Kraven und Venom gleich zwei der legendärsten Bösewichte des Marvel-Universums auf gleich zwei Spider-Men treffen und dazu noch jede Menge Helden und Schurken für einen möglichen nächsten Teil des Spinnen-Abenteuers angeteasert werden, dann ist angerichtet für ein Epos, das seinesgleichen sucht. Und tatsächlich überzeugte uns "Marvel's Spider-Man 2" beim Erscheinen im Oktober 2023 auf PlayStation 5 vollkommen. Nein, es war sogar so gut, dass es uns förmlich weggeblasen hat. Umso schöner, dass sich die Macher von Insomniac Games die PC-Portierungs-Experten von Nixxes Software geholt haben, um jetzt das Spinnen-Abenteuer auch auf den PC zu bringen – inklusive vieler neuer Funktionen, aber auch Probleme.
Vorneweg: Die technischen Schwierigkeiten dürften die Macher mit Updates schnell in den Griff bekommen, ärgerlich sind sie dennoch. Spieler berichten auf Steam etwa über Abstürze und stockende Animationen oder Soundausgabe, aber auch ein "Feststecken" in Missionen oder Spielabbrüche ohne ersichtlichen Grund. Immerhin: Den Machern sind die Probleme bekannt, auf Steam geben sie auch regelmäßige Updates zu Fehlerbehebungen – und aus Erfahrung kann gesagt werden, dass das Spiel wohl in wenigen Tagen einwandfrei laufen wird. Ärgerlich sind die Macken trotzdem, das Spiel hätte wohl etwas mehr Zeit bis zum Start vertragen. Zum Spielen ist übrigens ein recht leistungsstarker PC notwendig – inklusive 140 GB Speicherplatz.
Die Stolpersteine außer Acht gelassen, hat die PC-Version immense Stärken im Gepäck. Die Grafik lässt sich bis ins kleinste Detail an die eigenen Wünsche und Hardware anpassen – bis hin zu Ultrawidescreen-Unterstützung im 48:9-Format, Dreifach-Monitor-Konfigurationen mit Nvidia Surround oder AMD Eyefinity, Ray-Tracing oder NVIDIA DLSS 3 und AMD FSR 3.1 sowie Intel XeSS Upscaling. Zuschalten lässt sich auf Wunsch auch ein PlayStation-Overlay, über das sich Spieler die PlayStation-Trophäen verdienen und auf zahlreiche Konsolen-Funktionen wie Freundeslisten, Einstellungen und das Spielerprofil zugreifen können. Und: Gezockt werden kann nicht nur mit Maus und Tastatur, sondern auch dem PlayStation DualSense-Controller.
Abseits der Technik ist das Game übrigens über alle Maße empfehlenswert. Mit "Marvel's Spider-Man 2" treten die bisher in jeweils separaten Games aufgetretenen Spider-Man Peter Parker und Miles Morales gemeinsam auf. Gespielt wird wieder in Third-Person-Perspektive, wobei "Spider-Man 2" an die beiden Vorgänger anknüpft. So sind beide Spideys mittlerweile zu geliebten Helden und Beschützern von New York City geworden und bringen Superhelden- und Privatleben einigermaßen gut unter eine Maske. Das allerdings nur, bis sich die Ereignisse überschlagen. Während sich Peter über die Rückkehr seines lange Zeit verschwundenen Freundes Harry Osborne freut und Miles über seinen Bildungsweg nachdenkt, bricht Chaos aus.
Keine Sorge, wir bleiben vollkommen spoilerfrei und besprechen nur, was die Trailer bisher gezeigt haben. Und die enthüllten nur einen Bruchteil der Action, in der es Peter und Miles mit dem Symbionten Venom ebenso zu tun bekommen wie mit Kraven, der gemeinsam mit seinen Truppen New York als sein nächstes Jagdgebiet auserkoren hat. Kein Wunder, wollen da viele bekannte Feinde, aber auch neue Gegner wie der Sandman mitmischen. Die Liste der Superschurken, auf die man im Verlauf des Abenteuers trifft, ist geradezu überwältigend lang – wobei einige davon aus den beiden bisherigen Games bekannt sind und ein Comeback geben, aber ebenso viele neu hinzustoßen und einige sogar für den nächsten Teil angedeutet werden.
Der wahre Star des Spiels sind jedoch nicht die actiongeladenen Gefechte gegen diese Superschurken, sondern die fantastischen Charaktere wie Mary Jane, Harry Osborne und Ganke Lee sowie die beiden Protagonisten, die allesamt die Spannung dank viel Liebe zum Details und zu Emotionen immens erhöhen. Endlich "fühlt" sich ein Spiel so an, als gehe es um alles, wenn wir als Miles den Tod unseres Vaters rächen oder als Peter das Leben von Harry retten wollen. araus entspinnt sich eine atmosphärische Geschichte, in denen sich die Schurken die Klinke in die Hand geben und das Spiel zwischen satter Action und ruhigen, tieftraurigen, aber auch unheimlichen Momenten wechselt. Als Comic wäre es eine der besten Storys seit langer Zeit.
Das Gameplay wiederum baut auf den Stärken der Vorgänger auf und verbessert diese konsequent weiter. Weiter schwingt man sich durch die Häuserschluchten New Yorks am Weg zum nächsten Missionsziel und bekommt auch immer wieder kleine Nebenmissionen und Zufallsverbrechen aufgetischt. Anders als bisher ist aber schon die Fortbewegung nun richtig spaßig und auf den Punkt getroffen. Unsere Spinne darf sich weiter mit verschossenen Netzen von Hauswand zu Hauswand schwingen, das geschieht aber dank flüssiger animierten Szenen und dem Feedback über die adaptiven Trigger-Tasten des DualSense-Controllers natürlich wie nie. Exakt lässt sich erfühlen, wann die Zeit für den nächsten Schwung gekommen ist.
Alternativ darf man auch mit den neuen Webwings durch die offene Spielwelt gleiten – das spielt sich weit schneller und flüssiger, als es noch in den "Batman Arkham"-Games der Fall war. Das schnellere Überwinden weiter Strecken ist auch notwendig, denn das neue "Spider-Man" spielt nicht nur auf der Insel Manhattan, sondern verdoppelt die Spielwelt-Größe durch die neuen Bezirke Queens und Brooklyn jenseits des East River. Zwar gibt es in der Spielwelt auch Schnellreise-Punkte, dieses Mal ist man aber so gar nicht in Versuchung, diese zu nutzen, denn das Gleiten macht einfach irrsinnig viel Spaß. Damit man nicht auf jedem Hausdach Halt machen muss, darf man jetzt Gleit-Schwung an Luftströmen am Himmel holen.
Das Kampfsystem baut auf denselben Prinzipien des Vorgängers auf. Per Buttons lassen wir Spider-Man zuschlagen und zutreten, weichen Attacken aus und verschießen Netze mit dem Webshooter. Erste Neuerung ist, dass unser Held Angriffe parieren und damit Gegnern Schaden zufügen kann, statt Attacken nur blocken oder ihnen ausweichen zu können. Dazu ist gutes Timing gefragt – vergleichbar mit den Ausweichmanövern der Vorgänger, bei denen richtig getroffen einige Spezialeffekte ausgelöst wurden. Wem dies zu hektisch ist, der hat zudem die Möglichkeit, das Zeitfenster in den Optionen zu erweitern – und findet dort außerdem eine beeindruckende und lobenswerte Masse an Einstellungen zur Barrierefreiheit vor.
Gewohnt gibt es wieder mehrere Schwierigkeitsgrade von sehr leicht bis brachial schwer – man kann sich sein Spidey-Abenteuer so einrichten, wie es einem gefällt. Doch zurück zum Kampf, denn die wichtigsten Neuerungen kommen erst. So hat Insomniac beim Einsatz von Web-Gadgets wie Spinnennetz-Bomben oder Spider-Drohnen das Aufrufen einer Schnellauswahl, die für einen Moment die Zeit im Spiel verlangsamt, einfach gestrichen. Gadgets werden nun wie die Spezial-Attacken über das gleichzeitige Drücken einer der Schultertasten und einer der Buttons aktiviert – ähnlich, wie man das mit Spideys Elektro-Angriffen aus "Marvel's Spider-Man: Miles Morales" kennt. Die Kämpfe spielen sich so flüssig und immersiv wie nie zuvor.
Klar, schon die Vorgänger sahen fantastisch aus, "Marvel's Spider-Man 2" toppt das aber mit Leichtigkeit. Nie war Sand in der Luft oder Wasser, das im Wind kleine Wellen schlägt, so realistisch, nie spiegelten sich Sonnenuntergänge so schön in Glasscheiben und nie klang das alles auch noch so gut. Achja, haben wir schon erwähnt, dass man im Geschehen abseits der Story-Missionen einfach flüssig zwischen der Steuerung von Peter Parker und Miles Morales wechseln darf? Oder dass man nun neben Peter, Miles und Mary Jane auch andere Charaktere durch ihre eigenen Story-Missionen steuern darf? Dazu kommt eine Handlung, die uns gut und gerne 20 Stunden lang unterhält – und dann warten noch Nebenmissionen und Neues Spiel+.
Dass Peter und Miles auf Augenhöhe agieren, zeigt der Verlauf der Handlung – beide Figuren wechseln sich bei der Erzählung der Handlung gerecht ab und werden mit ihren eigenen Ängsten und teils düsteren Entwicklungen dargestellt, wobei das Game in diesen Momenten vorgibt, in welche Spider-Man-Haut man schlüpft. Die Boss-Kämpfe schlussendlich sind nun weit dynamischer und bieten mehrere Phasen, die beispielsweise von einer anfänglichen Verfolgungsjagd über eine brutale Nahkampf-Schlacht in einem Gebäude und Quicktime-Events bis hin zu Stealth- und Parkour-Einlagen reicht. "Marvel’s Spider-Man 2" zeigt sich im Test als Spinnen-Spektakel der Superlative und als bestes Superhelden-Game, das es jemals gab.