Spiele-Test
"Withering Rooms" ist ein ungeschliffenes Horror-Juwel
Gruselige Atmosphäre, richtig guter Sound, düstere Grafik: "Withering Rooms" wäre ein Horror-Juwel, wenn nicht die Technik ihre vielen Macken hätte.
"Withering Rooms" aus dem Hause Moonless Formless ist ein Horror-Juwel, wenn auch ein leider noch ungeschliffenes. Denn während die Präsentation einzigartig schaurig ist, gruselt uns im Test die Technik ebenso. Das 2,5D-Horror-Roguelike verlässt aktuell den Early Access für PC und ist nun auch für PlayStation 5 und Xbox Series X|S erhältlich. Im Horror-Rollenspiel schlüpfen wir in die Rolle der jungen Frau Nightingale, die von ihrem Vater ins Privat-Anwesen Mostyn geschickt wird, wo körperlich und geistig schwerst Erkrankte behandelt werden sollen. Bei der Erzählung der Flucht aus dem Anwesen lassen die Entwickler Traum und Realität immer mehr verschwimmen. Und ab der ersten Spielsekunde an ist die Horroratmosphäre fantastisch.
Frisch in einem schmutzigen, tristen Zimmer aufgewacht, lehrt uns das Spiel nicht nur die wichtigsten Steuer-Befehle, sondern lässt auch gleich den ersten unheimlichen Gesellen auf uns los. Da unsere Nightingale anfangs unbewaffnet und wehrlos ist, bleibt uns da nur die Möglichkeit, uns unter einem kleinen Tisch im 2,5D-Raum zu verstecken, damit uns das bizarre, stöhnende Wesen mit einem Eisenkäfig über dem Körper nicht findet. So geht es auch von Raum zu Raum weiter, wobei die über 200 Räume der Villa sowie Außenbereiche wie ein Heckenlabyrinth oder ein Friedhof bei jedem Durchgang immer wieder neu generiert werden. Immer wieder neu? Ja, "Withering Rooms" ist ein Roguelike, bei dem Scheitern Programm ist.
Fantastische Atmosphäre und wenige, aber gute Sprecher
Das Anwesen und dessen unheimliche Bewohner sind eine Grandiosität, die kaum ein anderes Horror-Spiel zu bieten hat. Türen knarren, Bilder wackeln wie von Geisterhand an den Wänden, Wasser tropft unheimlich auf Fliesen, Holzdielen knarren unheilvoll unter unseren Füßen. Es bräuchte nicht einmal Geister, Dämonenkreaturen und mit Äxten bewaffnete, humpelnde Gestalten mit Stoffsäcken über dem Kopf, um uns im Sekundentakt Schauer über den Rücken zu jagen. Vertont sind zwar nur einige Figuren des Spiels, während die meisten Erzählungen in Textform eingeblendet werden – was aber per Sprache ausgespielt wird, verfügt über qualitativ hochwertigste Sprecher. Beeindruckend ist auch die Künstliche Intelligenz der vielen Feinde.
Später kommt es zwar zu Kämpfen, anfangs muss man sich aber im Verstecken üben – unter Tischen, hinter Türen oder Statuen. Nur weil wir uns dort hinkauern, heißt aber nicht, dass wir auch sicher sind, denn anders als bei vielen Konkurrenten sehen die gruseligen Gesellen gerne auch mal einfach so in den Verstecken nach. Der Tutorial-Prolog endet schließlich auch mit einem gut gemachten Schock-Effekt, direkt danach darf man sich dann auch endlich eine erste Waffe schnappen und in den leider meist sehr unbefriedigenden Kampf gehen. Das liegt allerdings alleine an der fummeligen Steuerung, denn die Balance zwischen Erkunden, Kampf und Verstecken bekommt das Game super hin. Stirbt man, startet die Horror-Nacht von vorne.
Gestorben wird viel und brutal, aber nicht am laufenden Band
Auf der Suche nach einem Ausweg aus dem Anwesen erfahren wir, dass der Tod hier nur temporär ist und wir in der Nacht neu erwachen, während sich das komplette Haus völlig umstellt. Mit der Spieltod und dem Neudurchgang gehen aber auch andere Dinge einher. So sammelt man in Kisten, aber auch einfach in der Umgebung herumliegend verschiedene Objekte ein, die entweder als Zutat für Magie und Tränke oder als Heil- und Ausrüstungs-Items dienen. Das meiste Gesammelte geht bei einem Spieltod verloren, einige Objekte wie Kleidung und Schmuck darf man allerdings in den nächsten Versuch mitnehmen. Diese dauerhaften Objekte sind es, die unsere Statuswerte bestimmen und uns Runde für Runde etwas stärken.
"Withering Rooms" besitzt viele und gewalttätige Formen, euch in den Tod zu schicken. Anders als ein Soulslike gibt es hier aber keine Passagen und Feinde, die euch Dutzende Mal killen, bis ihr stark genug seid, um sie zu besiegen. Vielmehr lebt "Withering Rooms" vom Überraschungs-Moment, Feinde hinter einer Ecke auflauern zu lassen oder aus der Dunkelheit eiskalt zu töten – und beim nächsten Anlauf achtet man dann ein bisschen besser auf diese Fallen. In Sachen Bosse hat "Withering Rooms" zwar ebenfalls spektakuläre und fordernde Horror-Wesen zu bieten, dank fair gesetzten Checkpoints muss man bei ihnen aber nicht das komplette Kapitel von vorne beginnen. So stark der Auftakt des Games ist, so ärgerlich sind technische Aspekte.
Kompliziertes Inventar-Management stört den Spielfluss
Neben der angesprochenen, ungenauen und mühsamen Steuerung ist auch das Item- und Inventar-Management ein Ärgernis. So sammelt man in "Withering Rooms" viel und ständig, es scheint aber kein generelles Konzept zu geben, wie man am besten vorgehen sollte. Der Grund: Mal erscheinen Items an bestimmten Orten nach Story-Fortschritt und Kämpfen immer wieder, andere Objekte sind nach einmaligen Einsammeln für immer verschwunden. Frust dürfte da bei Lootern aufkommen, denn es müsste quasi jeder Raum ständig im Spielverlauf neu durchsucht werden. Ein weiterer Knackpunkt ist der Item-Einsatz. Wer sich heilen oder die Waffe wechseln will, muss umständlich ein Kreis-, Haupt- oder Unter-Menü aufrufen, was den Spielfluss stört.
Während das Weglassen von Schnellauswahl-Objekten ärgert, freut man sich über die Zurückhaltung bei den Einblendungen – links oben am Bildschirm wird die aktuell genutzte Waffe angezeigt, rechts oben sind ein Gesundheits- und Statusbalken für Vergiftungen und Verfluchungen zu sehen. In der Mitte werden, zum Glück meist sehr zurückhaltend, Tipps eingeblendet; viel mehr, das vom Spielgeschehen ablenken könnte, gibt es nicht. Und später im Spielverlauf stößt man auf eine besonders interessante Mechanik: Nutzen wir Magie oder Spezialangriffe, füllt sich die Verfluchungs-Anzeige. Ist sie voll, bricht der Wahnsinn los und Leichen sowie Geister füllen den Bildschirm, es öffnen sich aber auch neue Wege im Anwesen.
"Withering Rooms" ist ein ungeschliffenes Horror-Juwel
Das Spiel versteht es wunderbar, mit dieser Mechanik zu spielen und uns in den Wahnsinn zu zwingen, um im Spiel neue Durchgänge zu öffnen und im Spiel voranschreiten zu können. Außerdem verändert der Wechsel zwischen Traum und Realität auch einige Male die Motive mancher (weniger) Figuren – unheimliche, bösartige Wesen können unerwartet auch zu überraschenden Helfern werden. Spieler müssen gleichzeitig aber den Wahnsinn im Zaum halten, denn zu oft in die schaurige Traumwelt abzudriften, führt ebenfalls zum Tod der Protagonistin. Apropos schaurig: Ein solch bizarres Händlersystem sieht man auch selten. Oder habt ihr schon Organe gekauft, die der Händler aus seinen Opfern Off-Screen herausschneidet?
"Withering Rooms" ist ein ungeschliffenes Horror-Juwel, das sich noch das eine oder andere Update in Sachen Technik und Kampfmechanik verdient hätte. Während diese nämlich kränkeln, sind das Design und die Atmosphäre des Spiels fantastisch ausgefallen. Auch Horror-Fans, denen Roguelikes nicht wirklich zusagen, werden mit dem Game ihre Freude haben, denn knallhart beim Durchziehen der Genre-Formel ist der Titel nicht. Das schaurige Game zeigt die Liebe zum Detail, die die Macher angetrieben hat – und herausgekommen ist ein Spiel, das mit seiner ganz eigenen Auslegung einer 2,5D-Darstellung, bizarren Feinden, äußerst schaurigen Schauplätzen und gruseligen Geschehnissen für rund zehn Spielstunden sehr gut unterhält.
Auf den Punkt gebracht
- "Withering Rooms" ist ein ungeschliffenes Horror-Juwel mit gruseliger Atmosphäre, gutem Sound und düsterer Grafik, jedoch unterliegt es technischen Problemen
- Das Horror-Roguelike um die junge Frau Nightingale bietet eine fantastische Horroratmosphäre, herausfordernde Kämpfe, und eine innovative Spielmechanik, während es jedoch an fummeliger Steuerung und kompliziertem Inventar-Management leidet
- Trotzdem bietet das Spiel mit seiner einzigartigen 2,5D-Darstellung, gruseligen Feinden und schaurigen Schauplätzen rund zehn Stunden gruseligen Spielspaß