Spiele-Test

"Pneumata" – das Kind von "Outlast" und "Resident Evil"

Keineswegs perfekt, aber Horror hat es drauf: "Pneumata" gruselt mit geschickt inszenierten Schockmomenten und setzt auf die "Resident Evil"-Formel.

Rene Findenig
"Pneumata" – das Kind von "Outlast" und "Resident Evil"
"Pneumata" – das Kind von "Outlast" und "Resident Evil"
Deadbolt Interactive

Ego-Perspektive, herumhuschende Schatten, flackernde Lichter, atmosphärische Musik, und dann bricht der Horror so richtig los: Was schon bei "Resident Evil 7 Biohazard" und dem Nachfolger "Resident Evil Village" hervorragend funktioniert hat, das kann auch für das neue "Pneumata" nicht schlecht sein. Die Entwickler von Deadbolt Interactive und der Publisher Perp Games garnieren das neue Survival-Horror-Game für PC, PlayStation 5 und Xbox Series X|S (es folgen auch noch Versionen für PlayStation 4 und Xbox One) zudem mit einer makaberen Prise "Outlast". Heißt: Neben dem Grusel darf auch eine Portion Blut und Eingeweide nicht fehlen.

Schon der Start von "Pneumata" ist ein echter Albtraum: Spieler schlüpfen in die Rolle eines Detektivs, der in seinem Zuhause um 3.33 Uhr in der Nacht aufschreckt und einen Fremden vor seiner Haustür sieht, der ihn anstarrt. Der Weg zur Haustür ist garniert mit knarzenden Dielen, flackernden Lichtern und unheilvoller Musik, doch statt des ersten Schreckmoments erwartet uns vor der Haustür ein Karton mit einer mysteriösen Videokassette. Diese zeigt uns einen verregneten und dunklen Strandabschnitt – "Outlast"-gemäß dürfen wir in dieser Passage zum Teil selbst die virtuelle Videokamera führen, während wir auf verstörende Details stoßen.

1/8
Gehe zur Galerie
    Ego-Perspektive, herumhuschende Schatten, flackernde Lichter, atmosphärische Musik, und dann bricht der Horror so richtig los.
    Ego-Perspektive, herumhuschende Schatten, flackernde Lichter, atmosphärische Musik, und dann bricht der Horror so richtig los.
    Deadbolt Interactive

    Was bei den Vorbildern funktioniert, tut es auch hier

    Mehr zu den Geschehnissen wollen wir aus Spoiler-Gründen auch gar nicht enthüllen – nur so viel: Unser Protagonist landet recht schnell landen wir in der unheimlichen Stadt Milton, wo ein Serienmörder sein Unwesen treiben soll, und sollen das riesige Apartmenthaus Clover Hill untersuchen, das ein schauriges Eigenleben zu entwickeln scheint. Immer wieder wird dieses Unterfangen von alptraumhaften Gameplay- und Videosequenzen unterbrochen, bei denen man erst nach und nach im Spielverlauf herausfindet, ob es sich um Erinnerungen, Einbildungen oder noch etwas weitaus Düsteres handelt. Grusel kommt ebenso wie Gewalt in rauen Mengen vor.

    Das Gameplay und die Optik von "Pneumata" sind fast schon dreist von den genannten Horror-Vorbildern kopiert oder zumindest sehr, sehr ähnlich übernommen – vorgegebene Objekte können in der Spielwelt untersucht und eingesammelt werden, um sie als Heil- und Hilfsobjekte bei Rätseln einzusetzen, eingehende Nachrichten werden über einen virtuellen Computerbildschirm aufgerufen und über eine Zoom-Funktion können wir uns entfernte Objekte und Schauplätze genauer ansehen. Am ehesten noch das Inventar-System besitzt eine eigene Identität, ist aber sehr simpel gehalten. Was bei den Vorbildern funktioniert, tut es auch hier.

    Wirklich beeindruckend ist "Pneumata" in Sachen Grafik

    Neben Puzzles gibt es auch einige Zusammentreffen mit Feinden, wobei einige davon in Schleich-Manier komplett umgangen werden können. In anderen Situationen kommt es zwangsläufig zum Gefecht, wobei wir auf ein wachsendes, aber immer übersichtlich bleibendes Arsenal an Schuss- und Nahkampfwaffen zurückgreifen dürfen. Die Kämpfe spielen sich schnell, aber auch simpel: Gegner treffen, selbst nicht getroffen werden. Bei Verletzungen heilen uns Items, bei zu starken Verwundungen kommt es zum Tod. Auch Rätsel laufen nach einfachen Schemata ab – meist muss man Objekte finden und in Mechanismen platzieren.

    Wirklich beeindruckend ist "Pneumata", wenn es um die Grafik geht. Die Spielwelt ist großteils sehr detailliert und scharf umgesetzt, schwammige Ausreißer gibt es, aber auch fast schon fotorealistische Schauplätze. Die Waffen sehen fantastisch aus, auch das Waffen-Feedback ist überzeugend. Ruckler und Darstellungsfehler gibt es kaum, beeindruckend für das Werk eines kleinen Entwicklerstudios, das auf der Unreal Engine basiert. Ein Problem kann zeitweise das Fehlen einer Weltkarte sein – zwar sind die Wege recht linear, vor allem bei der Suche nach Items wäre es aber wünschenswert gewesen, sich zumindest irgendwie orientieren zu können.

    Schade um die technischen Mängel des sonst guten Games

    Die (englische) Sprachausgabe (mit deutschen Untertiteln) ist solide, die Qualität schwankt aber sehr deutlich. Teils lässt sich die Angst in der Stimme des Protagonisten förmlich spüren, mal wirkt er allerdings in den heftigsten und brutalsten Szenen vollkommen gelangweilt und unbeteiligt. Technisch das größte Problem ist aber, dass das Spiel uns jede Menge Infos einfach vorenthält. So gibt es (bisher?) noch nicht einmal eine Übersicht über die Funktion der verschiedenen Buttons am Gamepad. Das Spiel blendet bei der Einführung neuer Funktionen ein Pop-up mit der zugehörigen Taste ein, vergessen oder übersehen darf man das aber nicht.

    Auch bei Rätseln wäre eine Spur mehr Feedback angebracht gewesen – fehlt uns ein Schlüssel oder ein anderes Item, um eine Tür zu öffnen, wird das nicht erwähnt, sondern die Tür lässt sich einfach nicht öffnen oder spuckt eine nichtssagende Einblendung aus, die uns keinerlei Hinweis gibt, was wir genau zum Vorankommen vermissen. ZU guter Letzt sind da dann noch einige frustrierende Passagen, in denen man es meist mit Feinden zu tun bekommt, die nicht mit Waffen besiegt werden können. Der Frust entsteht dabei dadurch, dass man nicht genau weiß, was man tun und wohin man laufen soll. Dutzende Tode später hat man es dann endlich raus.

    "Pneumata" – das Kind von "Outlast" und "Resident Evil"

    Solche "Trial and error"-Passagen haben auch viele andere Horror-Games, die Zahl in "Pneumata" ist aber ungewöhnlich hoch, denn meist reicht es aus, dass wir von mehr als einem Feind gejagt werden – und das ist recht oft der Fall. Abseits davon funktioniert der Kampf gut, das Waffen-Feedback ist solide und die Gegner sind keine simplen Schießbudenfiguren, sondern ernstzunehmende Feinde. Überraschend gut funktioniert die Künstliche Intelligenz der gruseligen Gesellen – haben sie uns entdeckt, halten sie Tische, Tore und Türen nur in ganz wenigen, fehlerhaften Spielpassagen auf. Beim Rest heißt es ballern oder ums Leben rennen.

    Die Spieldauer ist mit vier bis fünf Stunden leider sehr kurz ausgefallen. Freude an "Pneumata" werden vor allem Indie-Horror-Fans haben, wenn sie nicht die Qualität eines "Resident Evil" oder "Outlast" als Messlatte dafür heranziehen. An dieser Messlatte scheitert "Pneumata" nämlich letztlich deutlich, sehr unterhaltsam ist der First-Person-Schocker aber dennoch. Ein paar Updates nach der Veröffentlichung könnten zudem noch einige frustrierende Probleme von "Pneumata" lösen, etwa die bisher fehlende Weltkarte oder genauere Gameplay-Beschreibungen und vor allem die Tasten- beziehungsweise Button-Belegung hinzufügen.

    Xbox, Playstation, Switch, PC & Co. – die besten Games im Test

    Auf den Punkt gebracht

    • "Pneumata" ist ein Survival-Horror-Spiel, das stark von "Outlast" und "Resident Evil" inspiriert ist und mit atmosphärischen Schockmomenten sowie einer düsteren Grafik überzeugt
    • Trotz technischer Mängel und einer kurzen Spieldauer bietet es vor allem Indie-Horror-Fans unterhaltsame Stunden, auch wenn es nicht ganz an die Qualität seiner Vorbilder heranreicht
    rfi
    Akt.