Faktencheck

Das steckt hinter dem Schnee, der nicht schmilzt

Ist das, was wir für Schnee halten, gar kein Schnee? Diese Behauptung kursiert im Internet. Doch die vermeintlichen Beweisvideos zeigen etwas anderes.
24.02.2025, 17:45

Facebook, Insta, TikTok: In den sozialen Medien häufen sich derzeit Videos, in denen Menschen versuchen, einen Schneeball mit einem Feuerzeug zum Schmelzen zu bringen. Den Clips nach scheitern sie. Stattdessen färbt sich der Schnee schwarz. "Was passiert hier?", fragen die einen. Andere schreiben, es "stinkt nach Plastik". Wieder andere kommentieren bedeutungsschwer: "Das soll Schnee sein?" Die Hashtags #chemtrails, #geoenigneering und #fakesnow zeigen, wofür sie einen Beleg gefunden haben wollen.

Die Bewertung

Die Videos zeigen zwar tatsächliche Reaktionen von Schnee auf Flammen. Aber sie belegen nicht, dass der Schnee kein echter Schnee ist, Chemikalien enthält oder sonst wie manipuliert wurde. Sie zeigen nur, wie Chemie funktioniert. Konkret zeigen die Videos einen Vorgang, den Chemikerinnen und Chemiker Sublimation nennen.

Die falsche Behauptung, die in den Videos gezeigten Experimente seien ein Beleg für Fake-Schnee, ist nicht neu. Sie taucht seit Jahren immer wieder auf. Und das in verschiedenen Ländern.

Die Videos sind echt, das Gezeigte passiert wirklich, ...

Fakt ist, die Videos sind echt. Sie zeigen, was passiert, wenn man Schnee Flammen aussetzt, wie ein Versuch des deutschen Kriminalbiologen Mark Benecke zeigt. Der "König der Maden", wie er auch genannt wird, hat es selbst getestet, nachdem ihn ein Fan gefragt hatte, wie es sein könne, dass der geflämmte Schnee schwarz werde und nicht tropfe.

Dass es sich tatsächlich um ein Video Beneckes handelt, zeigt das kleine Zettelchen, mit dem er seine Versuche "markiert".

… aber die gezogenen Schlüsse sind falsch

Auch Experten des Wissenschaftsmuseums Imagination Station in Toledo (US-Bundesstaat Ohio) haben den Versuch vor einigen Jahren schon nachgestellt: Als sie die Flamme unter den Schneeball hielten, verfärbte sich die Stelle, die dem Feuer ausgesetzt war, schwarz und es roch "schlecht" – "wie ein Butan-Feuerzeug", so der Chef-Wissenschaftler des Museums, Carl Nelson. Allerdings, das zeigt ihr auf YouTube veröffentlichtes Video (hier archiviert), bildete sich auch Feuchtigkeit. Ein Hinweis darauf, dass der Schneeball auf die Wärme reagiert.

Feuchtigkeit statt Tropfen: Das steckt dahinter

In den viralen Videos wird der Umstand, dass der Schnee angesichts der Flamme nicht zu tropfen beginnt, als Hinweis darauf gewertet, dass es sich nicht um echten Schnee handeln kann. Das ist auf Sublimation zurückzuführen, ein Vorgang, in dem ein festes Medium wie Eis oder Schnee direkt in einen gasförmigen Zustand übergeht, ohne flüssig zu werden. Die Feuerzeugflamme verwandelt das gefrorene (feste) Wasser in Dampf (Gas), weshalb keine Flüssigkeit entsteht. Die Sublimation ist auch der Grund, warum nasse Wäsche bei Minustemperaturen trocknet.

Auch in den Kommentaren werden die nur vermeintlich mysteriösen Beobachtungen thematisiert.
Screenshot Tiktok

Sublimation ist von äußeren Bedingungen abhängig

Die Sublimation ist häufig an sonnenreichen Eistagen zu beobachten. "Das geschieht, weil die den Schnee umgebende Luft meist noch mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann, als sie aktuell beinhaltet", erklärte der Deutsche Wetterdienst vor einigen Jahren. "Wenn die Luft also nicht wasserdampfgesättigt ist, kann der Schnee unabhängig von der Lufttemperatur ohne zu schmelzen direkt zu Wasserdampf sublimieren und sich somit ein Teil der Schneedecke im wahrsten Sinne des Wortes verflüchtigen." Dies sei aber ein langsamer Prozess, da dafür Energie aufgebracht werden müsse. Dadurch "kühlt der übrige Schnee noch weiter ab, was den Vorgang verlangsamt."

Auch für den Geruch gibt es eine einfache Erklärung

Die Social-Media-Userinnen und -User berichten von einem unnatürlichen Geruch des flambierten Schnees, der sie an "verbranntes Plastik" erinnert. Dieser stammt jedoch nicht vom Schnee selbst, sondern von den in den Videos verwendeten Feuerquellen: Feuerzeuge, Anzündhilfen oder Flambierbrenner.

Diese sind in der Regel mit Butangas gefüllt. Wenn dieses nur unvollständig verbrennt – etwa durch zu wenig Sauerstoff oder zu niedriger Temperatur – entstehen Kohlenwasserstoff-Rückstände, die oft einen chemischen oder plastikartigen Geruch haben. Dies vor allem in Kombination mit dem hauptsächlich aus unverbrannten Kohlenstoffverbindungen bestehenden Ruß, den das Butan ebenfalls abgibt. Dieser ist es auch, der den Schnee schwarz färbt.

Das erklärt auch, warum die Flammen von manchen Kerzen ebenfalls für schwarze Flecken im Schnee sorgen. Denn wenn Paraffin enthalten ist, entsteht auch Ruß.

Fazit

Die Behauptungen, in den Videos sei Fake-Schnee zu sehen, beruhen auf einem Missverständnis: Der Schnee schmilzt nicht sichtbar und verfärbt sich schwarz, weil er durch Sublimation direkt in den gasförmigen Zustand übergeht und dabei Rußpartikel der Feuerzeugflamme aufnimmt. Der dabei entstehende Geruch stammt nicht vom Schnee, sondern – genauso wie die Rußpartikel – von unvollständig verbranntem Butangas. Es handelt sich also um einen natürlichen Prozess.

{title && {title} } red,20 Minuten, {title && {title} } Akt. 24.02.2025, 18:05, 24.02.2025, 17:45
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