Spiele-Test

"Tales of Kenzera: ZAU" – frisch und voller Gefühle

Metroidvanias müssen nicht düster und trostlos sein. "Tales of Kenzera: ZAU" ist ein Action-Plattformer mit frischem Design und ganz großen Gefühlen.

Rene Findenig
"Tales of Kenzera: ZAU" – frisch und voller Gefühle
"Tales of Kenzera: ZAU" spielt mit großen Gefühlen und einem noch unverbrauchten Setting.
Surgent Studios

"Tales of Kenzera: ZAU" ist weit ernster, als es seine Optik vermuten lässt. In wunderschönen Wüsten-, Dschungel- und Höhlen-Landschaften und mit herrlich magischen Licht- und Feuer-Effekten wird uns kein neuer Standard-Fantasy-Stoff serviert, sondern ein Abenteuer voller Verlust und Hoffnung nähergebracht. Unter dem Publisher-Label Electronic Arts entführen uns die Surgent Studios auf PC, Nintendo Switch, PlayStation 5 und Xbox Series X|S in ein tolles Einzelspieler-Abenteuer, das uns zeitweise zu Tränen rührt und dann wieder hellauf lachen lässt. Abseits von der beeindruckenden Handlung warten knackige Plattformer-Passagen.

Inhaltlich wird man tief in die afrikanische Kultur eingeführt, das Spiel ist aber auch ein sehr persönliches Projekt des Kreativdirektors Abubakar Salim, der seinen Vater an eine Krebs-Erkrankung verlor. Das Game stellt uns den jungen und verzweifelten Schamanen Zau vor, der ebenfalls um seinen Vater trauert und beginnt, seine Aufzeichnungen zu lesen. Dabei stößt Zau auf die Erzählung eines Ausflugs nach Kenzera, ins Reich der Toten. Noch bevor viel Zeit bleibt, das Gelesene überhaupt zu erfassen, wird Zau ins Totenreich gezogen und dort mit dem Geist seiner Vaters konfrontiert. Nun soll mit dem Totengott über das Schicksal verhandelt werden.

Es fließen mehr als nur einmal die Tränen

Das Zusammentreffen eines jugendlich wirkenden Trotzkopfs, eines Vaters, der seinen Sohn auf den richtigen Weg führen will, und mystischen Kräften, die das Schicksal kontrollieren, sorgen in "Tales of Kenzera: ZAU" für einige gute Erzählungen und Dialoge, denen wahlweise auf Englisch oder Swahili mit deutschen Untertiteln gelauscht werden kann. Die Sprecher machen dabei einen fantastischen Job, so richtig zündet die Handlung aber nur, wenn man eine der Sprachen versteht. Ist das der Fall, fließen bei der Handlung rund um den Verlust eines geliebten Menschen und wie man dessen Andenken ehrt, mehr als nur einmal die Tränen.

Trotz ernster Grundlage kommt aber auch der Witz nicht zu kurz – das erinnert etwas an die "Prince of Persia"-Games, wobei der Humor vor allem dann eine Rolle spielt, wenn wir uns durch Fallen und Figuren in komödiantische Situationen begeben oder ins Fettnäpfchen treten. Schade ist, dass die Macher uns in Sachen Handlung allzu oft mit der Nase auf die genaue Bedeutung der Geschehnisse stoßen und Details lieber haarklein erklären, statt etwas an Interpretationsspielraum zuzulassen. Durch den sehr linearen Ablauf nimmt sich das Spiel damit auch etwas an Wiederspielwert, eine Story-Empfehlung sprechen wir aber dennoch aus.

1/10
Gehe zur Galerie
    "Tales of Kenzera: ZAU" ist weit ernster, als es seine Optik vermuten lässt. In wunderschönen Wüsten-, Dschungel- und Höhlen-Landschaften und mit herrlich ...
    "Tales of Kenzera: ZAU" ist weit ernster, als es seine Optik vermuten lässt. In wunderschönen Wüsten-, Dschungel- und Höhlen-Landschaften und mit herrlich ...
    Surgent Studios

    Simple Rätsel, knackige Geschicklichkeits-Passagen

    Spielerisch wartet auf uns ein wilder Ritt, der richtig Laune macht. Durch unterschiedliche Umgebungen wie Dschungel, Wüste und Klippenlandschaft geht es mit dem Kampf gegen jeweils Biom-spezifische Feinde, kleine Rätsel- und knackige Geschicklichkeits-Passagen runden das Erlebnis ab. Beim Erkunden ist man dabei zwar nicht ganz so frei wie in einem extrem verästelten "Metroid Dread", das Grundprinzip ist aber dasselbe: Begehbare Gänge erkunden, Bosse bekämpfen, Geheimnisse finden und neue Fähigkeiten erhalten, um damit wiederum zuvor versperrte Bereiche zu öffnen und dort das Spiel von vorne zu beginnen.

    So einzigartig die Spielwelt und so gut gelungen der Mix aus Erkunden, Kämpfen und Rätseln ist, etwas mehr Mut hätten die Puzzles ruhig sein dürfen. Die meiste Zeit der Rätsel-Passagen verbringen wir nämlich mit der Suche nach Schlüsseln oder anderen Items, um damit Türen aufzusperren oder Brücken zu aktivieren. Herausfordernd werden diese Passagen dann eher durch ihren Geschicklichkeitsaspekt – etwa, wenn die geöffneten Durchgänge in einem sich recht schnell schließenden Zeitfenster durchschritten werden müssen. Dazu kommen auch noch einige Fallen, die wir mit Objekten aus der näheren Umgebung entschärfen müssen.

    Viel Abwechslung auch bei den Parkour-Passagen

    Sehr ähnlich wie in "Metroid Dread" verlangen einige Stellen von uns blitzschnelle Reaktionen und sehr präzise Befehle, Frust kommt beim Scheitern dank sehr großzügig verteilten Rücksetzpunkten und einer einwandfrei flüssigen und verzögerungsfreien Steuerung nicht auf. Gut gefällt auch, dass man sehr vielen verschiedenen und nicht immer den gleichen Rätseln und Parkour-Elementen begegnet, auch wenn die meisten aus anderen Vertretern des Genres schon bekannt sind. Während auch Anfänger streckenweise wenige Probleme mit dem Schwierigkeitsgrad des Games haben sollten, fordern einige Passagen wiederum Profis heraus.

    Ein spannender Mix aus Rhythmus und Taktik stellen die Kämpfe des Spiels dar. Der taktische Part wird über eine Sonnen- und eine Mondmaske abgehandelt, die Zau tragen darf. Generell bietet die Sonnenmaske Feuer- und Nahkampfangriffe, die Mondmaske dagegen teilt Eisschaden aus und macht Fernkampfangriffe möglich. Doch nicht nur: Mit welcher Art von Attacke wir angreifen müssen, bestimmen auch die Art und Ausrüstung der Feinde. So können verschiedenfarbige Schilde nur Angriffe mit der richtigen Maske durchdringen. Die Masken lassen sich fließend wechseln, stärkere Gegner können auch nur dadurch besiegt werden.

    "Tales of Kenzera: ZAU" – frisch und voller Gefühle

    Wie es sich für ein anständiges Metroidvania gehört, laufen die Kämpfe dynamisch ab und sind kein stehender Schlagabtausch, denn unser Zau stirbt schon nach wenigen Gegentreffern den Spieltod. Besonders beeindruckend sind im Spielverlauf die teils bildschirmfüllenden Bosse, die von uns die Umsetzung der zuvor in den Levels gelernten Angriffe und Spezialfähigkeiten abverlangen. Abseits von in Kämpfen und mit Levelabschlüssen ergatterten Fähigkeiten dürfen wir unsere Skills und Statuswerte an Schreinen verstärken – diese sind oft gut versteckt in den Umgebungen verborgen. Eine Schnellreisefunktion sorgt dafür, dass das Erkunden flott geht.

    "Tales of Kenzera: ZAU" gefällt mit vielen frischen Ideen, einer ganz neuen Spielwelt und einer ernsten und emotionalen Geschichte. Etwas ausbalancierter dürften die Levels sein, die in Sachen Schwierigkeit stellenweise stark schwanken, abseits davon macht das Game aber alles richtig. Mit Zeitmanipulationen, freischaltbaren Kräften, einem dynamischen Wechselsystem im Kampf und beeindruckenden Bossen wirkt "Tales of Kenzera: ZAU" wie ein Mix aus "Metroid Dread" und "Prince of Persia", weiß dabei aber ganz eigene Ideen umzusetzen und liefert eine actiongeladene sowie sehr magische Reise durch eine detailliert gestaltete 2,5D-Welt ab.

    rfi
    Akt.