Fast alle dagegen
Kaum Radler – Trotzdem soll hier in Wien ein Radweg her
In Ottakring soll der Bau eines neuen Radwegs besiegelt werden – vorbei an den Anrainer-Bedürfnissen. Mehrere Parteien sträuben sich gegen den Bau.
Dieser Radweg spaltet einen ganzen Bezirk! In der Seeböckgasse in Wien-Ottakring soll bald der Baustart eines neuen Fahrrad-Vorzeigeprojektes starten: Bis Ende 2025 sollen die Bezirke Ottakring und Hernals miteinander verbunden werden – Anrainer fühlen sich hintergangen.
Straßen seit 2019 verkehrsberuhigt
Vom Fuße des Wilhelminenbergs bis zum Gürtel auf Höhe der Alser Straße sollen neue Fahrradstraßen entstehen. Das Problem: Fast 1.500 Anrainer sowie mehrere Parteien und sogar Automobilclubs erachten den Umbau der kleinen Gassen in ihrem Grätzl für nicht sinnvoll.
Petra W. ist eine der Initiatorinnen der Petition gegen den Ottakringer Radweg. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Zunächst habe es bereits 2019 und 2021 verkehrsberuhigende Umbauten im Bereich der Seeböckgasse gegeben, die Gegend sei bereits verkehrsberuhigt. "Man zerstört jetzt etwas, das bislang super funktionierte", meint Petra W. im Gespräch mit "Heute".
1.500 Anrainer gegen Radweg
30er-Zone, Fahrbahnanhebungen, Gehsteigvorziehungen, Einbahnregelungen für den Mischverkehr: Trotz zahlreicher Initiativen soll die Seeböckgasse erneut rundum erneuert werden. Petra W. sammelte mit ihrer Petition mittlerweile fast 1.500 Stimmen gegen den Radweg. Die meisten davon sollen schriftlich zugetragen worden sein, weshalb auf der Petitions-Seite lediglich steht, dass dieses Anliegen in Bearbeitung sei und die 500-Stimmen-Marke erreicht hat – mehr dazu hier.
Die SPÖ-Ottakring sowie die Grünen wollen das Projekt in die Tat umsetzen. "Sie behaupten, es sei ein Anliegen der Anrainer gewesen, doch das stimmt einfach nicht!", so die aufgebrachte Petra W. im "Heute"-Talk. Bewohner sollen nur abschließend über das bevorstehende Rad-Projekt informiert worden sein.
Parteien, ÖAMTC und ARBÖ gegen Radweg
In den letzten Jahren waren die Anrainer durchgehend mit Baustellen und Lärm konfrontiert, bis Ende 2025 droht nun selbiges Schicksal. "Seit der Bekanntmachung im Juni 2024 versuchen wir Anrainer und die Unternehmen, eine vernünftige Lösung bzw. einen Kompromiss mit den zuständigen Behörden zu erzielen. Alternativen würden nicht viel kosten, hätten für die Radfahrenden den gleichen Effekt und wir Anrainer hätten nicht schon wieder monatelang Baulärm, Staubbelastung und dann Umwegverkehr", so Petra W. zu den umstrittenen Fahrradstraßen.
Mehrere Parteien wie die FPÖ, das Team HC Strache oder die ÖVP sprechen sich gegen den Radweg aus. Die Gründe: Mangelnde Bürgerbeteiligung, eine bereits vor Jahren verkehrsberuhigte Zone, erschwerte Zugänge von Verkehrsteilnehmern, mangelnde Sicherheit von Einsatzfahrzeugen, Baulärm und Parkplatzmangel.
Nur 1,7 Prozent Radanteil im Straßenverkehr
Und sogar zwei Automobilclubs schlagen in die gleiche Kerbe: Der ÖAMTC sieht die Fahrradstraße nach den technischen Richtlinien als "nicht erforderlich und würde ohne entsprechende Ausnahme zu einer unverhältnismäßigen Erschwernis des motorisierten Verkehrs führen". Auch der ARBÖ unterstützt "die Argumente der Petitoren vollumfänglich und schließen uns ihrer Ablehnung des geplanten Umbaus der Seeböckgasse in eine Fahrradstraße mit der Unterteilung in drei sackgassenartige Abschnitte an".
Kurios: Laut der Mobilitätsagentur MOBAG würde es im betroffenen Bereich einen Radverkehrsanteil von nur 1,7 Prozent geben. Quoten von erwünschten 50 Prozent mit nächstem Jahr scheinen somit utopisch.
Entscheidung wohl im Dezember
Das sehen die SPÖ, die Grünen, die Organisation "VCÖ – Mobilität mit Zukunft", die Bierpartei sowie die Links-KPÖ anders. Die Wiener Polizei ist nicht mit dem Vollzug des Radwegs betraut, betont aber in einem Statement: "Sämtliche Maßnahmen, die umweltfreundliche und verkehrsberuhigende Lösungen herbeiführen, werden seitens der Landespolizeidirektion Wien grundsätzlich begrüßt. Bedacht genommen werden sollte jedoch auf die Aufrechterhaltung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs."
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Parteien, Automobilclubs und sogar die Polizei haben gesprochen, bald sollen Taten folgen. Am 6. Dezember kommt es nämlich zum Showdown: An besagtem Tag tagt die nächste Sitzung des Petitionsausschusses, eine Entscheidung im Radweg-Streit wird erwartet.
Auf den Punkt gebracht
- In Wien-Ottakring sorgt der geplante Bau eines neuen Radwegs für heftige Kontroversen.
- Rund 1.500 Anrainer, mehrere Parteien sowie Automobilclubs lehnen das Projekt ab und kritisieren mangelnde Bürgerbeteiligung, bereits bestehende verkehrsberuhigende Maßnahmen und die zu erwartenden Belastungen durch Baulärm und Umwegverkehr.