Die ruhige Weihnachtszeit ist vorbei, zumindest in der Politik. Die "Stille Nacht" dürfte es hier nämlich wirklich nur am 24. Dezember gegeben haben, denn schon während der letzten Tage wurde in den Reihen der Austro-Ampel weiterverhandelt. Immerhin konnte vor den Feiertagen kein Weihnachtswunder beim Budget erzeugt werden.
Auch unter dem Christbaum der kommenden Regierung befanden sich keine verpackten Geldkoffer, die das Loch in der Staatskasse stopfen könnten. Wunder gibt es in der Politik eben nur selten – am nächsten komme wahrscheinlich die Einigung am Freitag vor Weihnachten: In einer Krisensitzung konnten ÖVP, SPÖ und NEOS zumindest einen Startpunkt bei den Budgetverhandlungen erzielen – gespart wird für sieben Jahre und für 2024 und 2025 gibt es ein Doppelbudget. Darüber hinaus wird auch schon über erste Posten gemunkelt – "Heute" berichtete.
Reichlich Klarheit wurde damit aber nicht geschaffen, denn es fehlen noch immer konkrete Maßnahmen und auch bei den "Leuchtturmprojekten" stehen noch Fragezeichen im Verhandlungssaal.
Diese Woche will man aber weiterkommen. Am Freitag tagte die Budgetgruppe – Ergebnisse wolle man aber nicht kommunizieren, hieß es aus den Parteien. Dafür peile man die nächste Woche an. "Jede Maßnahme kann entweder etwas kosten oder etwas bringen. Damit man weiß, wann man was umsetzen kann (auch im Lichte der budgetären Situation) muss man die Maßnahmen, die man treffen will, berechnen", erklärte man gegenüber "Heute".
Viel Zeit bleibt der Ampel aber nicht – der Druck ist groß. Immerhin entscheidet die EU-Kommission am 21. Jänner über ein mögliches Defizitverfahren und die Wirtschaft und der Standort warten vergeblichst auf Zeichen in der Politik. Dort brennt es bekanntlich an jeder Ecke und Stelle – heimische Firmen rutschen täglich in die Pleite und Angestellte zittern um ihre Jobs.
"Nein, es ist nicht halb so schlimm. Es ist wirklich kritisch", fasste der Präsident der Industriellenvereinigung (IV) Georg Knill die Lage in einem Interview mit der APA zusammen. Eine Einsicht der politischen Entscheidungsträger sei dringendst notwendig, dass es zu standortrelevanten Maßnahmen komme.
Ein Defizitverfahren lehne er – ebenso wie ÖVP und NEOS – strikt ab. "Es ist fatal in dieser politischen Situation, dass man an ein EU-Defizitverfahren denkt, weil man dann offensichtlich weniger sparen muss. Dabei wird die Souveränität des Landes aufgegeben – so auf die Art 'Liebe EU, sag' mir, was ich tun muss': Das ist eine Selbstaufgabe. Wenn ich politisch so weit bin, dann muss ich über gröbere Dinge nachdenken, das kann es nicht sein", monierte Knill.
Was es stattdessen brauche, seien "mutige, nicht immer populäre Maßnahmen". Damit meine er unter anderem Pensionen und der Föderalismus sowie Effizienzen in der Verwaltung im Bildungs- und Gesundheitsbereich: "Da liegen Milliardenbeträge, ohne dass man am Leistungsspektrum was adressiert", so Knill. Dabei rechnete er vor, dass neben der Bildungskarenz und Streichung des Klimabonus auch bei der Förderung der Unternehmen gespart werden könne. Immerhin liege diese über dem EU-Durchschnitt. Eine Reduktion auf den EU-Schnitt würde bei einem BIP von 473 Milliarden Euro ein Konsolidierungspotenzial von 8,5 Milliarden Euro schaffen.
Darüber hinaus würden die Verhandlungen mittlerweile "schon sehr lange andauern", kritisierte Knill. Es sei "bezeichnend, dass die Gespräche ohne budgetäre Vorgaben begonnen" hätten. "Ein Top-down-Prozess wäre vielleicht effizienter gewesen", so der IV-Chef. "Das Pferd wird von hinten aufgezäumt, zuerst schöne heile Welt – und dann kommt man plötzlich in die Realität."
Nach den Feiertagen soll es aber soweit sein, die Austro-Ampel setzte sich ein klares Ziel: "Einsparen – und zwar möglichst viel", erklärte ein Top-Verhandler im Gespräch mit "Heute". Die 6,5 Milliarden Euro, die man schon im nächsten Jahr aufbringen muss, sollen zu einem Teil – rund eine Milliarde Euro – durch die Erhöhung von Steuern einnahmenseitig in die Staatskasse fließen.
Fix ist aber noch nichts. Erst in den nächsten Tage soll sich genaues zeigen. "Jetzt wird dann intensiv darüber verhandelt, wie man die nötigen Leuchtturm-Projekte, die für neues Regieren stehen, mit der Notwendigkeit der Konsolidierung in Einklang bringen kann", erklärte ein Insider im Gespräch mit "Heute".
Mit der EU-Frist zum Konsolidierungsverfahren drängt die Zeit. Eine fertige und vor allem stabile Regierung soll gegen Mitte des Monats stehen. Ein "äußerst ambitionierter Zeitplan" des Kanzlers, so ein weiterer Verhandler. Immerhin sei noch einiges ungeklärt.
In vielen Punkten gebe es zwar ein grundsätzliches Commitment, Inhalte müssten jetzt aber schleunigst konkretisiert werden: "Dazu muss man in der Haltung etwas ändern." Tue man das, "dann kann in zwei bis drei Tagen Intensiv-Verhandlungen tatsächlich der Durchbruch gelingen", so ein Stratege.
Ob dieser "Verhandlungs-Durchbruch" auch tatsächlich kommen wird, steht aber noch in den Sternen. Am Montag ist jedenfalls eine erneute Chefrunde angesetzt, in der sich Bundeskanzler Karl Nehammer, SPÖ-Chef Andreas Babler und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger mit den bisherigen Ergebnissen auseinandersetzen werden.