Keine Steuern, kein Verfahren
"Dann kommt Kanzler Kickl": Dosko packt über Ampel aus
Landeschef Hans Peter Doskozil (SPÖ) sprach sich in einem Interview gegen neue Steuern und ein EU-Defizitverfahren aus.
Der Freitag vor Weihnachten wird für die Austro-Ampel bestehend aus ÖVP, SPÖ und NEOS zu einem Tag der Entscheidung. Seit Mittag verhandeln die Steuerungsgruppen der Parteien im Palais Epstein neben dem Parlament über eine neue Regierung. Ob es klappt, wird sich zeigen – beenden will man die Gespräche erst, wenn man sich geeinigt hat oder eben nicht.
Damit stellten sich die Parteichefs eine Mammutaufgabe, denn in den Wirtschaftsbereichen konnte man sich in den bereits vier Wochen andauernden Verhandlungen kein Stück näher kommen. Die SPÖ pocht nach wie vor auf neue Steuern – will auch einnahmenseitig das Budgetdefizit konsolidieren. NEOS und ÖVP hingegen pflegen eine ausgabenseitige Bereinigung des Schuldenberges.
"Nicht in Stein gemeißelt"
Die Verhandlungen laufen träge – die Stimmung ist aufgeheizt, der Druck ist groß. Bislang hatte man immerhin noch keine konkreten Lösungen vorzeigen können. SPÖ-Landeschef Hans Peter Doskozil erwarte sich deshalb auch "wenig", wie er in einem Interview mit der "Presse" ausführte: "Man hört ja bisher nur von Orchideenthemen. Von Lösungen bei den großen politischen Themen – zum Beispiel bei der Frage nach stabiler Gesundheitsversorgung, Pflege oder Wirtschaftspolitik – habe ich bisher wenig bis gar nichts vernommen."
Die Austro-Ampel sei zudem alles andere als fix. "Ich glaube nicht, dass diese Koalition in Stein gemeißelt ist. Die Chancen, dass die Verhandlungen scheitern, sind genauso intakt wie die Chancen, dass man eine Regierung bildet. Und sollte diese Koalition wirklich scheitern, würden die Blauen wahrscheinlich gar nicht direkt in Verhandlungen einsteigen. Eher würden wir Neuwahlen bekommen – und als Übergang dorthin wahrscheinlich eine Expertenregierung", erklärte Doskozil.
Kanzler Kickl – "kein Verdienst der FPÖ"
Solche Neuwahlen würden dem Landeshauptmann auch "nicht so missfallen" – "angesichts des Status quo, den wir erreicht haben". Das sei auch die "beste Variante, mit einer derartigen Politik abzurechnen, sollten die drei Parteien jetzt nicht zusammenkommen", erörterte Doskozil. "Dann wird das Establishment einmal sehen, was passiert, wenn man nicht glaubwürdig und ehrlich agiert", fuhr der Landeschef fort.
In diesem Fall würde es höchstwahrscheinlich einen FPÖ-Kanzler geben. Immerhin führt Herbert Kickl die Umfragen mit gutem Abstand an, lag sogar bei 35 Prozent – ÖVP und SPÖ kratzen hingegen an der 20-Prozent-Marke. Dass es zu einem blauen Kanzler kommen würde, stimmte auch Doskozil zu: "Genau. Aber das wäre kein Verdienst der FPÖ, sondern ein Verschulden der anderen Parteien." Dass die SPÖ dann mit den Freiheitlichen koaliere, glaube der Landeschef nicht: "Ich stelle es mir lustig vor, wie die aktuellen SPÖ-Verhandler mit der aktuellen FPÖ reden sollten. Das geht sich auch inhaltlich einfach nicht aus."
Zuerst auf die Ausgaben schauen
Aktuell verhandeln aber noch ÖVP, SPÖ und NEOS um eine Ampel – die Betonung liegt auf "noch". Denn seit mehreren Wochen dreht sich alles um das Budget, eine gemeinsame Linie ist noch nicht in Griffweite. Doskozil würde sich wünschen, "dass endlich einmal offensive Wirtschaftspolitik gemacht wird, damit nicht eine Firma nach der andere pleite geht". Der Staat müsse jetzt dort, wo es möglich ist, "stabilisierend eingreifen."
Bevor zudem die neuen Steuern auf den Tisch gelegt werden, müsse "schon intensiv darüber nachgedacht werden, wie man ausgabenseitig das Budget reduzieren kann", stellte Doskozil klar. Dort gebe es nämlich reichlich Potenzial, das aber nicht gehoben werde. "Auch bei der Regierung selbst: Man könnte etwa die Zahl der Ministerien auf zehn reduzieren – mit einer Personalabteilung für alle. Aber da kommt mit Sicherheit nichts", monierte er. Doskozil glaube fest daran, dass die Ziele ausgabenseitig erreichbar wären – "wenn man es will".
Doskozil gegen Defizit-Verfahren
Der Druck auf die Austro-Ampel ist jedenfalls groß, denn nicht nur die heimische Wirtschaft, der Standort und die Pleitewelle üben massiven Druck auf die Verhandler aus, sondern auch die EU-Kommission. Sie entscheidet am 21. Jänner, ob ein Defizitverfahren gegen Österreich eingeleitet wird. Die SPÖ ist dabei bislang die einzige Partei, die sich diesem beugen möchte – ÖVP und NEOS sind strikt dagegen.
Auch Doskozil stellt sich gegen die Linie der eigenen Partei: "Wäre ich in der Situation, wäre ich lieber selbst für meine Finanzen verantwortlich. Jetzt zu sagen, man will ein solches Verfahren, das wäre ein Zeichen von Schwäche. Es ist möglich, dieses selbst verursachte Dilemma auch selbst zu lösen."
Zurück ins Burgenland
Von der Bundespolitik weg und zurück ins Burgenland, wo sich der Landeshauptmann aktuell selbst in einem Wahlkampf befindet – in weniger als einem Monat ein neuer Landtag gewählt. Während die SPÖ im Burgenland noch die Absolute hält, wittert Doskozil aber eine blau-schwarze Regierung – "selbst dann, wenn wir über 40 Prozent liegen sollten". Doskozils Wahlziel sei damit klar gesteckt: "Es muss also das 18. Mandat für den Mandatsgleichstand sein."
Einwände für eine Koalition mit ÖVP oder FPÖ habe er zudem keine, solange man "inhaltlich zusammenkommt".
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Auf den Punkt gebracht
- Landeschef Hans Peter Doskozil (SPÖ) äußerte sich in einem Interview gegen neue Steuern und ein EU-Defizitverfahren.
- Die Verhandlungen zur Bildung einer Austro-Ampel aus ÖVP, SPÖ und NEOS gestalten sich schwierig, und Doskozil sieht die Chancen für eine Einigung als ebenso wahrscheinlich wie ein Scheitern, was möglicherweise zu Neuwahlen und einem FPÖ-Kanzler führen könnte.