So umgeht Putin Sanktionen

"War einfach, in Russland westliche Mikrochips zu kaufen"

Russland ist auf westliche Komponenten für den Bau von Waffen angewiesen. Eine Journalistin hat nun aufgedeckt, wie leicht Putin Sanktionen umgeht.
Roman Palman
11.03.2025, 22:52

Drei Jahre morden russische Soldaten auf Befehl des Kriegstreibers Wladimir Putin bereits in der Ukraine. Raketen und Drohnen zerstören die kritische Infrastruktur des Landes immer mehr, töten dabei auch immer wieder Zivilisten – das alles wird erst durch westliche Mikrochips möglich.

"Für die Russen ist dieses Material absolut entscheidend. Ohne sie können sie keine Raketen bauen", erklärt James Byrne, Senior Associate Fellow am Royal United Services Institute (RUSI), dazu.

Sowohl die EU als auch die USA haben deshalb zwar ab Tag eins der großangelegten Invasion die Lieferung dieser kritischen Bauteile nach Russland verboten, dennoch gelangen sie weiter in rauen Mengen über die Grenze. Wie einfach es für russische Rüstungskonzerne trotz aller Sanktionen es auch jetzt noch an diese wichtigen Mikrochips kommen, zeigt ein Undercover-Experiment des englischsprachigen "Kyiv Independent".

"War einfach, verbotene Chips zu kaufen"

"Überraschenderweise bestand der schwierigste Aspekt des Experiments darin, ein E-Mail-Konto bei einem russischen E-Mail-Dienst einzurichten, da dieser in der Ukraine gesperrt ist. Danach war es einfach, in Russland verbotene westliche Chips zu kaufen", schreibt die ukrainische Journalistin Alisa Yurchenko in ihrem Bericht, der diese Woche veröffentlicht wurde.

Die ukrainische Reporterin gab sich dabei als Mitarbeiter einer Tochtergesellschaft der staatlichen Rüstungsholding Roselektronika aus, um auf dem russischen Binnenmarkt Mikrochips amerikanischer Hersteller zu ordern.

Frühere E-Mail-Leaks hatten gezeigt, dass russische Waffenhersteller westliche Chips noch nie direkt selbst aus dem Ausland importiert, sondern diese über ein Netzwerk von spezialisierten Elektronik-Importeuren, teils privat teils staatlich, in Russland selbst bestellen.

Riesiges Angebot trotz Sanktionen

Zehn der undercover angeschriebenen Händler antworteten demnach umfassend. Eines der russischen Unternehmen soll dabei sogar eine vollständige Liste seiner Lagerbestände enthüllt haben: Millionen Mikrochips bekannter amerikanischer und europäischer Marken.

Die Liste enthielt Chips der bekannten US-Hersteller Analog Devices, Texas Instruments, Microchip Technology, Xilinx (gehört seit 2022 AMD), ON Semiconductor und Intel. Mit NXP Semiconductors und Infineon waren auch Unternehmen mit Sitz in der Europäischen Union vertreten.

Unter den Angeboten identifizierte der "Kyiv Independent" eine Reihe von Schaltkreisen, die in der Hyperschall-Rakete "Kinschal" und Angriffsdrohnen gefunden wurden.

Importe über Drittländer

Möglich werde diese fortgesetzte Lieferung der russischen Rüstungsindustrie durch Drittländer, die keinen Sanktionen unterliegen, heißt es. Dort würden die Mikrochips eingekauft, danach nach über die Grenze nach Russland gebracht. Die wichtigsten Lieferanten amerikanischer Chips für Russland sind laut "Kyiv Independent"-Analyse China und Hongkong.

Das Medium hat nach eigenen Angaben alle genannten Chiphersteller kontaktiert. Diejenigen, die darauf geantwortet hatten, hätten den Weiterverkauf ihrer Chips an Russland verurteilt.

RUSI-Experte James Byrne erklärt das Dilemma der Chiphersteller. Sie hätten nur begrenzte Informationen darüber, was "ein oder zwei Schritte unterhalb in der Lieferkette" passiere. "Wenn Sie Texas Instruments oder Intel sind, haben Sie große Distributoren. Die Distributoren verkaufen Komponenten an alle möglichen Unternehmen in der ganzen Welt". In seinen Augen ist dieses Problem nur schwer lösbar, "aber das heißt nicht, dass es unmöglich ist."

Sanktionen haben Wirkung

Reporterin Yurchenko hält am Ende ihrer Reportage fest: "Geschichten wie diese können den falschen Eindruck erwecken, dass die Exportbeschränkungen für kritische Komponenten nach Russland gescheitert sind. Aber sie haben eine gewisse Wirkung gezeigt: Die Notwendigkeit, die Sanktionen zu umgehen, machte die Chips für russische Importeure um 40 Prozent teurer."

Das belastet zwar die russische Wirtschaft deutlich, verhindert aber nicht, dass weiter russische Raketen mit Hilfe von westlichen Mikrochips in der Ukraine Menschen töten.

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