Oberst Markus Reisner

"Was soll noch alles passieren, damit wir es kapieren?"

Der Bundesheer-Offizier warnt: Russland führe einen hybriden Krieg gegen den Westen, "doch Europa will nicht sehen, dass es angegriffen wird".
Newsdesk Heute
07.02.2025, 22:25

Es sind düstere Zeiten. Seit bald drei Jahren überzieht Wladimir Putin die Ukraine mit Tod und Zerstörung – ohne Rücksicht auf seine eigenen Bürger. Hunderttausende Russen haben für die Eroberungspläne des Despoten schon an der Front bluten und sterben müssen. Mehr als 91.000 Gefallene sind mittlerweile durch eine unabhängige Zählung namentlich bekannt, die Dunkelziffer wahrscheinlich enorm.

Während die russischen Armeen Granaten und Raketen auf die Ukraine niederhageln lässt, nimmt der Kreml auch deren westlichen Unterstützer ins Visier. Nicht mit Kanonen, sondern mit Proganda, Spionage und Sabotage. Unterseekabeln werden durchtrennt, an NATO-Pipelines in Deutschland wurde militärischer Sprengstoff gefunden, auch bei der Bauschaum-Anschlagsserie auf deutsche Autos führt die Spur nach Russland.

Dazu werden Unmengen an Fehlinformationen in die Welt gesetzt, die es bis in die höchsten Kreise der US-Politik schaffen. So teilte kürzlich Tech-Milliardär Elon Musk ein Video, in dem behauptet wurde, die von ihm verhasste Entwicklungshilfe-Agentur USAID habe Millionen Dollar an Hollywood-Stars überwiesen, damit diese in die Ukraine fliegen. BBC konnte nachweisen, dass dieses eine komplette Fälschung ist. Das Portal "E! News", das als Ursprung angeben wird, hat das Video nie produziert – es trägt die Handschrift einer bekannten russischen Fake-News-Kampagne.

Auch wenn die Kanonen noch nicht in unsere Richtung zielen, "wir befinden uns in Europa bereits im Kriegszustand", stellte Bundesheer-Brigadier Roland Vartok bei der Präsentation des "Risikobilds 2025" für Österreich klar.

Untermauert wird dies auch von hochrangigen Offizieren der deutschen Bundeswehr: "Wir sind nicht mehr im Frieden", erklärte auch Generalleutnant André Bodemann vor zwei Wochen. Geheime Putin-Saboteure würden in Deutschland bereits den "Tag X vorbereiten".

„Wir befinden uns längst in einem Krieg“
Oberst Markus Reisner

Der inzwischen international bekannte Militärstratege Oberst Markus Reisner fürchtet, dass Putin die bisher geltende Weltordnung einreißen will. Flüchtlingswellen, die Destabilisierung politischer Systeme und ganzer Staaten und zuletzt die Sabotage an Unterseekabeln würden schmerzlich vor Augen führen, wie verletzlich unsere Welt eigentlich ist.

Oberst Markus Reisner leitet seit 1. März 2024 das Institut für Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt.
Oberst Markus Reisner leitet seit 1. März 2024 das Institut für Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt.
Bundesheer/Kristian Bissuti

Ernst der Lage wird nicht verstanden

"Russland führt blutige und hybride Kriege, doch Europa will nicht sehen, dass es angegriffen wird", warnt der Leiter der rot-weiß-roten Offiziersausbildung im Gespräch mit der deutschen "Tagespost". Er fragt: "Was soll noch alles passieren, damit wir kapieren, dass wir angegriffen worden sind?"

Der Ukraine-Krieg könnte seiner Einschätzung nach nur das Vorspiel zu einem bedeutend größeren Konflikt gewesen sein. Auch Österreich müsse sich endlich auf so ein Albtraum-Szenario vorbereiten.

"Ich bin Vater von drei Kindern. Ihnen schaue ich in die Augen und weiß, dass wir uns vorbereiten müssen. Weil einfach niemand mehr weiß, was passieren wird", mahnt Reisner: "Meine Angst und Sorge besteht auch darin, dass wir den Ernst der Lage der Bevölkerung nicht ausreichend vermitteln können."

"Europa spielt keine Rolle"

Die Ukraine sei gerade dabei, diesen Krieg zu verlieren, die westliche Unterstützung sei viel zu schwach und die erlittenen Verluste ebenso enorm. Doch Russland könne man nur durch Stärke Grenzen setzen, hält Reisner fest. Der hoffnungsvolle Blick richtet sich deshalb auf Washington. Er vermutet, dass es hinter den Kulissen bereits "erste Absprachen zwischen der Trump-Administration und Moskau" gebe. Die nüchterne Erkenntnis für die Ukraine und die EU: "Europa spielt keine Rolle".

Putin, der die Ukraine nicht als souveränen Staat anerkennt, werde aufgrund seines Großmachtdenkens nur mit den USA über den Kriegsausgang verhandeln, erklärte auch Militärökonom Marcus Keupp kürzlich: "Verhandelt wird nicht mit, sondern über die Ukraine. Verhandelt wird auch nicht mit Europa, sondern über Europa. Die Großmächte geben den Tarif durch, der Rest darf sich dann fügen."

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 08.02.2025, 08:38, 07.02.2025, 22:25
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