Tag für Tag schickt das russische Militär auf Befehl des Kremls unzählige eigene Soldaten in der Ukraine in den Tod. Mit Stand 24. Jänner 2025 sind nach der laufenden Zählung von BBC Russia und Mediazona 90.019 russische Militärangehörige durch Wladimir Putins Kriegstreiberei getötet worden. Die Dunkelziffer dürfte weit höher sein, denn enthalten sind nur jene Gefallenen, deren Namen durch Nachrufe und dergleichen öffentlich bekannt sind.
Seit Oktober 2023 verzeichnet das Recherche-Team nach eigenen Aussagen einen starken und stetigen Anstieg der Verluste bei Freiwilligen. Fast ein Viertel der Gefallenen hatte ihre den Armeevertrag erst nach Kriegsbeginn unterzeichneten.
Um die laufend horrenden Verluste – zu den Toten kommen noch unzählige Verletzte, viele davon nicht mehr kampftauglich – auszugleichen, ist innerhalb Russlands eine Art Wettlauf um neue Freiwillige ausgebrochen. Durchschnittlich winken zwei Millionen Rubel, rund 19.400 Euro, für eine Meldung zum Kriegsdienst. Spitzenreiter ist laut BBC-Report die Region Samara, wo sogar das Doppelte ausbezahlt wird. Und laufend wird mehr geboten.
Dennoch sollen sich zumindest in der Hauptstadtregion Moskau immer weniger Freiwillige finden, meldet nun das unabhängige russische Medium "Verstka" unter Berufung auf eine Quelle im Büro des Bürgermeisters Sergei Sobjanin. "Im August konnten wir den Ansturm kaum bewältigen. Die Menschen kamen in Massen, 200 bis 250 Menschen pro Tag", wird die Quelle zitiert. Damals waren ukrainische Streitkräfte gerade in die russische Region Kursk eingedrungen. Inzwischen sei das Interesse aber auf "minimales Niveau" gefallen. Täglich würden sich nur noch rund 40 Freiwillige melden.
Laut "Verstka" soll sich auch die Zusammensetzung der Rekruten in Moskau verändert haben. Nicht einmal mehr die Hälfte seien russische Freiwillige. Der Rest Beschuldigte, gegen die ein Ermittlungsverfahren läuft oder gegen die ein Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren wegen Schulden eingeleitet wurde. Sie können einer Verurteilung entgehen, wenn sie sich stattdessen für die Front melden. Dazu komme ein steigender Anteil an Ausländern, vor allem aus China und Afrika.
Sie kämen teilweise in Gruppen von bis zu 15 Personen an. "Es ist, als würden sie angeliefert werden. Aber sie reden alle über das Internet, über Leute, die sie kennen, die sie von Freunden irgendwoher kennengelernt haben", so die Quelle aus dem Umfeld des Stadtchefs.
Das russische Medium habe mit einigen der ausländischen Rekruten sprechen können. "Zu dienen ist mein Traum. Es ist eine Disziplin", habe ein Mann aus Ghana seinen Eintritt begründet. Ein Landsmann von ihm fügte hinzu: "Ich mag Russland, weil Abramowitsch, Chelsea. Ich entwickle Liebe für Russland, schaue russische Filme." Ein Chinese wiederum schilderte, dass er von "irgendeinem Typen im Internet" auf den einmaligen Verdienst hingewiesen wurde: "Meine Eltern sind krank, und ich brauche mehr Geld."
Das glauben offenbar nicht einmal die Russen: "Die Chinesen sind hundertprozentig auf das Geld aus. Bei den Afrikanern geht es überwiegend um die militärische Erfahrung. Alle sagen, dass sie gerne in ihrem Land dienen würden, aber in ihrer Heimat gibt es keine solche Möglichkeit. Und im Allgemeinen sagen sie alle, dass sie Russland lieben. Aber das ist ein Blödsinn", wird Beamter dazu durch "Verstka" zitiert.