Frau gerade schwanger

Fremder küsst Wienerin auf den Mund – keine Strafe!

In einem Floridsdorfer Gemeindebau hat ein Mann seine Nachbarin belästigt. Die schwangere Frau zeigte ihn an, doch der Mann geht straffrei.

Maxim Zdziarski
Fremder küsst Wienerin auf den Mund – keine Strafe!
Angelika H. (30) mit Ehemann David (36) mit ihren Kindern (4, 3 und 2 Monate)
Leserreporter

Verstörender Übergriff in Wien-Floridsdorf: Leserreporterin Angelika H. war gerade im neunten Monat schwanger, als sie im Juni in ihrer Wohnung Fotos aufhängen wollte. Ein selbsternannter Hausbesorger lebt bereits seit Jahrzehnten in dem Wohnkomplex und ist im Gemeindebau für seine Hilfsbereitschaft bekannt.

Also entschloss sich die 30-Jährige, den Mann anzurufen und nach Nägeln zu fragen, um sich den Weg zum Baumarkt zu ersparen. Der 79-Jährige sagte sofort zu und meinte, sie solle zu seiner Garage kommen, er hätte dort sicher etwas Passendes für sie.

Als sie dann vor der Einfahrt stand, soll der Mann ihren Kopf gepackt und sie geküsst haben. "Ich wehrte mich dagegen, doch er ließ mich nicht los", erzählt sie weiter. Als sie sich schließlich losreißen konnte, rannte sie unter Tränen in ihre Wohnung.

Bist du von Gewalt betroffen? Hier findest du Hilfe
Frauenhelpline (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 222 555
Männernotruf (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 246 247
Rat auf Draht: 147
Autonome Frauenhäuser: 01/ 544 08 20
Polizei-Notruf: 133
Gewaltschutzzentrum: 0800 222 555
Opfer-Notruf: 0800 112 112

Pensionist rief danach Ehemann an

Nach dem Vorfall kontaktierte der 79-Jährige den Ehemann der Frau telefonisch. "Mein Mann wohnt hier seit 30 Jahren, man kennt sich untereinander und hat eben auch Telefonnummern von anderen", so Angelika im "Heute"-Talk. Im Gespräch mit ihrem Ehemann (36) soll sich der Pensionist schließlich für sein Verhalten entschuldigt und gebeten haben, seiner Frau nichts davon zu erzählen.

Angelika hatte zwischenzeitlich von anderen Anrainern gehört, dass es bereits in der Vergangenheit zu ähnlichen Übergriffen gekommen sein soll. Also beschloss sie, die Sache nicht einfach auf sich beruhen zu lassen und zeigte den 79-Jährigen wegen sexueller Belästigung an.

Staatsanwaltschaft stellt Verfahren gegen Mann (79) ein

Zu ihrem Entsetzen bekam sie allerdings wenige Wochen später einen Brief von der Staatsanwaltschaft Wien. Darin stand, dass das Verfahren gegen den Mann eingestellt wird. Der Grund: "Ein Kuss auf den Mund ist keine der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperteile, daher ist der Tatbestand nicht erfüllt."

Die vierfache Mutter steht nach wie vor unter Schock, die Entscheidung der Staatsanwaltschaft versteht sie überhaupt nicht. "Wenn solche Übergriffe nicht geahndet werden, werden solche Männer immer Frauen belästigen und straffrei davonkommen", ärgert sie sich.

Der Herr ist hier allgegenwärtig, spielt sich auf wie ein selbsternannter Gemeindebau-Sheriff.
Angelika (30)

Das Leben ist für sie seit dem Tag nicht mehr dasselbe. "Der Herr ist hier allgegenwärtig, spielt sich auf wie ein selbsternannter Gemeindebau-Sheriff, fährt mit seinem Moped durch die Anlage. Man trifft ihn eben ständig in der Umgebung an", berichtet Angelika. Sie und ihr Mann sind nun ständig auf der Hut, denn die Angst vor weiteren Übergriffen ist allgegenwärtig.

Anwalt Michael Rami
Anwalt Michael Rami
zVg

Anwalt erklärt: "Kuss ist keine sexuelle Belästigung im Strafgesetzbuch"

Star-Anwalt Michael Rami erklärt gegenüber "Heute", dass ein Kuss tatsächlich noch keine sexuelle Belästigung im Sinne des Strafgesetzbuches ist. Trotzdem ist das Verhalten rechtswidrig. "Das bedeutet, dass das Opfer sich zivilrechtlich mit einer Klage auf Unterlassung zukünftiger Belästigungen wehren könnte", so Rami abschließend.

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    Auf den Punkt gebracht

    • Eine schwangere Frau aus Wien wurde von einem 79-jährigen Nachbarn in ihrem Gemeindebau sexuell belästigt, als sie ihn um Nägel bat
    • Obwohl sie ihn anzeigte, wurde das Verfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt, da ein Kuss auf den Mund nicht als sexuelle Belästigung angesehen wurde
    • Die Frau ist schockiert und besorgt, da sie befürchtet, dass der Mann weiterhin ungestraft Frauen belästigen wird
    zdz
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