Die Rede im Wortlaut
"Traut es sich zu" – VdB gibt Auftrag an FPÖ-Chef Kickl
Bundespräsident Alexander Van der Bellen gab den Regierungsbildungsauftrag nun FPÖ-Chef Herbert Kickl. "Heute" hat die ganze Rede.
Österreich im Polit-Chaos: Nach einem turbulentem Wochenende, in dem nicht nur die Austro-Ampel scheiterte, sondern alle bislang laufenden Regierungsgespräche abbrachen und auch Bundeskanzler Karl Nehammer zurücktrat, legte Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Montag den Weg, den die Politik gehen sollte.
Um 11.00 Uhr war FPÖ-Chef Herbert Kickl in die Hofburg geladen, um mit dem Staatsoberhaupt die "neue Situation" zu besprechen. Ein Statement gab es nicht, der Freiheitliche betonte im Anschluss an den Termin nur, dass die Entscheidung jetzt bei Van der Bellen liege.
Das Staatsoberhaupt trat um 13.15 Uhr vor die Öffentlichkeit und wandte sich ans Volk. Hier die ganze Rede im Wortlaut:
Das sagte Van der Bellen:
"Guten Tag, meine Damen und Herren. Danke, dass Sie sich wieder die Zeit genommen haben und sich für unsere Demokratie interessieren. Eine der wichtigsten verfassungsmäßigen Aufgaben des Österreichischen Bundespräsidenten ist es, dafür zu sorgen, dass unser Land eine arbeitsfähige Bundesregierung hat."
"Als Voraussetzung für erfolgreiche Arbeit muss diese Regierung robust sein. Sie benötigt also verlässlich mehr als 50 Prozent der Mandate im Nationalrat. Wie findet sich nun eine solche Mehrheit? Das herauszufinden ist meine Aufgabe. Dabei kann ich, was die Zusammensetzung dieser Mehrheit betrifft, Wünsche und Vorstellungen haben."
"Aber der Respekt vor dem Wählervotum gebietet es, dass der Bundespräsident die Mehrheit achtet, die sich im Nationalrat findet oder eben nicht findet. Das ist der beruhigend klare Kern unserer Demokratie. Festgelegt in der Österreichischen Bundesverfassung."
Bundespräsident Van der Bellen trifft FPÖ-Chef Kickl
"Meine Damen und Herren, Sie haben selbst miterlebt, welche Möglichkeiten sich nach der Wahl im September eröffnet oder eben nicht eröffnet haben. Für eine Mehrheit im Nationalrat müssen – angesichts des Wahlergebnisses – zwei der drei größeren Parteien kooperieren. Eine Zusammenarbeit der ÖVP und SPÖ mit der FPÖ unter Herbert Kickl wurde aber von den damals Verantwortlichen grundsätzlich und kategorisch ausgeschlossen."
"Auch nach weiteren, von mir geforderten Gesprächen blieben Karl Nehammer und Andreas Babler dabei, dass sie nicht mit der FPÖ unter Herbert Kickl koalieren würden. Herr Nehammer hat daraufhin versucht, mit der SPÖ und den NEOS eine Dreierkoalition zu bilden. Alle drei Parteichefs haben in Gesprächen mit mir ihren klaren Willen artikuliert, zu gemeinsamen Ergebnissen und zu einem tragfähigen Regierungsprogramm zu kommen."
"Diese Verhandlungen sind jedoch gescheitert. Herr Nehammer ist zurückgetreten und hat den Regierungsbildungsauftrag zurückgegeben. Und wie wir alle miterlebt haben, hat die ÖVP ihr kategorisches "Nein" zu einer Koalition unter der Führung von Herrn Kickl aufgegeben. Der neu bestimmte ÖVP-Obmann Christian Stocker hat gestern bereits öffentlich mitgeteilt, dass die ÖVP nunmehr für Regierungsverhandlungen mit der FPÖ bereitsteht. Das ist die neue Situation."
"Aber es ist noch immer meine verfassungsmäßige Pflicht, die Chance auf eine Regierung mit über 50 Prozent Mehrheit im Nationalrat auszuloten. Aus diesem Grund habe ich den Parteichef der FPÖ, Herbert Kickl, heute in die Hofburg gebeten, um mit ihm die neue Situation zu besprechen."
"Wir haben verschiedene Inhalte und Optionen angesprochen und diskutiert. Auch angesichts der aktuellen Lage, in der Österreich sich befindet: Das wirtschaftliche Umfeld ist schwierig. Österreich ist in einer anhaltenden Rezession. Die Arbeitslosigkeit steigt. Unser Staatshaushalt, unser Budget muss saniert werden. Nicht alle Maßnahmen werden populär sein, aber sie werden umgesetzt werden müssen. Und nicht zu vergessen die geopolitische Bedrohungslage, der wir ausgesetzt sind, insbesondere durch den Angriffskrieg Russlands. Die konstruktive Stärkung der europäischen Zusammenarbeit in der Union, auch im Interesse der österreichischen Industrie und Exportwirtschaft. Und die Freiheit der Medien."
"Herr Kickl traut sich zu, hier im Rahmen von Regierungsverhandlungen tragfähige Lösungen zu finden – und er will diese Verantwortung. Ich habe ihn das explizit gefragt. Ich habe ihn daher beauftragt, dass er Gespräche mit der ÖVP zur Bildung einer Bundesregierung aufnimmt."
"Herbert Kickl wird mir laufend über den Fortschritt der Gespräche berichten. Meine Damen und Herren, ich habe mir diesen Schritt nicht leicht gemacht. Ich werde auch weiterhin darauf achten, dass die Prinzipien und Regeln unserer Verfassung korrekt beachtet und eingehalten werden. Und wie immer werde ich Sie informieren, wenn es etwas Neues gibt. Vielen Dank."
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Auf den Punkt gebracht
- Nach einem turbulenten Wochenende in Österreich, in dem die bisherigen Regierungsgespräche scheiterten und Bundeskanzler Karl Nehammer zurücktrat, hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen FPÖ-Chef Herbert Kickl den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt.
- Van der Bellen betonte die Notwendigkeit einer stabilen Regierung und erklärte, dass Kickl nun Gespräche mit der ÖVP führen werde, um eine mehrheitsfähige Regierung zu bilden.