Kehrtwende
Neuer ÖVP-Chef will mit FPÖ-Kickl verhandeln
Die ÖVP hat am Sonntag Christian Stocker zum vorübergehenden Parteichef bestellt. Was Nehammers Nachfolger nun zum weiteren Vorgehen sagt.
In einer mehrstündigen Krisensitzung der Parteigranden hat sich die ÖVP am Sonntag darauf verständigt, dass vorerst der bisherige Generalsekretär Christian Stocker die Führung der ÖVP übernimmt. Vorübergehend – bis man sich auf einen tatsächlichen Nachfolger für Karl Nehammer, der am Samstagabend seinen Rücktritt als ÖVP-Chef und Bundeskanzler angekündigt hat, festlegt.
Stocker wurde vom ÖVP-Bundesparteivorstand einstimmig zum "geschäftsführenden Bundesparteiobmann" bestellt.
Der 64-jährige Rechtsanwalt aus Wiener Neustadt ist ein ÖVP-Urgestein. Im Nationalrat sitzt er erst seit 2019, seit September 2022 war er ÖVP-Generalsekretär. Stocker ist ein Mann der scharfen Worte – insbesondere schoss er wiederholt gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl.
Kickl-Gegner
Ein freundliches Signal in Richtung des blauen Frontmanns ist die Bestellung Stockers jedenfalls nicht. Erst im Dezember hatte Stocker im Nationalrat gewettert: "Herr Kickl, es will Sie niemand in diesem Haus. Auch in dieser Republik braucht Sie keiner."
Und gleich nach dem NEOS-Ausstieg aus den Koalitionsverhandlungen machte er in einer Aussendung die SPÖ verantwortlich für das Scheitern der Ampel-Gespräche.
Am Sonntagnachmittag trat Stocker in seiner neuen Funktion als Interims-Parteichef in der ÖVP-Zentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse vor die Presse. Knapp nachdem Bundespräsident Alexander Van der Bellen verkündet hatte, am Montag mit FPÖ-Chef Kickl zu sprechen.
"Es ist mir eine Ehre"
"Ein sehr ereignisreicher Tag – auch für mich", startete Stocker sein Statement. "Es ist mir eine große Ehre und auch eine Freude, dass ich zum Bundesparteivorstand bestellt wurde." Mit großer Demut werde er die Aufgabe erfüllen.
Er begrüße die Entscheidung Van der Bellens ausdrücklich, am Montag den Obmann der stimmenstärksten Partei, der FPÖ, in der Hofburg zu begrüßen. Diesem den Regierungsbildungsauftrag zu erteilen, habe er stets für richtig gehalten.
Kehrtwende
"Sollten wir zu den Gesprächen eingeladen werden, nehmen wir diese Einladung an." Dazu sei er auch vom Parteivorstand ermächtigt, leitete Stocker die ÖVP-Kehrtwende in Sachen Koalitionsverhandlungen ein. Ja, er habe Kickl stets kritisiert, nimmt Stocker auf seine immer sehr harten Worte über die Person und den politischen Kurs Kickls Bezug – "aber jetzt geht es nicht um Herbert Kickl und nicht um mich." Die Situation habe sich, wie es auch der Bundespräsident gesagt habe, verändert. Und es gehe um Verantwortung für das Land.
Diese aktuellen Storys solltest du heute lesen
Derzeit im Fokus der Userinnen und User von Heute.at im Ressort "Nachrichten" ist die aktuell meistgelesene Story "". Ist dir etwas aufgefallen oder hast du einen Input für uns, dann schreib uns ein Mail.
Auf den Punkt gebracht
- Die ÖVP hat Christian Stocker zum vorübergehenden Parteichef ernannt, nachdem Karl Nehammer seinen Rücktritt angekündigt hat.
- Stocker, ein erfahrener Rechtsanwalt und bisheriger Generalsekretär, ist bekannt für seine scharfen Worte und hat bereits die SPÖ für das Scheitern der Ampel-Gespräche verantwortlich gemacht.