Wenig Geld, viel Arbeit

"Lage sehr dramatisch" – tausende Pflegekräfte fehlen

Obwohl der Pflegebedarf steigt, wollen immer weniger Menschen, vor allem Frauen, in der 24-Stunden-Pflege arbeiten. Die Lage ist "sehr dramatisch".

Österreich Heute
"Lage sehr dramatisch" – tausende Pflegekräfte fehlen
Schlechte Bezahlung, zu viel Stress - immer mehr hängen den Pflegeberuf an den Nagel.
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Rund 8.000 Pflegekräfte sind in den vergangenen fünf Jahren abgewandert, die Zahl der Betreuerinnen, die zumeist aus Osteuropa kommen, nimmt stark ab. Die 24-Stunden-Hilfe sei in ernster Gefahr, warnen Fachleute. Es fehle an Geld.

"Es ist sehr dramatisch"

"Wenn Menschen, die eine 24-Stunden-Pflege in Anspruch nehmen, nicht mehr versorgt werden können, dann stellt sich Frage, wo können sie gepflegt und betreut werden. In Pflegeheimen haben wir aufgrund des Personalmangels Wartelisten, in vielen Regionen ist das wirklich schwierig", schlägt Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des "Hilfswerk Österreich", im Ö1-"Morgenjournal" Alarm.

Und weiter: "Auch in den mobilen Diensten, in der Heimhilfe, ist es tatsächlich so, dass wir Wartelisten haben. Wir können nicht garantieren, dass wir die Versorgungsleistung aufnehmen können, die anfallen würde, wenn 24-Stunden-Hilfe entfällt. Es ist sehr dramatisch".

Rund 60.000 24-Stunden-Betreuungspersonen kümmern sich derzeit um rund 40.000 Betroffene – gerade ausreichend, doch wohl nicht mehr lange. Viele Betreuerinnen wandern in die Schweiz, Dänemark oder nach Deutschland aus, weil sie dort besser bezahlt werden.

Förderung erhöhen und an Inflation anpassen

Der Großteil der 24-Stunden-Betreuungspersonen kommt aus der Slowakei oder Rumänen, und verdient rund 100 Euro pro Tag – da sind Verpflegung und Fahrtkosten oft inklusive. "Das war immer schon wenig, reich sind wir damit nicht geworden. Durch die jetzigen Teuerungen ist es so extrem geworden, dass wir schon ins Minus gehen und gezwungen sind, Österreich zu verlassen", erklärt Bibiana Kudziova, Fachgruppensprecherin für Personenbetreuer bei der Wirtschaftskammer Wien.

Die Pflegepakete der Regierung hätten nur wenig gebracht, so die Kritik. Eine Wertanpassung der Förderungen, zumeist noch auf dem Stand des Jahres 2022, wäre höchste Zeit.

"Wir können diese Förderung nicht einfach der Inflation überlassen, wir müssen substantiell erhöhen. Menschen, die zu Hause pflegen und betreuen, ersparen der Allgemeinheit viel Geld, wir dürfen sie nicht hängen lassen", nimmt Anselm die Politik in die Pflicht. Sie fordert eine Anhebung der Förderung von derzeit 800 auf 1.500 Euro monatlich.

Sonst wäre es nicht möglich, den Betreuern langfristig keine fairen Honorare zu zahlen und die Qualitätssicherung sicherzustellen. "Das wird der Hebel sein, um die 24-Stunden-Betreuung attraktiver zu machen, auch für Betreuer, die aus dem Ausland zu uns kommen."

"Das alles Entscheidende ist das Personal. Egal ob 24-Stunden-Betreuer und -Betreuerinnen, Heimhilfen, Mitarbeiter in Pflegeassistenzberufen oder Therapeuten, die Arbeit muss massiv attraktiver gemacht und unterstützt werden - ohne Personal hilft auch das ganze Geld nichts", so Anselm abschließend.

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Auf den Punkt gebracht

  • Immer weniger Menschen, insbesondere Frauen, wollen in der 24-Stunden-Pflege arbeiten, was zu einem Mangel an Pflegekräften führt
  • Dies gefährdet die Versorgung von Pflegebedürftigen, da bereits Wartelisten in Pflegeheimen und mobilen Diensten bestehen
  • Die geringe Bezahlung der Betreuerinnen, vor allem aus Osteuropa, führt dazu, dass viele in andere Länder abwandern
  • Fachleute fordern daher eine Erhöhung der Förderung, um die Attraktivität der 24-Stunden-Betreuung zu steigern und die Qualitätssicherung zu gewährleisten
red
Akt.