Eineinhalb Jahre lang zitterte die Familie um das Leben von Tal Shoham (39). Der Österreicher wurde am 7. Oktober 2023 von Hamas-Terroristen gefangen. Die Schergen töteten an diesem Samstag mehr als 1.200 Menschen. Darunter auch Shohams Schwiegervater und weitere Verwandte. Seine Frau, seine beiden Kinder sowie seine Schwiegermutter und eine Tante wurden gekidnappt. Sie kamen zum Glück bald frei.
Seit Samstag, 505 Tage später, ist auch Shoham wieder frei. Es war ein "Deal mit dem Teufel", der ihn freikommen ließ. Hunderte Hamas-Terroristen musste der Staat Israel aus Gefängnissen freilassen, um sechs Geiseln freizubekommen.
Tals Vater, Gilad Korngold – auch er ist Österreicher und Israeli –, nahm sich zwei Tage nach der bewegenden Freilassung Zeit, um auch mit "Heute" zu sprechen. Es ist ein Zoom-Call aus dem Spital, in dem Tal Shoham noch einige Zeit bleiben wird müssen.
"Mein Sohn wurde mehr als 10 Monate unter der Erde festgehalten. Ohne Frischluft, ohne Sonnenlicht, ohne Vitamine. Er hatte keinen Raum, sich zu bewegen", erzählt ein sichtlich erleichterter Gilad Korngold. Die Monate zuvor war Tal Shoham Gefangener in einer Wohnung in Gaza.
Es ist kaum vorstellbar: "Tal hat 25 Kilo verloren. Täglich bekam er ein Pita-Brot (Anm.: ein kleines Fladenbrot) und zwei Löffel Käse zu essen – das war‘s!"
Jetzt wird er im Spital von Petah Tikvah behandelt. "Die ganze Familie ist jetzt hier, sie haben ein Zimmer bekommen. Endlich können Tal, seine Frau und die Kinder wieder zusammen sein." Die Kinder, das sind Sohn Naveh (8) und Tochter Yahel (3), die andauernd gefragt haben, "wann kommt Papa endlich wieder nach Hause?"
Großvater Korngold erzählt von den erleichternden und aufregenden vergangenen Tagen: "Eine Woche vor der Freilassung hörten wir die ersten Gerüchte, dass Tal freikommen soll. Stellen Sie sich vor, was das heißt für eine Familie, die seit 500 Tagen nichts über den Zustand ihres Sohnes erfahren hat. Die Kinder haben getanzt, mein Enkel ist in die Schule gerannt, um allen die Nachricht zu überbringen."
Großvater Korngold blieb hingegen zurückhaltend: "Ich kenne den Nahen Osten sehr gut. Bis ich ihn nicht sehen würde, konnte ich nicht glücklich sein."
„Er hat viel Gewicht verloren, aber er sah siegessicher aus“Gilad KorngoldVater der Ex-Geisel
Am Tag der Geiselübergabe wurden sie bei Sonnenaufgang von Armeefahrzeugen abgeholt. Schon da war die Stimmung ausgelassen. "Sie brachten uns in einen Armee-Stützpunkt. Die Kinder wurden in ein separates Zimmer gebracht, ohne TV. Wir wussten nicht, wie Tal aussehen wird, wir wollten nicht, dass die Kinder einen Schock bekommen."
Doch dann trat Tal neben seinen Kidnappern, den Hamas-Terroristen auf: "Er hat viel Gewicht verloren, aber er sah siegessicher aus. Er zeigte mit seinem Auftreten, wer hier der Boss ist, wer jetzt heim zu seiner Familie darf!"
Als Erstes wollte Tal Shoham nach 505 Tagen eine Dusche nehmen. Sein Vater sagt: "Um den Geruch von Gaza abzustreifen." Dann konnte er endlich seine Frau und die Kinder sehen.
Später auch seinen Vater: "Wir haben gelacht und geweint. Reden konnten wir gar nicht. Meine Frau sagte, sie war aufgeregter als zu seiner Geburt." Dann, als sie im Spital ankamen, wollte Tal endlich wieder Gemüse essen.
"Es ist ein Wunder. Nach so langer Zeit ist mein Sohn aus der Hölle zurückgekehrt!", sagt der Vater. Jetzt beginnt die lange Phase der Erholung. Niemand kann voraussagen, wie lange das dauern wird. Doch eines ist für Tal klar: Sein Leben beginnt jetzt wieder, doch er und seine Familie wollen weiterkämpfen, bis alle anderen Geiseln auch freikommen. 63 Familien zittern immer noch täglich um ihre Liebsten.
Zu Ende des Gesprächs will der Vater unbedingt auch Österreich danken – dafür nimmt er sich viel Zeit. Alle drei Wochen habe der damalige Kanzler Karl Nehammer angerufen, "er hat wirklich geholfen, sein Team hat alles gegeben", sagt Gilad Korngold. Dazu zählen auch der Top-Diplomat Peter Launsky-Tieffenthal, der in dieser Sache unentwegt auf allen Seiten verhandelt habe, sowie der österreichische Botschafter in Israel Nikolaus Lutterotti.
Zukunftspläne gibt es jetzt genau zwei für Tal Shoham, erzählt sein Vater: "Zunächst will er – nach der Genesung – monatelang einfach daheim verbringen, mit seiner Familie. Verlorene Zeit nachholen. Und dann wollen wir wirklich nach Österreich kommen – wir sind auch Österreicher!"