Die blau-schwarzen Koalitionsverhandlungen starten jetzt in ein intensives Finale. FPÖ-Chef Herbert Kickl und ÖVP-Obmann Christian Stocker drücken aufs Tempo. Nachdem die Mehrheit der 13 Untergruppen im Großen und Ganzen fertig sein dürfte, sollen die noch strittigen großen Punkte von Europapolitik bis Corona-Aufarbeitung in Vieraugengesprächen beziehungsweise in einer erweiterten Sechserrunde geklärt werden.
In der Sechserrunde, die sich auch am Dienstagnachmittag wieder treffen sollte, sitzen neben den Parteichefs für die FPÖ Kickls engster Vertrauter Reinhard Teufel und Klubdirektor Norbert Nemeth sowie auf ÖVP-Seite Parteimanager Alexander Pröll und Klubchef August Wöginger.
Im Finale stehen jetzt die Ministerien im Fokus – was Hand in Hand geht mit dem Erarbeiten von Lösungen bei bisherigen Konfliktthemen. So ist laut "Heute"-Informationen die ÖVP bereit, im Streit um den ORF das Feld zu räumen und den Blauen das Medienressort zu überlassen. Dieses ist ohnehin gesetzlich im Kanzleramt angesiedelt – und würde dann unter einem Kanzler Kickl dort bleiben. Als heißer Kandidat für den blauen Medienminister gilt FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker – er ist auch langjähriger Mediensprecher im Parlament.
Die Abschaffung der umstrittenen, unter ÖVP-Ministerin Susanne Raab eingeführten ORF-Haushaltsabgabe, ist eines von Kickls zentralen Wahlversprechen. FPÖ-Pläne sehen vor, dass die Abgabe 2026 zunächst um ein Drittel reduziert und 2027 dann komplett gestanzt wird. Die Blauen wollen dem ORF zudem ein knallhartes Sparpaket verpassen – analog etwa zu den Ministerien soll der Küniglberg-Sender, der ja auch in öffentlicher Hand ist, ebenfalls rund 15 Prozent seiner Kosten einsparen.
Für die ÖVP soll ein Top-Ministerium mit den Bereichen Wirtschaft, Arbeit und Energie geschaffen werden. Dem Vernehmen nach hat darauf besonders Wirtschaftskammerchef Harald Mahrer gedrängt. Die Energie würde also aus dem bisherigen Ressort der grünen Noch-Klimaministerin Leonore Gewessler herausgelöst. An der personellen Besetzung eines solchen künftigen Super-Wirtschaftsministeriums dürften die Schwarzen noch tüfteln.
Die Umweltagenden könnten Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig zugeschlagen werden. So bleibt ein klassisches Infrastrukturministerium für Straßen und Schienen übrig, das sehr blau leuchtet. Möglicher Kandidat: Ex-ÖBB-Manager Arnold Schiefer.
Nächster Minister-Hammer: Laut "Heute"-Informationen soll das Innenministerium in schwarzer Hand bleiben – und das wolle Christian Stocker selbst übernehmen, lässt ein hochrangiger Parteistratege anklingen. Das Innenressort zusätzlich zum Vizekanzler-Amt und den Verpflichtungen als ÖVP-Chef zu stemmen, wäre eine Mammut-Aufgabe für Stocker.
Die Verhandlungen sind jetzt jedenfalls eng getaktet. Jene Untergruppen, die noch nicht "fertig" sind, tagen bis mindestens Mittwoch. Dienstag stand etwa die Wirtschafts-Gruppe an – hier geht es unter anderem um "Leistungsanreize" – wie den ÖVP-Vorschlag für eine 20-Prozent-Pauschalsteuer auf Zuverdienste in der Pension. Das dürfte akkordiert sein, müsse nur noch durchgerechnet werden, ist zu hören.
Offene Fragen gibt es auch noch in der Gruppe "Steuern und Finanzen". Die saß am Montag bis in den Abend zusammen. Inhaltlich gehört hier auch das umstrittene Thema Bankenabgabe hinein – die FPÖ fordert ja einen Beitrag der Kreditinstitute zur Budgetkonsolidierung. Die ÖVP stemmt sich gegen eine "Zwangsabgabe" für Banken, plädiert für einen von den Geldinstituten (freiwillig) dotierten Fonds zur Finanzierung von Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft. "Heute"-Informationen zufolge wurde das Thema Bankensteuer aber auch am Montag nicht konkret besprochen – auch das ist wohl ein Fall für die Parteichefs Kickl und Stocker.
In der Finanzgruppe steht aber auch ohne das Thema Bankensteuer ein weiteres Treffen zur Finalisierung an. Und am Mittwoch tagen noch die Gruppen Landwirtschaft sowie Soziales.
Parallel finden die Gespräche der Parteispitzen statt. Dass ein blau-schwarzer Regierungspakt bis Ende der Woche unter Dach und Fach ist, glauben Verhandlungs-Insider nicht. Gut möglich aber, dass Kickl und Stocker schon gegen Wochenmitte eine grundsätzliche Einigung verkünden – und die Details erst im Anschluss in Form gebracht werden.