Als größter Zankapfel entpuppte sich das skandierte Aus des sogenannten Dieselprivilegs. Während die Öko-Partei im Punkt "Abschaffung klimaschädlicher Subventionen" auch die Steuervergünstigung für den Dieselkraftstoff angezählt sieht, will die Volkspartei so knapp vor der Wahl nichts davon wissen.
Wie Gewessler darauf komme, dass das Dieselprivileg abgeschafft wird, "ist mir ein Rätsel", polterte VP-General Christian Stocker in seiner Replik, sprach von "Leonore im Wunderland". Jetzt werde erst mal eine Arbeitsgruppe, die AG Kontraproduktive, im Finanzministerium eingesetzt.
"Heiße Luft", "Todesstoß"
Generell gesprochen enthält der NEKP auf seinen 345 Seiten kaum konkrete Maßnahmen, sondern Zielvorgaben für die Erreichung einer Treibhausgasreduktion um 48 Prozent gegenüber 2022. Mit der Übermittlung an die EU-Kommission sind zumindest die Vorgaben aus Brüssel erfüllt.
Wie es innerhalb Österreich weitergeht, ist noch völlig ungewiss. Die gesetzliche Ausgestaltung und Umsetzung fällt ohnehin in die Kompetenz der nächsten Regierung. Die politischen Reaktionen der Opposition auf den Klimaplan reichten jedenfalls von "nur heißer Luft" bis hin zu "Todesstoß für die heimische Wirtschaft".
Doch was kommt nun wirklich? Zu was verpflichtet uns der NEKP? Im "Ö1 Morgenjournal" am Mittwoch ordnet Klimaexperte Daniel Huppmann vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien die Sachlage ein.
Klimaplan: Der Teufel liegt im Detail
Er selbst sei jedenfalls überrascht gewesen, dass es die zerstrittene Regierung doch noch vor der Wahl geschafft hat, den verpflichtenden Klimaplan vorzulegen. Eigentlich zu spät, "das ist bedauerlich, aber gut, dass sie es noch vor der Wahl gemacht haben. Weil sonst wäre das sicher noch viele Monate liegen geblieben."
Dieser schaffe nun Klarheit, wie das Ziel, Klimaneutralität bis 2040, erreicht werden kann: "Die Regierungsverhandlungen im Oktober werden dann gegen diesen vorliegenden Plan evaluiert werden müssen."
Rein rechnerisch wäre das angepeilte Ziel mit den genannten Maßnahmen jedenfalls erreichbar. Der Teufel liegt aber auch hier im Detail. Huppmann: "Wenn Maßnahmen zur Emissionsreduzierung einberechnet, aber nicht umgesetzt werden – wie zum Beispiel die Abschaffung oder Kürzung des Dieselprivilegs –, dann wird man an anderen Schrauben drehen müssen."
Kann eine neue Regierung den NEKP noch ändern?
Das ist politisch heikles Terrain. Könnte eine nächste Regierung unangenehme NEKP-Aspekte einfach wieder umschreiben? Nein, sagt Huppmann: Änderungen am Klimaplan selber gingen nicht mehr. "Der wird jetzt so an die Kommission geschickt."
Dieser Plan sei aber eigentlich nur eine Sammlung von Überschriften und Gesetzen, die schon umgesetzt wurden, in Kombination mit Simulationsrechnungen. Die genannten Detailmaßnahmen im NEKP sind auch nicht rechtlich bindend.
Die große Frage ist also, wie und was die nächste Bundesregierung daraus dann umsetzen wird. Der IIASA-Experte mahnt aber: An die EU-Klimaziele muss sich auch Österreich halten. Verpflichtend müssen also bis 2030 die Emissionen halbiert werden.
Zur Person
Dr. Daniel Huppmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien. Er war einer der Autoren des 2018er "Sonderberichts 1,5°C globale Erwärmung" des Weltklimarats (IPCC). In seiner Forschung beschäftigt er sich mit modell-basierten Transformationspfaden zur Erreichung der Ziele des Pariser Übereinkommens. Insbesondere arbeitet er an Open-Source-Tools zur Analyse und Visualisierung von Szenario-Ensembles.
Eine künftige Regierung werde, so sie denn Maßnahmen weglässt, erklären müssen, was sie stattdessen tue, um das vorgegebene Ziel zu erreichen, betont Huppmann: "Der Nationale Energie- und Klimaplan kann hier als Richtschnur und als Benchmark dienen, gegen die alternative Maßnahmen evaluiert werden können."
Was passiert, wenn die nächste Regierung auf die Klimaziele pfeift?
Es werden Strafzahlungen fällig, oder Österreich muss Emissionszertifikate anderer EU-Länder zukaufen. Eine budgetäre Lose-Lose-Situation. "Es macht viel mehr Sinn, diese Milliarden von Euro in Österreich für den Klimaschutz, für Anpassung zu investieren, anstatt das dann in fünf Jahren an andere Länder zu überweisen."
Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt mit internationaler Tragweite. Österreich, als eines der höchst entwickelten und reichsten Länder der Welt, hat Vorbildwirkung.
Sollte unsere Alpenrepublik nicht in der Lage oder Willens sein, den im Pariser Übereinkommen beschlossenen Klimaschutz-Verpflichtungen nachzukommen, werden sich andere, wirtschaftlich schwächere Länder wohl eine Frage stellen: Wieso sollten wir uns bemühen, wenn nicht einmal die reichen Österreicher das tun?
"Insofern haben wir eine internationale Verantwortung. Und der sollten wir auch gerecht werden", schließt Klimaforscher Huppmann.
Regierungschaos um NEKP
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