Lange musste die Republik auf ein Machtwort des Bundespräsidenten warten, am Dienstag zur Mittagszeit richtete sich Alexander Van der Bellen an die Nation – und an den Kanzler. Bei der Vergabe des Regierungsauftrags übersprang das Staatsoberhaupt Wahlsieger Herbert Kickl (FPÖ), mit dem offenbar keine der Parlaments-Parteien eine Koalition bilden will und gab dem ersten "Wahlverlierer" Karl Nehammer den Zuschlag – sehr zum Missfallen der FPÖ, mehr dazu hier.
Im Rathaus-Büro des roten Wiener Bürgermeisters wurde die Entscheidung aus der Hofburg indes wohlwollend aufgenommen: "Ich begrüße den Regierungsbildungsauftrag von Bundespräsident Van der Bellen an Karl Nehammer, damit er mit der SPÖ in Verhandlungen tritt", twitterte Ludwigs Team am Nachmittag auf X. Es brauche rasch eine neue Bundesregierung, um Gesundheit und Wirtschaft zu stärken, leistbares Wohnen zu sichern und Klimaschutz auszubauen, so der mächtige Wiener SPÖ-Grande.
Auch der Bundeschef der Sozialdemokraten, Andreas Babler, bezog Stellung: In einem schriftlichen Statement erklärte er "offen für konstruktive Gespräche mit Karl Nehammer und der ÖVP" zu sein. Eine Koalition mit roter Beteiligung werde es aber nur geben, "wenn wir gemeinsam Lösungen für die großen Herausforderungen finden, vor denen Österreich steht", so Babler.
Der Noch- und wohl auch Bald-Wieder-Bundeskanzler Karl Nehammer soll nun rasch in Sondierungsgespräche mit der SPÖ treten. Nehammer erklärte in einer ersten Reaktion am Dienstag, dass es einen dritten im Bunde – Neos oder Grüne – benötigen werde. Die parlamentarische Mehrheit von ÖVP und SPÖ ist nämlich mit nur einem Mandat denkbar knapp und wohl zu instabil.