Thomas Hofer im ORF
Schilling der "Super-GAU" – Polit-Experte zerlegt Grüne
Das Ansehen der EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling ist durch den Skandal schwer beschädigt. Die Grünen verstümmeln sich mit ihrer Vereidigung selbst.
Die nächste Bombe im Schilling-Skandal ist geplatzt. Die frühere Klima-Aktivistin soll in Chats und Gesprächen nicht nur erklärt haben, dass sie "niemanden so sehr gehasst" habe wie die Grünen. Zudem solle sie laut anonymen Quellen, die gegenüber dem "Standard" auspackten, laut überlegt haben, nach ihrer Wahl zur Links-Fraktion im EU-Parlament überzulaufen. "Heute" berichtete ausführlich.
Politberater Thomas Hofer sprach Dienstagnacht in der ZIB2 von einem zweiten "Super-GAU" innerhalb weniger Wochen für Schilling und auch die Grünen. Dieser wäre nicht nur für den laufenden EU-Wahlkampf eine Katastrophe sondern werde voraussichtlich auch auf den folgenden Nationalratswahlkampf "schädlich und toxisch" nachwirken.
Dabei habe Schilling zu Beginn noch als perfekte Kandidatin gegolten, hätte den grünen Wahlkampf beflügelt und einen kräftigen Schub verpasst. "Mittlerweile ist es eine Schubumkehr", kritisiert der Experte. Mit Einblick in eine noch nicht veröffentlichte Umfrage sagte er, dass die Grünen nun weitere Prozentpunkte verlieren würden.
Der hinterlassene Eindruck in der Öffentlichkeit wird die Grünen noch einmal beschädigen. Und auch das Krisenmanagement der Partei sei gelinde gesagt suboptimal verlaufen bisher. Bis zum Urnengang am 9. Juni sei es kaum noch möglich, das schiefe Bild von Lena Schilling wieder geradezurücken.
"Das was hängen bleibt, sind die Zitate"
Die Causa sei durch die gegenseitigen Beschuldigungen und Lügen-Bezichtigungen verwirrend für die Bürger. Doch Hofer weiß: "Das was hängen bleibt, sind die Zitate". Das sei auch schon beim Chat-Skandal um Thomas Schmid ("Wer zahlt, schafft an. Ich liebe das"; "Kriegst eh alles was du willst") und der ÖVP so gewesen. Und selbst wenn alle schädlichen Aussagen zu Lena Schilling widerlegt werden könnten, die negativen Emotionen würden weiter nachschwingen.
Die Verteidigungslinie der Jungpolitikerin bleibt derweil weiter, dass hier Vorfälle aus ihrem Privatleben unsittlich an die Öffentlichkeit gezerrt würden. Sie spricht mittlerweile von einem "Tabubruch". Polit-Kenner Hofer kontert: "Es war schon in der ersten Welle vor zwei Wochen so, dass es über den privaten Bereich hinausgegangen ist". Die Gerüchte hätten anderen Menschen den Job kosten können. "Das ist nicht nichts, sondern schon eine andere Qualität."
Grüne agierten wie Rechtspartei
Scharfe Kritik übt er am Krisenmanagement der Partei. Die mittlerweile berüchtigten Pressekonferenz samt Kogler-Gepolter über "anonymes Gemurkse und Gefurze" – mittlerweile hat er sich für diesen "unintelligenten" Sager entschuldigt – sei ein schwerer Fehler gewesen.
"Krisenmanagement kann ich nicht durch pure Emotion führen lassen", sagt Hofer. Es sei damit nicht gelungen, Schaden von der Partei – und das sei langfristig von höchster Wichtigkeit – abzuwenden. Die grüne Stammwählerschaft reagiere da anders als etwa jene der FPÖ: "Da ist ein Schaden an der grünen DNA da. In Wahrheit hat man wie eine Partei reichts der Mitte reagiert, so wie man das immer kritisiert hat".
"Versemmelt"
Die erste Pflicht der Partei hätte es sein müssen, die eigene Kandidatin zu durchleuchten. Und selbst als die ersten Anfragen des "Standard" zur Causa im Grünen-Umfeld aufschlugen, sei nicht oder falsch reagiert worden: "Man hatte die Zeit, sich vorzubereiten auf den GAU und hat das dann so versemmelt".
Auch in der Funktionärsschicht könnte es bald rumoren. Dort habe es aufgrund der ÖVP-Koalition schon Spannungen gegeben. "Wenn die Eindämmung nicht gelingt, kann das weitergehen in den Nationalratswahlkampf", warnt der Experte abschließend.
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