Vollelektrisch in den Urlaub
Renault Scenic – Familien-Klassiker begeistert im Test
Renaul hat seinen Van-Klassiker Scenic grundlegend verändert. Unter der Motorhaube schlummert nun ein Elektromotor, der vielversprechend klingt.
Seit den 1990er Jahren baut Renault Autos für die ganze Familie. Der Espace läutete die Ära ein, der Scenic führte sie als kompakter Van fort. Nun haben die Franzosen beschlossen, den neuen kompakten Familien-Klassiker rein elektrisch anzutreiben. Ob das eine gute Idee war?
Der neue Renault Scenic E-Tech Electric verspricht immerhin eine Reichweite von 625 Kilometer. Kann der elektrische Minivan aus Frankreich wirklich mit geringem Stromverbrauch und hoher Qualität punkten? "Heute" hat den Familien-Klassiker für euch getestet.
Harte Schale, weicher Kern
Von außen zeigt sich der Scenic von seiner sportlich-eleganten Seite. Ein grimmiger Blick, klare Linien und versenkbare Türgriffe: Der Mini-Van ist optisch extrem modern geworden. Von der Seite erinnert er uns ein bisschen an einen geschrumpfte Kia EV9, das ist aber nicht weiter schlimm – ganz im Gegenteil. Noch nie war ein vermeintlich langweilige Familien-Kutsche so fesch wie der neue Scenic.
Der überaus moderne und hochwertige Eindruck geht im Innenraum weiter. Die verwendeten Materialien sind nicht nur vegan, sondern fühlen sich auch hochwertig an und sind ordentlich verbaut. Wie schon der größere Bruder Espace, versprüht auch der Scenic ein Premium-Gefühl. Ergonomisch gibt es nichts zu meckern, genauso wie bei der logischen Bedienung. Die Mittelkonsole schwebt regelrecht im Raum und bietet enorm viele Ablagefächer.
Sitzeinstellung lässt einen einzigen Wunsch offen
Was nicht so ideal ist: Der Fahrersitz lässt sich zwar in der Höhe verstellen, allerdings nur als ganze Sitzfläche. In Kombination mit dem freien Raum in der Mitte findet man ab 1,80 Meter Körpergröße keine ideale Position für das rechte Bein. Dieses kann man nämlich nirgends mehr ablegen. Entweder konstruiert Renault den Sitz so um, dass er nur auf der vorderen Sitzfläche nach oben verstellt werden kann, oder die Franzosen spendieren dem Auto eine verlängerbare Sitzfläche. Dann kann der Fahrer seinen Oberschenkel gut abstützen.
Sonst gibt es in dem Innenraum des Scenic wenig auszusetzen. Viel Platz, gute Verarbeitung und ein elektrisch dimmbares Glasdach: Das können selbst manche Premiumhersteller für deutlich mehr Geld nicht. Renault-typisch gibt es natürlich integrierte Google Maps zum Navigieren. Der Kofferraum fasst zudem stolze 545 Liter Volumen.
625 Kilometer Reichweite bleiben ein Wunsch
Unter der Motorhaube steckt nun eine 87 kWh große Batterie mit 218 PS und einer Reichweite (nach WLTP) von 625 Kilometern. Im "Heute"-Test waren es bei kühlen Temperaturen eher 420 Kilometer. Das ist ein ordentlicher Wert in der Elektrowelt. Die maximale Ladeleistung von 150 kW haben wir im kalten November aber leider nicht abrufen können. Hier waren nur maximal 60 kW möglich. Das dürfte jedoch auf die Temperaturen zurückzuführen sein. Unter idealen Verhältnissen dauert der Ladevorgang von 10 auf 80 Prozent in 37 Minuten. Ist kein Top-Wert mehr, aber geht in Ordnung.
Von 0 auf Tempo 100 geht der Minivan in 7,9 Sekunden, bei 170 wird elektronisch abgeriegelt. Praktisch: Über die Schaltwippen am Lenkrad lässt sie die Rekuperation auf Knopfdruck direkt einstellen. Das sollt ein jedem Elektroauto so schnell und einfach funktionieren.
Trotz großer 20-Zoll-Aluräder bietet der Renault Scenic noch genügend Komfort für die Insassen. Er ist aber nicht der typische Franzose, butterweich und indirekt, ganz im Gegenteil: Das Fahrwerk ist ein gelungener Spagat zwischen Komfort und Sportlichkeit. Man könnte es fast schon als "BMW-artig" bezeichnen, und das meinen wir im positiven Sinne.
Elektrischer Familien-Bomber zum fairen Preis
Der neue Renault Scenic ist ein gelungenes Auto für die ganze Familie. Er ist nicht nur zu 90 Prozent recyclebar, sondern bietet mit seinem Elektroantrieb auch genügend Reichweite für den täglichen Einsatz. Zudem punktet der Franzose mit einer guten Verarbeitungsqualität im Innenraum. Größter Kritikpunkt gilt den Einstellungsmöglichkeiten des Fahrersitzes. Sonst kann man dem Fahrzeug wenig schlechtes nachsagen.
Die Preise für die 170 PS Variante starten bei 36.490 Euro (nach Abzug der E-Prämie). Für die getestete Long-Range-Variante mit 218 PS werden mindestens 43.490 Euro fällig. In Anbetracht der direkten Konkurrenz aus Asien oder Deutschland also kein überteuerter Preis.
Auf den Punkt gebracht
- Der neue Renault Scenic E-Tech Electric beeindruckt mit einer modernen Optik, hochwertigen Materialien und einer versprochenen Reichweite von 625 Kilometern, die im Test jedoch nur 420 Kilometer erreichte.
- Trotz kleinerer Kritikpunkte, wie den begrenzten Einstellungsmöglichkeiten der vorderen Sitze, bietet der elektrische Minivan eine gute Verarbeitungsqualität und ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis.