Spritsäufer oder Eco-Ass?
Weg von Taxi-Image! Der Toyota Prius überrascht alle
Der neue Toyota Prius ist kein langweiliges Auto mehr, in dem meist Taxler sitzen. Die Japaner haben mit dem Modell ein Designer-Stück gezaubert.
Die meisten von uns werden den Toyota Prius von der Rücksitzbank kennen. Meist bringen einen nette Taxi-Chauffeure mit dem Hybrid-Modell nach einer langen Partynacht sicher nach Hause. Viele Erinnerungen an die Fahrt bleiben da nicht übrig. Emotionen? Fehlanzeige. Das dürfte sich mit dem neuen Modell der Japaner aber drastisch ändern. Während die bisherigen Prius-Modelle, vorsichtig ausgedrückt, "Geschmackssache" waren und so aussahen...
... beweist das neue Modell, dass Hybrid-Fahren auch cool sein kann. Und wie auch noch!
Design überzeugt auf voller Linie
Der neue Prius hat mit seinen Vorgängern optisch gesehen nämlich nichts mehr zu tun. Und das ist auch gut so: eine aerodynamische Front, spitze Kanten, eine flach verlaufende Frontscheibe und die Coupé-Form machen den Sprit-Sparer zu einem richtigen Hingucker im Straßenbild.
Das bestätigten uns auch die spontanen Reaktionen anderer Autofahrer. Im "Heute"-Test konnten wir beobachten, wie Passanten den senf-gelben Toyota spontan fotografierten. Während roter Ampel-Phasen gab es zudem gleich mehrere Male einen Daumen nach oben in Richtung des Autos. Ein anderer Prius-Lenker (nein, es war kein Taxler), winkte uns gar voller Freude zu. Es steht also außer Frage: Das neue Design kommt bei den Menschen äußerst gut an.
Keine Experimente im Innenraum
Im Innenraum setzt sich der allgemein gute Eindruck fort. Die verbauten Materialien sind auf einem ordentlichen Niveau – je tiefer man die Elemente der Ausstattung anfasst, desto härter und unangenehmer in der Haptik werden sie allerdings. Aber selbst die harten Kunststoffe sind gut verarbeitet. Klappergeräusche sucht man während der Fahrt vergeblich.
Die Tachoeinheit thront, wie schon beim Toyota bZ4x, über dem Lenkrad, was den Fahrer dazu zwingt, das Lenkrad etwas niedriger einzustellen, als man es von anderen Autos kennt. An die Sitzposition gewöhnt man sich aber recht schnell.
Die Sitze sind bei der getesteten Vollausstattung nicht nur bequem und beheizt, sondern auch ventiliert. Im Sommer fühlt sich das in etwa so an, als ob man sich in ein frisch bezogenes, kühles Bett legt. Schweißflecken am Rücken vom veganen Leder bekommt man hier definitiv nicht. Mehrere Kameras helfen beim Rangieren in engen Gassen. Das Fahrwerk selbst ist straff, aber bequem ausgelegt und passt zur sportlichen Optik des Flitzers.
Kleiner Kofferraum? Sei dem Prius verziehen
Das Infotainment-System ist toyota-typisch einfach aufgebaut und lässt sich leicht bedienen. Auch die Klimabedieneinheit wirft dank klassischer Tasten keinerlei Fragen auf. Das Lenkrad wirkt mit seinen zahlreichen Knöpfen allerdings etwas überladen. Als nervig fiel im "Heute"-Test die Tempo-Überwachung auf: Sobald man in der Stadt mit Tempo 51 unterwegs ist, piepst einen das Auto regelrecht zu. Dieses "Sicherheitsfeature" muss nach jedem Startvorgang über die Tasten am Lenkrad ausgeschaltet werden. Ob die EU-Vorgabe für Neufahrzeuge tatsächlich die Sicherheit im Straßenverkehr erhöht, sei dahingestellt.
Im Fond sollten großgewachsene Insassen ihre Köpfe einziehen: Die coupé-artige Dachlinie schränkt die Kopffreiheit etwas ein. Auch der Kofferraum gehört mit seinen 284 Litern nicht zu den Stärken des neuen Plug-In-Hybrids. Aber spätestens dann, wenn man aus dem Prius aussteigt und ihm nach dem Absperren einen letzten Blick zuwirft, verzeiht man ihm diese Schwächen.
Sprit-Spar-Ass mit 223 PS
Was allerdings definitiv zu den Stärken des Toyota Prius gehört, ist die Effizienz des Antriebs. Mit 223 PS Systemleistung schafft es der Japaner dank seines 2-Liter-Benzinmotors (151 PS) und des Elektromotors (163 PS) den Sprint von 0 auf 100 km/h in 6,8 Sekunden zu absolvieren. Rein elektrisch schafft der Japaner 135 km/h, bei Tempo 177 ist dann Schluss.
Leider wird es im Innenraum bei höheren Geschwindigkeiten etwas lauter. Ein oder zwei Dämmmatten mehr in den Türen würden dem Auto wirklich gut tun und den Reisekomfort deutlich verbessern.
Bei Vollgasfahrten wird man unüberhörbar daran erinnert, dass es sich um einen Hybrid-Antrieb handelt. Das stufenlose Getriebe jagt den Verbrenner in hohe Drehzahlbereiche, um die volle Leistung abzurufen. Wirklich schön hört sich das nicht an – ist jedoch in der neuesten Generation des Antriebs etwas leiser, als bei seinen Vorgängern. Und eines muss man an dieser Stelle fairerweise anmerken: Der Prius ist kein Rennfahrzeug und Vollgasphasen dauern im Straßenverkehr meist nur wenige Sekunden, in denen der Motor unangenehm laut wird.
Bei normaler Fahrweise im Alltag fällt das also kaum ins Gewicht. Ganz im Gegenteil: Das stufenlose Getriebe ist so fein abgestimmt, dass man gar nicht merkt, wann der Prius zwischen Verbrenner und Elektromodus umschaltet oder gar beide Antriebe parallel zueinander laufen lässt. Da spürt man die jahrelange Erfahrung der Toyota-Ingenieure in Sachen Hybrid-Antrieb. Das können die einfach. Punkt.
Prius ist jetzt ein Teilzeitstromer
Dank des Plug-In-Hybrids kann der neue Toyota Prius nun auch an die Ladesäule gesteckt werden. Eine andere Auswahl hat man bei der Motorisierung ohnehin nicht. Im "Heute"-Test hat es der 13,3-kWh-Akku knapp 70 Kilometer (im Winter) weit geschafft. Toyota verspricht bei idealen Bedingungen um die 20 Grad immerhin 86 Kilometer. Wer sich für das Solar-Dach entscheidet, bekommt dank Sonnenenergie knapp 9 Kilometer Reichweite quasi gratis dazu. Ein kompletter Ladevorgang nimmt an einer Wallbox (11/22 kW) hingegen rund 4 Stunden in Anspruch.
Solange der Akku genug Saft hat, ist man im Stadtbetrieb überwiegend elektrisch unterwegs. Erst wenn das Gaspedal arg getreten wird, schaltet sich der Benziner dazu. Verbrauchswerte von 0 bis 2 Liter sind so also problemlos möglich.
Wird der Toyota mit leerem Akku zum Spritsäufer?
Aber was passiert, wenn der Akku komplett leer ist und der Prius auf den Verbrenner angewiesen ist? Und da gab es im "Heute"-Test eine Überraschung, denn die Verbrauchsanzeige sprang im Stadtverkehr nie über 5 Liter. Im "Heute"-Test schluckte der senf-gelbe Schönling tatsächlich zwischen 3 und 4 Liter Benzin auf 100 Kilometer. Eine Drei mit einem Komma dahinter in der Verbrauchsanzeige kann sich wirklich sehen lassen.
Obwohl der Bordcomputer nämlich keinerlei E-Reichweite mehr anzeigt hatte, fuhr der Prius wie ein Vollhybrid. Bedeutet: Leichtes Beschleunigen, gefühlvolles Anfahren und Fahren bei gleichbleibendem Tempo passiert nach wie vor elektrisch. Wer zu fest Gas gibt, zwingt den Prius seinen Benziner anzumachen, der kurz nach dem Gasbefehl aber auch sofort wieder ausgeschaltet wird. Und genau hier merkt man auch, wie gut das Getriebe zwischen den beiden Antrieben schaltet.
Fazit: Der Prius ist kein Taxler-Auto mehr
Der neue Prius kostet in der Basis 44.300 Euro. Wer sich für die Vollausstattung entscheidet muss rund 51.700 Euro ausgeben. Das ist einerseits natürlich kein Schnäppchen. Andererseits bekommt man dafür ein extrem effizientes Auto mit 223 PS, das alles andere als langweilig ist und zur Not auch einfach nur betankt werden kann, ohne dass man auf die Ladesäule angewiesen ist.
Wer unbedingt ein Raumwunder für die ganze Familie braucht, der sollte sich für ein anderes Modell entscheiden. Wer allerdings einen Neuwagen sucht, der kein Taxi-Image mehr hat, wenig verbraucht und dennoch spektakulär aussieht, für den ist der neue Prius definitiv das richtige Auto.