Von "Game Over" zu "Welcome back". Die erste österreichische Dreierkoalition könnte nun doch zur Realität werden. ÖVP, SPÖ und NEOS geben der Austro-Ampel noch eine Chance und wollen diesmal auch einen Regierungsabschluss erzielen.
Nach der Implosion von Blau-Schwarz machte die ÖVP einen fliegenden Wechsel zur SPÖ. Unklar war, ob Schwarz-Rot mit einem Mandat Überhang regiert und auf Unterstützung von Grünen und NEOS hofft, oder ob man die Pinken doch noch ins Boot holt. Zweiteres ist am Donnerstag passiert, am Samstagvormittag diskutierte die Partei von Beate Meinl-Reisinger noch, ob man den Schiritt wagen möchte. Wie "Heute" erfuhr, war die Rückmeldung großteils positiv, das Ampel-Comeback rückt damit immer näher.
Am Samstag um 13 Uhr lud Van der Bellen die Parteichefs zu dritt in die Hofburg. Die Dreierspitze kam zwei Minuten vor 13 Uhr ins Maria-Theresien-Zimmer. Nach einem kurzen Handshake inklusive "Grüß Gott" ging es dann auch hinter die berühmte Tapetentür ins VdB-Büro. Nach einem vertraulichen Gespräch hinter der Tapetentüre werden ÖVP-Obmann Christian Stocker, SPÖ-Chef Andreas Babler und NEOS-Frontfrau Beate Meinl-Reisinger in der Hofburg Statements abgeben.
VIDEO: Hier kommen Christian Stocker, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger ins Maria-Theresien-Zimmer
Nach ca. einer Stunde verließen Christian Stocker, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger das Büro des Bundespräsidenten.
Zuerst sprach Van der Bellen: Er habe den Eindruck bekommen, dass etwas weitergegangen sei und dass die Kompromissbereitschaft da sei. Eine neue Regierung habe zahlreiche Herausforderungen zu meistern – "die kommenden Jahre werden schwierig", so Van der Bellen. Er nannte etwa die innere Sicherheit, die Stimmung in der Bevölkerung oder die Beziehungen zu den USA.
Das Staatsoberhaupt orte Kompromissbereitschaft, voranzugehen und den österreichischen Weg des guten Kompromisses zu gehen.
Anschließend war ÖVP-Chef Stocker am Wort. Die Gespräche mit SPÖ und NEOS seien intensiv und ausführlich gewesen, mit dem Ziel, eine stabile Regierung zu bilden. Es gebe eine gemeinsame Basis, die Probleme, die Van der Bellen genannt hat, zu lösen: "Ein Kompromiss bedeutet nicht automatisch, dass Veränderung zum Besseren nicht möglich ist." Der VP-Chef ist zuversichtlich, dass man ein gemeinsames Regierungsprogramm aufstellen kann.
Danach sprach SPÖ-Chef Andreas Babler. Auch er betonte, wie wichtig Kompromisse und das aufeinander zugehen sind – "wir müssen Staatsinteresse vor Parteieninteresse stellen". Nach den intensiven Tagen und Nächten orte Babler Bereitschaft, den Prozess zur Regierungsbildung zu finalisieren. "Mein Anspruch ist es, dass sich nicht Menschen um Politik sorgen müssen, sondern umgekehrt."
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sah die letzten Wochen und Monate als Geduldsprobe für ganz Österreich. Die letzten 72 Stunden seien sehr intensiv gewesen, aktuell sei noch nicht alles gelöst, allerdings sei man auf einem guten Weg, die Blockaden aus dem Jänner zu räumen. In den letzten eineinhalb Monaten habe sich einiges getan – die NEOS-Chefin nannte das Scheitern von Blau-Schwarz oder die geopolitische Lage. "Wir haben den Eindruck gewonnen, dass ÖVP und SPÖ eine Basis gefunden haben, auf die man aus NEOS-Sicht inhaltlich und mit unseren Themen aufbauen kann", so Meinl-Reisinger.
Wie "Heute" erfuhr, wollen die Ampel-Chefs noch am Samstag einen Fahrplan zur Erstellung des Regierungsprogramms aufsetzen, mit dem Ziel, bis Mitte der Woche fertig zu werden. Auch im Parlament wird weiterverhandelt.
Die NEOS laden indes zu einer Mitgliederversammlung für das nächste Wochenende ein, wo über das Koalitionspapier abgestimmt wird – dafür braucht es eine Zweidrittel-Mehrheit. Das könnte dann der "Stempel" für das Ampel-Regierungsprogramm sein.