Seit 125 Tagen wartet Österreich auf eine neue Regierung. Wohl kaum wer hätte am 29. September die Entwicklungen der letzten Wochen und Monate ahnen können: erst die langen Sondierungen zwischen FPÖ, ÖVP und SPÖ, dann der Start und das Scheitern der Ampel-Verhandlungen und jetzt die offiziellen Gespräche zwischen den Blauen und den Schwarzen mit offenem Ausgang.
Obwohl die Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS schon vor fast einem Monat geplatzt sind, sei es noch nicht zu spät für eine Umkehr, findet Grünen-Chef Werner Kogler. Die aktuellen Entwicklungen in Österreich bereiten ihm Sorgen, die Ampel-Verhandler hätten zu verantworten, "dass jetzt das Tor für einen rechtsextremen Kanzler aufgestoßen ist", sagt er in einem Interview mit dem "Kurier". "Deswegen sollten die Sozialdemokraten mit der ÖVP und den NEOS wieder Verhandlungen aufnehmen, bevor dieses Unglück eintritt. Nicht nur für Österreich, auch für Europa", so der Grünen-Chef.
Kogler rät dem SPÖ-Vorsitzenden Andreas Babler, das Verhandlungsteam so aufzustellen, "dass nicht alle anderen gleich rot anlaufen, wenn sie sich bei Themen nicht wiederfinden". So könnten aus seiner Sicht die Wiener SPÖ und die Gewerkschafter eine wichtigere Rolle in den Verhandlungen spielen. Die Pinken müssten sich "wieder besinnen" und bei der ÖVP müsse man zur Einsicht kommen, "dass es der Wirtschaft nicht schaden muss, wenn es so kommt. Sie werden alle vor der Geschichte Verantwortung übernehmen müssen", sagt der Chef der Öko-Partei. Seine Partei sei jedenfalls bereit, die Verhandler zu unterstützen.
Indes laufen die Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP weiter. Die Gespräche sind in den meisten der insgesamt 13 Untergruppen abgeschlossen, allerdings gibt es laut "Heute"-Infos noch rund 30 Konflikt-Themen, die an die übergeordnete Steuergruppe gemeldet wurden.
Ein Regierungsabschluss ist noch nicht in Sicht. Der 4. Februar, der für den Abschluss der Verhandlungen kolportiert worden war, ist illusorisch. Auch die Hoffnung, eine Einigung bis Mitte Februar zu erzielen, wird mit jedem Tag kleiner. Aktuell peilen FPÖ und ÖVP einen Abschluss rund um die Nationalratssitzung am 26. Februar an. Bis dahin soll die neue Regierung stehen – oder auch nicht.