Neue Regierung
Jetzt wird es knallhart – Entscheidende Woche für Ampel
Neos gehen mit "Gamechanger-Paket" an Reformforderungen ins Verhandlungsfinale. Diese Woche soll Entscheidung fallen, ob die Ampel was wird oder nicht
Eine neue Regierung werden wir vor Weihnachten zwar nicht haben – die kommende Woche dürfte aber entscheidend werden für ein Zustandekommen oder Scheitern der Dreierkoalition von ÖVP, SPÖ und Neos.
Insbesondere von den Pinken ist zu vernehmen, dass sie hinsichtlich eines tatsächlichen Reformpakets endlich Klartext reden und hören wollen. "In der kommenden Woche geht es darum, das Versprechen 'Kein Weiter wie bisher' mit Leben zu erfüllen, Ambitionen zu zeigen und Visionen umzusetzen", schrieb Neos-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger auf Instagram, nachdem sie sich von ihren Verhandlungsleitern über den Stand der Gespräche hatte informieren lassen – "Heute" berichtete.
Neos preschen vor
Übers Wochenende haben die Pinken ein sogenanntes "Gamechanger-Paket" erarbeitet, mit dem sie ins Verhandlungs-Finale gehen wollen. Das Papier orientiert sich an dem 10-Punkte-Plan, mit dem die Neos in die Koalitionsverhandlungen gegangen sind, und beinhaltet ihre Reform-Schwerpunkte. Unter anderem gehe es um die Bereiche Pensionen, Bildung, um die Verantwortung der Länder, erfuhr "Heute" aus Parteikreisen. "Wir definieren, wo sich wirklich etwas tun muss, um echte Reformen anzustoßen", erklärt ein pinker Stratege gegenüber "Heute" den Forderungskatalog. Das Gamechanger-Paket sollte am Sonntagabend im erweiterten Neos-Vorstand abgesegnet werden.
Die Pinken fordern zudem, dass die Landeshauptleute in die Koalitionsverhandlungen eingebunden werden, berichtet der "Standard". Hintergrund: Für viele Reformvorschläge bedarf es der Zustimmung der Länder, etwa was Schulen, Kindergärten, Förderungen betrifft.
400-Seiten-Konvolut
Die Verhandlungsergebnisse der 33 Ampel-Untergruppen (sie haben ihre Arbeit am Freitag angeschlossen) wurden übers Wochenende zusammengefasst – zu einem insgesamt rund 400 Seiten starken Konvolut.
Das Neos-Spitzenteam traf sich bereits am Freitag zu einer ersten Besprechung der Zwischenergebnisse aus den Untergruppen. Bei ÖVP und SPÖ erfolgen die parteiinternen Beratungen am Montag. Vormittags kommt die ÖVP zusammen, am Nachmittag gibt es ein Ampel-Update fürs SPÖ-Präsidium. Einige Rote nehmen online an dem Meeting teil.
Tatsächlich wurden in den 33 Untergruppen bei etlichen Punkten Einigungen erzielt. Das reicht von Strafen für Eltern integrationsunwilliger Schüler (die drei Parteien sollen sich auf die Formulierung "Sanktionen" geeinigt haben) über eine Kindergrundsicherung bis zu Prioritäten in der Sicherheitspolitik.
„Es fehlen noch die Leuchttürme, echte Zukunftsprojekte“
Es sei durchaus etwas weitergegangen in den letzten drei Wochen, berichtet ein Verhandler "Heute". Vielfach gehe es dabei aber um den "kleinsten gemeinsamen Nenner": "Wir brauchen aber mehr. Es fehlen noch die Leuchttürme, echte Zukunftsprojekte". Dafür seien jetzt die Chefs gefordert.
Ab Dienstag verhandeln Chefs
In der Tat gehen die Koalitionsverhandlungen ab Dienstag auf die Chefebene. Dann trifft sich die Steuerungsgruppe, in der neben den Parteivorsitzenden Karl Nehammer (ÖVP), Andreas Babler (SPÖ) und Beate Meinl-Reisinger (Neos) die Sondierungsteams der drei Parteien sitzen. Auch die Spitzen der Sozialpartner – ÖGB-Chef Wolfgang Katzian (SPÖ) und Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) gehören dazu.
In der Steuerungsgruppe geht es jetzt ans Eingemachte, an die wirklichen Streitpunkte, mit denen die Ampel steht oder fällt. Allen voran ist das das Budget sowie der Sparkurs der künftigen Regierung. Dafür gibt es am Montag Futter vom Fiskalrat – der auf Basis der am Sonntag nach Wien gelieferten EU-Daten die brandaktuellen Zahlen zu den maroden Staatsfinanzen und dem Budgetdefizit präsentiert.
Die Parteispitzen müssen versuchen, hinsichtlich der in den Untergruppen heiß umstrittenen Wirtschaftsthemen auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Fix ist: Die künftige Regierung muss 15 bis 23 Milliarden Euro einsparen – die ÖVP will das durch Kappen der Staatsausgaben erreichen, die SPÖ pocht auch auf neue oder höhere Steuern. Wie man sich da zusammenraufen will, steht in den Sternen.
EU-Defizitverfahren – Ja oder Nein?
Zudem schwebt über Österreich ein EU-Defizitverfahren – denn wir liegen deutlich über der Brüsseler Defizitgrenze von 3,0 Prozent des BIP. Wie mit dieser "Gefahr" umzugehen ist, ist ebenfalls strittig in der Ampel.
Um das Defizitverfahren zu vermeiden, müsste Österreich bis Mitte Jänner 2025 einen realistischen Maßnahmenplan an die EU liefern, wie wir das Budgetdefizit 2025 unter die Dreiprozentmarke drücken. Riskieren wir das Verfahren, sinkt paradoxerweise der Spardruck – Österreich hätte mehr Zeit (bis zu sieben Jahre) für die Budgetkonsolidierung, die künftige Regierung müsste unmittelbar weniger einsparen.
Die SPÖ ist dafür, diese "Unterstützung von der EU", wie es der rote Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim formuliert, zu nutzen und plädiert dafür, ein Defizitverfahren in Kauf zu nehmen.
Das sind die Chefverhandler der Ampel
Die ÖVP hingegen fürchtet Schaden für die Reputation Österreichs auf den Finanzmärkten und für den Wirtschaftsstandort, wenn wir uns sozusagen offiziell zum Budgetsünder stempeln lassen. Ähnlich sehen es die Neos – wobei sie sich weniger aufs Ja oder Nein zu Defizitverfahren kaprizieren – "entscheidend ist, dass wir massive Einsparungen brauchen und kreative Ideen, wie wir aus der Rezession herauskommen, eine Aufbruchsstimmung schaffen und ein Umfeld, in dem man gerne investiert", formuliert es ein pinker Top-Verhandler.
Ultimative Entscheidung zur Ampel-Zukunft
Die Frage des Umgangs mit dem drohenden EU-Defizitverfahren steht jedenfalls diese Woche auch auf der Agenda der Ampel-Chefrunde.
Und dem Vernehmen nach soll in den nächsten Tagen auch die wichtigste Entscheidung fallen – ob nämlich weitere Verhandlungen überhaupt Sinn machen oder man sich von der Idee des Regierungs-Dreiers verabschieden muss...
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Auf den Punkt gebracht
- Die kommende Woche wird entscheidend für das Zustandekommen oder Scheitern der Dreierkoalition von ÖVP, SPÖ und Neos sein.
- Die Neos gehen mit einem "Gamechanger-Paket" in die Verhandlungen und fordern klare Reformen, während die Parteispitzen ab Dienstag über zentrale Streitpunkte wie das Budget und den Sparkurs der künftigen Regierung verhandeln werden.