Tag der Entscheidung bei Blau-Schwarz! Nachdem FPÖ-Chef Herbert Kickl und ÖVP-Obmann Christian Stocker am Dienstag nach nur 20 Minuten Verhandlungen auseinandergegangen waren, will man es doch noch einmal miteinander versuchen.
Die Luft im Parlament war zuletzt zum Schneiden, hochrangige ÖVP-Funktionäre hatten im Vorfeld der Sitzung harsche Kritik an Kickl geübt. Nach einem Rapport in der Hofburg stellte Bundespräsident Alexander Van der Bellen den beiden Parteichefs ein Ultimatum. Das Staatsoberhaupt habe "beide Parteichefs ersucht, rasch und endgültig zu klären, ob die Verhandlungen abgeschlossen werden können".
Obwohl niemand öffentlich über die Inhalte der Unterredungen hinter der Tapetentüre ausgebreitet hat, darf davon ausgegangen werden, dass Kickl auch VdB über seine Vorstellungen betreffend Ressortverteilung in Kenntnis gesetzt hat.
FPÖ: Bundeskanzler, Kanzleramt (Verfassung, Deregulierung, Medien, Digitalisierung), Finanzen, Inneres, Arbeit/Integration, Gesundheit/Sport/Tourismus
ÖVP: Vizekanzler, Auswärtige Angelegenheiten/EU, Verkehr/Infrastruktur, Wirtschaft/Forschung/Energie, Landesverteidigung/öffentlicher Dienst, Landwirtschaft/Umwelt, Soziales/Frauen/Familie/Jugend, Bildung/Wissenschaft/Kunst/Kultur
Unabhängig: Justiz, Staatssekretär für Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN)
"Heute" wurde das letzte Angebot, das die FPÖ der ÖVP am Dienstag unterbreitet hat, zugespielt: Beim Innenministerium lässt Parteichef Kickl weiterhin nicht mit sich reden, für die ÖVP gibt es dafür die Kulturagenden obendrauf.
Das erste Angebot wurde somit neuerlich aufgebessert. Denn schon am Sonntag hatte der blaue Klubchef der Volkspartei die EU-Koordinierung überlassen. Sie soll künftig wieder – wie es bis 2017 üblich war – im Außenministerium angegliedert werden. Die Ressorts werden sechs (FPÖ) zu sieben (ÖVP) aufgeteilt. "Das ist mehr als fair", sagt ein blauer Stratege zu "Heute". "Die ÖVP erhält nicht nur ein Ministerium mehr, sondern auch alle Themengebiete, die ihr wichtig sind."
Als Wahlgewinner werden die Blauen laut der nun durchgesickerten Ressortverteilung mit Herbert Kickl den Bundeskanzler stellen. Im zur Seite gestellt wird ein Kanzleramtsminister für die Agenden Verfassung, Deregulierung, Medien und Digitalisierung. Darüber hinaus wollen die Freiheitlichen folgende vier Ressorts selbst leiten: Finanzen, Inneres, Arbeit/Integration, Gesundheit/Sport/Tourismus.
"Asyl und Migration sind entscheidende Wahlmotive unserer Anhänger – wir können daher das Innenministerium einfach nicht aufgeben. Hier ist es seit 2015 zu vielen Fehlern gekommen, es braucht eine Trendwende", versucht ein blauer Spitzenmann um Verständnis für die FPÖ-Position zu werben.
Die Schwarzen bekommen demnach folgende Ressorts: Auswärtige Angelegenheiten/EU, Verkehr/Infrastruktur, Wirtschaft/Forschung/Energie, Landesverteidigung/öffentlicher Dienst, Landwirtschaft/Umwelt, Soziales/Frauen/Familie/Jugend sowie Bildung/Wissenschaft/Kunst/Kultur.
Kein Streitthema dürfte sein, dass das Justizministerium in der kommenden Legislaturperiode von einem parteiunabhängigen Juristen geleitet werden soll. Um Sicherheitsbedenken der ÖVP zu zerstreuen, will Kickl im Innenministerium einen Staatssekretär für den Geheimdienst DSN einsetzen.
Auf Anfrage bestätigt FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz, dass die"Heute" zugespielte Unterlage den Verhandlungs-Letztstand darstellt: "Ja, das ist das freiheitliche Angebot." Er erläutert: "Die ÖVP kann in allen ihren Kernkompetenzen wirken; erhält die gesamte Standortpolitik mit Wirtschaft, Energie, Verkehr und Infrastruktur, die außenpolitischen Kompetenzen samt EU-Agenden sowie Landwirtschaft, Bildung, Familie und Landesverteidigung."
Im Gegenzug sei es laut dem blauen General "wohl naheliegend, dass die FPÖ ihre im Innenministerium angesiedelten Kernkompetenzen – Sicherheit und Asyl – für sich beansprucht".