Knackpunkt Innenministerium

EU, Russland, Extremisten – Worum FPÖ und ÖVP feilschen

Die Verhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP bleiben am Montag ergebnisoffen – ein Durchbruch bei der Ressortaufteilung blieb aus. Dienstag geht es weiter.
Lukas Leitner
10.02.2025, 21:26

Nach etwas mehr als 90 Minuten gingen die Krisensitzung zwischen FPÖ und ÖVP am Montag im Parlament zu Ende. Eine Implosion der blau-schwarzen Verhandlungen konnten Herbert Kickl und Christian Stocker vorerst abwenden, einen Durchbruch erzielten sie aber nicht. Immerhin, die Gespräche sollen schon am Dienstag fortgesetzt werden. Offizielle Stellungnahmen gab es danach von keiner Seite.

Gegenüber "Heute" packte ein hochrangiger Verhandlungsinsider aus: "Inhaltlich war es weiter sehr hart, die Stimmung am Montag war jedoch deutlich besser als am Ende der letzten Woche!" Die hitzige Situation habe sich etwas entschärft, man befinde sich nun in einer "konstruktiven Phase".

ÖVP bringt Grundsätze ein

Dem Gipfeltreffen war im Vorfeld ein heftiger Streit um das Innenministerium und auch ein Leak des über 220 Seiten starken Verhandlungspapiers vorausgegangen. Aus Verhandlerkreisen erfuhr "Heute", dass die Volkspartei nun inhaltlich mehrere Themen auf den Tisch gelegt hatte.

Folgende Grundsätze hat die ÖVP eingebracht:

  • Es müsse gewährleistet sein, dass Österreich ein verlässlicher Partner in der Europäischen Union bleibe.
  • Neuerlich drängte die Volkspartei auf die Klarstellung, dass sich Österreich seine Partner in der freien, westlichen Welt suchen müsse und nicht in autoritären Regimen. Jeden Einfluss Russlands möchte man tunlichst hintanhalten.
  • Die Gewaltenteilung in einem westlichen Standards entsprechenden Rechtsstaat und eine freie, unabhängige Medienlandschaft genießen für die ÖVP Top-Priorität.
  • Auf besonderes Drängen des in der ÖVP maßgeblichen Wirtschaftsflügels betonten die Schwarzen, dass für das Exportland Österreichs Abschottung keine Option sei – angesichts der Rezession seien Wachstumsperspektiven auf internationalen Märkten essenziell.
  • Für beide Seiten von höchster Relevanz: das Stoppen illegaler Migration. Hier hat man sich schon in der Untergruppe "Innere Sicherheit" auf folgenden Leitsatz verständigt: "Die Bundesregierung steht für die restriktiv möglichste Asylpolitik unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Möglichkeiten."
  • Extremismus von links und rechts sind der ÖVP ein Dorn im Auge. Beides gelte es zu bekämpfen. Das Thema hat Konfliktpotenzial: Die Blauen wollen den Rechtsextremismusbericht des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW) stoppen und tun sich bei der Abgrenzung zu den rechtsextremen Identitären traditonell schwer.

Knackpunkt Innenministerium

Ein Dreh- und Angelpunkt der Verhandlungen bleibt aber die Ressortaufteilung – genauer gesagt das Innenministerium. Hier konnten FPÖ und ÖVP bislang nicht auf einen Nenner kommen. Beide erheben Anspruch auf das Haus in der Herrengasse.

Zwar gab es am Wochenende ein Entgegenkommen von Herbert Kickl, dass die EU-Agenden in das Außenministerium wandern sollte – eine zentrale Forderung der Volkspartei. Doch dass das Innenministerium weiterhin bei den Blauen bleibt, sei für die Schwarzen "untragbar", wie man gegenüber "Heute" erklärte. Bei den anderen Ministerien konnte sich Blau-Schwarz bereits einigen.

Der FPÖ-Vorschlag für Ministerienverteilung:

FPÖ: Bundeskanzler, Kanzleramtsminister (Verfassung, Medien, Kultur, Deregulierung), Gesundheit/Sport, Soziales/Integration, Finanzen, Inneres

ÖVP: Vizekanzler, Äußeres mit EU-Koordinierung, Frauen/Familie/Jugend, Landwirtschaft/Umwelt, Wirtschaft/Energie/Arbeit, Bildung/Wissenschaft/Forschung, Infrastruktur, Landesverteidigung

Unabhängig: Justiz, Staatssekretär im Innenministerium für Nachrichtendienst DSN

Inhaltlich noch nicht alles geklärt

Darüber hinaus befinden sich auch noch weitere inhaltliche Turbulenzen auf der Verhandlungsagenda. Wie ein geleaktes Dokument der Untergruppen zeigte, warne – zumindest am Wochenende – noch etliche Bereiche auf Rot gestellt.

Darunter befanden sich vor allem auch außenpolitischen Themen, wie etwa der WHO-Pandemievertrag, den die Freiheitlichen nicht länger akzeptieren wollen oder die NATO-Partnerschaft für den Frieden, aus dem die FPÖ austreten möchte.

Weiters ist man sich bei der Aufarbeitung der Corona-Pandemie uneinig, sowie beim Aus für die ORF-Haushaltsabgabe. Für diese gibt es schon ein blaues Wunschdatum: Am 31. Dezember 2026 soll die Haushaltsabgabe endgültig fallen, davor schon um ein Drittel reduziert werden.

Verhandlungen gehen weiter

Am Dienstag gehen die Verhandlungen jedenfalls in die nächste Runde. Eine genaue Uhrzeit wollte man gegenüber "Heute" nicht nennen, die Gespräche dürften aber gegen Mittag stattfinden.

{title && {title} } LL, {title && {title} } 10.02.2025, 21:26
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