Der Tag der Wahrheit ist da. Am Donnerstag präsentierten die Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS ihre mit Spannung erwartete Konjunkturprognose für 2025 und 2026. Von diesen Zahlen hängt im Wesentlichen ab, ob die EU über Österreich ein Defizitverfahren verhängt. Trotz des von der Regierung beschlossenen Sparpakets – weil das Loch in unserer Staatskasse noch viel höher ist als bisher angenommen.
Fakt ist, wie die aktuellen Zahlen zeigen: Österreichs Wirtschaft wird heuer weiter schrumpfen, damit befinden wir uns im dritten Rezessionsjahr. Das ist der längste Sinkflug der heimischen Konjunktur seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Wirtschaftsleistung (BIP) sinkt laut Wifo 2025 um 0,3 Prozent, das IHS erwartet 0,2 Prozent. In der letzten Prognose im vergangenen Dezember war man noch von einem kleinen Wachstum für heuer ausgegangen.
Der fortgesetzte Schrumpfkurs der Wirtschaft wirkt sich auch auf das Budgetdefizit aus. Denn ohne Wachstum sinken die Staatseinnahmen weiter. Trotz der von der Regierung für heuer geplanten Sparmaßnahmen in Höhe von 6,4 Milliarden Euro wird laut Wifo das Defizit 2025 voraussichtlich 3,3 Prozent und 2026 sogar 3,5 Prozent betragen – und damit deutlich über dem EU-Grenzwert von 3 Prozent liegen.
Die Nationalbank geht in ihrer Prognose für heuer sogar von einem Defizit von 3,8 Prozent aus.
Ohne das 6,4-Milliarden-Sparpaket würde das Defizit 2025 bei 4,2 Prozent liegen, es wirke also durchaus, so Wifo-Chef Gabriel Felbermayr.
Aber anders als zuvor gedacht, reichen die Sparmaßnahmen nicht, um das Defizit unter die von der EU vorgeschriebenen 3 Prozent zu drücken. Damit droht Österreich nun also doch ein sogenanntes ÜD-Verfahren (ÜD = übermäßiges Defizit). Acht EU-Staaten haben derzeit ein solches Defizitverfahren am Hals, darunter Frankreich, Belgien und Italien.
Um ein EU-Verfahren abzuwenden, müsste Österreich zusätzlich zu den geplanten 6,4 Milliarden heuer weitere 4 bis 6 Milliarden einsparen. Kaum vorstellbar, wie das gehen könnte. Ein noch strikterer Sparkurs würde zudem die Konjunktur weiter dämpfen, dann würden die Staatseinnahmen noch mehr zurückgehen – ein Teufelskreis.
Ein EU-Defizitverfahren sei "kein Beinbruch", betonte SPÖ-Finanzminister Markus Marterbauer bereits in der Vorwoche. Auch ÖVP-Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl sagte zuletzt, man werde damit umgehen können. Tendenziell wollen ÖVP und NEOS ein Defizitverfahren aber nach wie vor abwenden.
Zudem ist nicht klar, wie es mit dem Budgetloch heuer wirklich wird. Denn seitens der EU hieß es zuletzt, dass die Verteidigungsausgaben jetzt ausgenommen werden. Hintergrund ist die geopolitische Krisensituation, angesichts derer Europa und auch Österreich massiv mehr Geld ins Militär stecken wird.
Österreichs Verteidigungsbudget macht in der Defizitrechnung dem Vernehmen nach 0,3 Prozent aus – wäre das ausgenommen, käme man beim Defizit gemäß der Wifo-Prognose (3 Prozent) "nur" mehr auf 3 Prozent und läge nicht mehr über dem EU-Grenzwert für ein Defizitverfahren...