Wer jetzt bremst
Ampel-Pakt: "Hinter den Kulissen tobt Nervenkrieg"
Das Steuer-Kapitel sorgt derzeit für Stau in den Ampel-Verhandlungen. Liefert nun das "Handabhacken"-Mastermind aus NÖ den nächsten Kolbenreiber?
Fünf Worte waren es, die vor dem ersten Adventwochenende für den nächsten Ampel-Schaden sorgten. "Starke Schultern müssen mehr tragen", ließ SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler Freitagabend sein Presseteam den Medien mitteilen. Nachsatz: "Wir verlangen von jenen einen Beitrag, die in der Vergangenheit besonders profitiert haben."
Dechiffriert heißt das: Die Roten machen neue Steuern zur Bedingung für eine Beteiligung an einer Koalition mit ÖVP und Neos. Die Reaktion von Bundeskanzler Karl Nehammer folgte in einem "Heute"-Gespräch ungewohnt heftig: "Es wird mit mir und der Volkspartei keine Vermögens- oder Erbschaftsteuern geben."
Die Kanzlerpartei pocht auf Ausgabenbremse statt zusätzliche Belastungen. Es brauche, so Nehammer, jetzt "Maßnahmen, die die Wirtschaft stärken, nicht schwächen". Er stellte Babler ein Ultimatum: "Sollte die SPÖ darauf bestehen, sind die Verhandlungen schnell zu Ende."
"Warum errichtet Babler so hohe Hürden?"
Das saß. "In den Verhandlungen tobt jetzt ein regelrechter Nervenkrieg. Völlig unverständlich für uns, warum Babler ohne jede Not öffentlich so hohe Hürden errichtet, zumal er sich in den bisherigen Runden extrem zurückhaltend gegeben und mit jeder Faser ausgestrahlt hat, dass er unbedingt in diese Koalition will. Jetzt gibt es zwingend Verlierer, wenn man die Hürden nicht überspringt", sagt ein mit den Verhandlungen vertrauter Insider gegenüber "Heute".
Während es in einigen Clustern gut vorangeht, stockt der Verkehr – wie berichtet – etwa im Wirtschaftskapitel. Nach Ampel-Logik sind hier sehr viele Themengebiete rot markiert. Heißt: keine Einigung, nach der Zwischenbilanz am 12. Dezember müssen die drei Parteichefs ran.
Comeback des "Handabhacken"-Masterminds
Mitverantwortlich dafür macht ein VP-Stratege eine pikante Personalie: "Die SPÖ setzt hier auf jenen Herren als Koordinator, der schon die Koalitionsgespräche zwischen uns und der SPÖ in Niederösterreich torpediert hat. Auch damals gab es eine Forderungskatalog mit dem Hinweis, dass man sich eher die Hand abhacken würde, als darauf zu verzichten."
Loyalität des Wirtschaftsbundes hat Grenzen
Das Ergebnis ist bekannt – Johanna Mikl-Leitner brach die Verhandlungen ab, regiert seither mit den Freiheitlichen. "Eines ist klar: Die ÖVP kann hier nicht nachgeben. Wir haben im Wahlkampf versprochen, dass es mit uns sicherlich keine neuen Steuern geben wird", bringt ein Verhandler die türkise Haltung auf den Punkt. Außerdem, dies erfährt "Heute" am Samstag, sind Vermögens- und Erbschaftssteuern auch die rote Linie von Industrie und Wirtschaftsbund.
Obwohl einige Wirtschaftstreibende mit den Freiheitlichen liebäugeln, steht man hinter der Entscheidung von ÖVP-Obmann Nehammer, mit SPÖ und Neos zusammenarbeiten zu wollen. Doch die Loyalität kenne Grenzen – nämlich beim Tabuthema Steuern und Standort.
Ganz so einfach könne es sich die ÖVP aber nicht machen, meint SPÖ-Kenner Josef Kalina. "Alle werden sich bewegen und über ihren eigenen Schatten springen müssen", sagte er "Heute". Angesichts der von den Schwarzen verursachten budgetären Misere, brauche es laut Kalina nun Steuern – entweder erhöhte oder neue – UND zusätzlich drastische Einsparungen. "Die ÖVP hört das nicht gerne, aber die, die mehr leisten können, werden jetzt einige Jahre mehr leisten müssen", so der ehemalige SPÖ-Bundesgeschäftsführer.
Auch Bürgermeister sprach Machtwort
Rot sehen lassen die SPÖ indes die Ideen der Neos im Medienkapitel. Niemand Geringerer als Bürgermeister Michael Ludwig rückte hier nun höchstselbst aus und erteilte Kürzungsphantasien einiger pinker Mandatarinnen, die in der Vergangenheit nicht durch sonderliche Sachkenntnis aufgefallen wären, eine Absage. Eine Vielfalt an Medien sei unerlässlich für eine intakte Demokratie, stellte Ludwig klar. "Ich mache mir große Sorgen, dass in Zukunft bis zu 2,5 Milliarden Euro abfließen in Richtung internationale Internetgiganten", sagte das Stadtoberhaupt.
Erinnerungen an alte Große Koalition
Was heißt all das für die Koalition? "Es wird jetzt einen Wettlauf geben, den Schwarzen Peter loszuwerden. Denn das ursprüngliche Drehbuch hätte ja vorgesehen gehabt, dass Herbert Kickl irgendwann zum Bundespräsident gehen und sagen muss, dass er keine Regierung zustande bringt. Nun will natürlich niemand für das Scheitern verantwortlich sein", so ein Parteigrande. Statt dem betonten "Kein Weiter mehr wie bisher" starte derzeit jede Woche mit einer neuen Krisensitzung: "Wir sind gerade total im Fahrwasser der alten Großen Koalition samt dem bekannten Haxlstellen – jetzt halt mit ein paar pinken Spritzern."
"Davon profitiert wieder Kickl"
Und neuer Beef lässt nicht lange auf sich warten. Laut "Heute"-Infos wird auch über Aufweichungen zur Erlangung der Staatsbürgerschaft gesprochen. Konkret geht es darum, die finanziellen Hürden abzusenken – das langjährige Anliegen der Wiener SPÖ ist aktuell auf gelb geschaltet, erregt aber ÖVPler: "Wenn wir das machen, gibt es genau einen Profiteur: Herbert Kickl."
Bonmont am Rande: Die in ÖVP-Kreisen nun heftig kritisierte Idee entstammt einem Forderungskatalog der ÖVP Wien, die offenbar eine Kompromissposition erarbeitet hat, um rote und schwarze Gräben zuzuschütten. Bekanntlich liebäugelt die schwarze Wiener Landesgruppe 2025 mit einem Aufstieg in die Stadtregierung. Die Absage folgt gegenüber "Heute" trotzdem umgehend: Es sei "kein Papier und keine Position der Bundes-ÖVP in den Sondierungsgesprächen", teilt man aus der Lichtenfelsgasse kühl mit.
Wie auch immer – Fakt bleibt: Nicht jedem Anfang wohnt ein Zauber inne ...
Die geheime Liste! "Heute" kennt das Ampel-Personal
Derzeit im Fokus der Userinnen und User von Heute.at im Ressort "Nachrichten" ist die aktuell meistgelesene Story "". Ist dir etwas aufgefallen oder hast du einen Input für uns, dann schreib uns ein Mail.
Auf den Punkt gebracht
- In den Ampel-Verhandlungen sorgt das Steuer-Kapitel für erhebliche Spannungen, insbesondere durch die Forderung der SPÖ nach Vermögenssteuern, was von der ÖVP strikt abgelehnt wird.
- Bundeskanzler Karl Nehammer droht mit einem Abbruch der Verhandlungen, während Insider von einem "Nervenkrieg" hinter den Kulissen sprechen, der durch hohe Hürden und unnachgiebige Positionen geprägt ist.