Meinl-Reisinger zur Ampel
NEOS-Chefin kennt plötzlich keine roten Linien mehr
Bekommt Österreich eine Ampel? Das hängt auch von den NEOS ab. Chefin Beate Meinl-Riesinger verriet im ORF, wie die Gespräche mit ÖVP und SPÖ laufen.
Wochen nach der Nationalratswahl und nach vielen Zweiergesprächen von ÖVP und SPÖ wurden die NEOS erst in die Sondierungsgespräche und später in Regierungsverhandlungen einbezogen. Die kleinste Partei der Verhandlungsrunden könnte ausschlaggebend sein, ob Bundeskanzler Karl Nehammer seine "Austro-Ampel" als "Koalition der Vernunft" bekommt – oder ob alles doch noch platzt. Bis es ein Ergebnis gibt, wird es jedenfalls noch lange dauern, ließ auch SPÖ-Chef Andreas Babler anklingen. In den nächsten Wochen soll dazu in sieben thematischen Clustern verhandelt werden – sieben "Cluster" erarbeiten dabei die Inhalte.
Am Montag gab Kanzler Nehammer in der ORF-"ZIB2" Einblick in den Stand der Verhandlungen, am Dienstag folgte SPÖ-Chef Babler. Beide ließen sich zu konkreten Inhalten und Forderungen so gut wie gar nicht in die Karten blicken und verwiesen auf die laufenden Gespräche. Dabei bemerkenswert: Selbst ursprünglich gezogene rote Linien scheinen aufgeweicht. So beharrte etwa Babler nicht mehr auf von ihm geforderten Maßnahmen wie eine Vermögenssteuer, umgekehrt lehnt Nehammer eine solche zwar weiter ab, erklärte sie aber, so gewann man im ORF-Interview den Eindruck, nicht zu einer Forderung, die von vornherein abgeblockt werde.
Die geheime Liste! "Heute" kennt das Ampel-Personal
Angst, über den Tisch gezogen zu werden?
Am späten Mittwochabend nahm die Dritte im Bunde, NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, ebenfalls in der "ZIB2" bei ORF-Moderator Armin Wolf Stellung. Warum hat sie die Ex-ÖVP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky zum Verhandeln ausgewählt? Kdolsky habe eine "lange Geschichte auch des Kampfes für Reformen", so die NEOS-Chefin, auf ihre Expertise zu verzichten wäre "schlichtweg dumm". Und warum besetze die Partei alle sieben Cluster mit je zwei Politikern, während ÖVP und SPÖ auf nur einen setze, habe sie da Angst, über den Tisch gezogen zu werden? Nein, so Meinl-Reisinger, die NEOS seien personell nicht so wie die Großparteien aufgestellt, es müsse da der Informationsfluss gewährleistet werden.
Noch kürzlich hatte Meinl-Reisinger erklärt, ÖVP und SPÖ "in den Hintern treten" zu wollen, im ORF klang das nun ganz anders: Sie habe dies "mit Augenzwinkern gesagt", aber es brauche einen neuen Stil und da nehme sie sich auch selbst an der Nase: "Ich glaube auch daran, dass wir einen Auftrag gekriegt haben von den Wählerinnen und Wählern. Wir wollen neu regieren, da gehört ein neuer Stil dazu." Nehammer und Babler würden die Thematik wie sie sehen – man dürfe nicht in alte Muster zurückfallen. Haben die NEOS rote Linien? Jeder habe sein Parteiprogramm, so die NEOS-Chefin, sie gehe mit zehn Zielen in die Verhandlungen. "Das sind bewusst keine roten Linien", die Zeiten, in der man sich ausrichte, was nicht gehe, seien vorbei.
Plötzlich keine Rede mehr davon, was zuvor tabu war
In allen Bereichen müsse etwas passieren, den Weg dorthin wolle man nun gemeinsam klären, hieß es. Und dass sie erklärt hatte, dass es mit den NEOS keine neuen Steuern geben werde? "Selbstverständlich" gelte das noch, so Meinl-Reisinger, das sei "aber keine rote Linie". Wie das? Das wollte die NEOS-Chefin nicht wirklich beantworten, man wolle jedoch schauen, dass man "irgendwie zu einem gemeinsamen Weg" komme. Für die budgetäre Situation des Landes seien die NEOS nicht verantwortlich, so Meinl-Reisinger, klar sei aber, dass man einen strikten Konsolidierungskurs fahren müsse. Der Rest werde sich in den Verhandlungen ergeben.
Eine "große Bildungsreform" sei "ein ganz entscheidendes Zukunftsthema", so Meinl-Reisinger weiter. Dabei gehe es um einen Fokus auf die Elementarpädagogik, so die NEOS-Chefin, die jedoch auf Details nicht eingehen wollte. Man habe jedoch "sehr konkrete Vorstellungen", so Meinl-Reisinger, die mit ÖVP und SPÖ verhandelt würden. Wollen die NEOS deswegen das Finanzministerium? Auch davon war plötzlich keine Rede mehr. Es glaube niemand, so Meinl-Reisinger, aber in den Gesprächen gehe es jetzt nicht primär um die Posten, sondern die Inhalte. "Ich bin davon überzeugt, das kommt zum Schluss von Verhandlungen", so die NEOS-Chefin.
"Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben"
Wolle sie lieber ein dickes Regierungsprogramm mit Dutzenden Punkten oder ein dünnes Grundsatzprogramm mit Leuchtturmprojekten? Es brauche Leuchtturmprojekte, so Meinl-Reisinger, wenn es aber um große Reformprojekte gehe, benötige es "viele an Bord" und "wir werden unter Umständen andere Partner im Parlament" und "Vertreter der Zivilgesellschaft brauchen". Mit einem rein rudimentären Programm könne man zudem schwierig darstellen, welche Vorhaben man bereits umgesetzt und geschafft habe, hieß es.
Die Bilder des Tages
"Wir haben bewiesen, dass wir kein Selbstzweck sind", so die NEOS-Chefin. Natürlich könne man sich bei den nicht von den NEOS verantworteten Problemen in Österreich zurücklehnen und in Opposition gehen, aber sie wolle Mut machen, dass man Reformen umsetzen und das Leben für die Menschen besser machen könne, so Meinl-Reisinger. "Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben", so die NEOS-Chefin. Nachsatz: "Wir wissen, wir müssen auch liefern für die Menschen."
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Auf den Punkt gebracht
- NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger hat in einem ORF-Interview betont, dass die Partei keine starren roten Linien mehr verfolgt und offen für Verhandlungen mit ÖVP und SPÖ ist.
- Sie betonte die Notwendigkeit eines neuen politischen Stils und erklärte, dass die NEOS sich auf inhaltliche Themen wie Bildungsreformen konzentrieren wollen, anstatt auf Postenverteilungen.