Nehammer zu Koalition
Kanzler sagt "Ausgabenbremse als oberste Prämisse" an
ÖVP, SPÖ und NEOS einigten sich auf Koalitionsverhandlungen für eine Ampel-Regierung. Nun nahm Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im ORF Stellung.
Fertig sondiert, nun soll entschieden werden, ob koaliert wird: Bundeskanzler Karl Nehammer gab am Montag bekannt, dass ÖVP, SPÖ und NEOS eine "Koalition der Vernunft" bilden möchten und entsprechende Regierungsverhandlungen aufnehmen. In den nächsten Wochen soll dazu in sieben thematischen Clustern verhandelt werden – Nehammer als auch SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler und NEOS-Frontfrau Beate Meinl-Reisinger gehören selbst keinem der sieben "Cluster" an, die die Regierungslinie ausverhandeln soll.
Eine "übergeordnete Chefrunde" sollen SPÖ-Ikone Doris Bures, Gewerkschaftsboss Wolfgang Katzian und Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer bilden. Ebenfalls in den "Cluster"-Gruppen vertreten: Claudia Plakolm und Karoline Edtstadler für die Kanzler-Partei, Philip Kucher und Eva-Maria Holzleitner für die Sozialdemokraten und Douglas Hoyos und Sepp Schellhorn für die Pinken, die eine erstmalige Regierungsbeteiligung anstreben. "Aufbruch, Veränderung und Zuversicht" wolle man schaffen, so Nehammer.
"Es ist natürlich auch ein Umstellungsprozess"
"Inflationsbekämpfung, Wohnraum, leistbares Leben" steht bei den Verhandlungen für die SPÖ im Fokus, "Herzensanliegen" der NEOS ist die Bildung, Migration, Sicherheit und Finanzen hat die ÖVP am schärfsten im Blick. "Heute" kennt bereits die geheime Liste der Koalitionsverhandlungen. Am späten Montagabend nahm dann Bundeskanzler Nehammer in der "ZIB2" bei ORF-Moderatorin Margit Laufer Stellung zum Sondierungs-Abschluss, den anlaufenden Koalitionsverhandlungen und den Chancen einer Ampel-Regierung.
Ist alles vergeben und vergessen an Kritik und Beleidigungen, die es im Wahlkampf zwischen den Parteien gegeben habe? "Wahlkampf ist eine Zeit des politischen Wettbewerbs, diese Phase ist abgeschlossen", so Nehammer. Nun sei eine Zeit, in der "die Welt im Umbruch" sei, so der Kanzler, der auf einen neuen US-Präsidenten oder die zerbrochene Ampel-Regierung in Deutschland verwies. "Umso wichtiger" sei es jetzt, "eine Regierung der Vernunft mit einer breiten Mehrheit der Mitte" zu bilden. "Ich glaube, es ist natürlich auch ein Umstellungsprozess", so Nehammer dazu, dass ruppige Töne von SPÖ und NEOS zu hören waren – beide Parteien seien lange in Opposition gewesen, da herrsche eine andere Tonalität, "die ich ablehne".
Ausgabenbremse als oberste Prämisse
Sei das Motto "Kein weiter wie bisher" nicht unglaubwürdig, wenn Nehammer bereits bisher regiert habe? Er habe ein großes, heimisches Unternehmen besucht, erzählte der Kanzler, dort sei ihm gesagt worden, dass man sich jeden Tag neu hinterfragen müsse, um am Markt erfolgreich zu sein. Das sei genauso wie in der Politik, man lerne dazu und dass man Fehler nicht mehr mache – und bringe diese Erfahrung in eine neue Regierung ein, so Nehammer.
Doch Budgetloch und Sparkurs, "das ist kein neues Problem", so die Moderatorin "wussten Sie nicht, wie es um Österreichs finanzielle Lage steht?", fragte Laufer nach. Doch, das sei auch ein "mehr als intensives Thema" im Wahlkampf gewesen, so der Kanzler, doch er sei für seine Konsolidierungsvorschläge "belächelt worden". "Wir haben fünf Jahre hinter uns, die fünf Jahre der Krise sind", so Nehgammer – Ukraine-Krieg, Gas-Engpass, Nahost-Konflikt und Corona hätten ihre Spuren im Budget hinterlassen.
Es sei auf einer Fehlannahme budgetiert worden, so der Kanzler, jetzt gehe es darum, dass das Budget konsolidiert werde. Moderatorin Laufer hakte weiter nach, es gehe um die Situation jetzt, nicht die Vergangenheit. "Kommuniziert werden die Zahlen immer dann, wenn sie veröffentlicht werden", so der Kanzler, der ein Verschweigen der tatsächlichen Staatsschulden vehement bestritt. Rundherum erlebe man eine Wirtschaftskrise, jeder zweite Arbeitsplatz in Europa hänge am Export, so der Kanzler, das nächste Regierungsprogramm habe deshalb eine "Ausgabenbremse als oberste Prämisse". Heißt? Mittel effizienter einzusetzen und das Wirtschaftswachstum fortzuführen, so Nehammer. "Es braucht den Motor der Wirtschaft", der für Arbeitsplätze und Wohlstand sorge.
Die Bilder des Tages
Klimabonus und Nulllohnrunde? "Da kommen wir nicht weiter"
Und wo solle man sparen? Klimabonus abschaffen? Man sei in den nächsten Schritt gegangen, dass man sich geeinigt habe, in Koalitionsverhandlungen zu dritt einzutreten, so der Kanzler. "Verhandlungen führt man nicht über die Medien", so Nehammer. Eine Nulllohnrunde? Die "Verhandlungen beginnen erst" und es gebe die Budgetgruppe, die täglich tage, "auch hier gilt es, erst einmal die Verhandlungen abzuwarten", so Nehammer. Vermögenssteuern? "Meine Position dazu ist bekannt", so der Kanzler, er wolle auf die Ausgabenbremse setzen. "Da kommen wir inhaltlich nicht weiter", so Laufer.
"Das finde ich sehr wichtig", so Nehammer wiederum dazu, dass er auch alle FPÖ-Wähler abholen wolle, denn die "sind mir so wichtig wie meine Wählerinnen und Wähler der ÖVP". In den Verhandlungen wolle der Kanzler alle Wählerinnen und Wähler abholen, nicht nur jene der ÖVP. Werde es Sideletter mit Postenaufteilungen geben? "Das ist kein Schacherbewerb, der hier vonstattengeht", so Kanzler, da gebe es "überhaupt keinen Grund, das intransparent zu halten". Bis wann soll dann die Regierung stehen? "So schnell als möglich verhandeln, so ausführlich als notwendig". Gibt es denn keine Deadline? "Die Deadline ist so schnell als möglich", so der Kanzler.
Auf den Punkt gebracht
- Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) gab bekannt, dass ÖVP, SPÖ und NEOS Koalitionsverhandlungen für eine "Koalition der Vernunft" aufnehmen möchten, wobei in sieben thematischen Clustern verhandelt wird
- Nehammer betonte die Notwendigkeit einer "Ausgabenbremse als oberste Prämisse" und erklärte, dass das nächste Regierungsprogramm darauf abzielen werde, Mittel effizienter einzusetzen und das Wirtschaftswachstum fortzuführen