Machtvakuum
Syrische Christen stehen vor einer unsicheren Zukunft
Die Mehrheit der Syrer sind Araber und sunnitische Muslime, während Christen in der Vergangenheit immer wieder Opfer von Verfolgung geworden sind.
Syrien ist ein Land mit vielen Minderheiten. Die Mehrheit der Syrer sind Araber und sunnitische Muslime. Zu den weniger vertretenen Religionsangehörigen zählen die Christen. Sie haben, wie viele andere, Angst vor der Zukunft des Landes. Einige hoffen aber auch auf eine Besserung der Situation im Land. Nachrichtenagenturen haben ein Video veröffentlicht, das zeigt, wie Christen nach dem Sturz des Präsidenten um einen Christbaum herum tanzen.
Das sagen Christen
"Bisher haben die Rebellen ihre Versprechen gehalten, die Menschen aller Glaubensrichtungen zu respektieren", sagte ein christlicher Einwohner gegenüber der "Washington Post". "Sie belästigen niemanden – sie helfen den Menschen." Doch er sorge sich, dass "es vielleicht ein psychologisches Spiel ist, um die Leute für sich zu gewinnen" und dass "sich etwas ändern könnte, sobald sie mehr Kontrolle haben".
Gegenüber der "Green Press" meint ein weiterer Einwohner: "Es sind jetzt drei Tage vergangen und nichts ist passiert." Es sei alles verfügbar, es gebe keine Ausfälle, beispielsweise bei Wasser oder Elektrizität. Es brauche seine Zeit, bis sich die Situation normalisiere. "So Gott will, wird es besser sein als zuvor."
Einschätzung
Aleppo galt bis zum Beginn des syrischen Bürgerkrieges im Jahr 2011 als christliche Hochburg. 250.000 Christen lebten in der Millionenstadt, aufgeteilt in elf verschiedene Konfessionen. Doch heute sind nur noch 20.000 von ihnen dort.
"Die Lage ist nach wie vor prekär", sagt Nahost-Experte Matthias Kopp gegenüber dem christlichen Sender Dom Radio aus Deutschland. Die Situation für Christen in Aleppo und auch den kleinen christlichen Ortschaften um Aleppo, müsse verheerend sein. Sie seien die Hauptleidtragenden des "jihadistischen Sturms". "Ob irgendeine Form von Vermittlung darüber, ob man die Christen als Staatsbürger anerkennt, derzeit geführt werden kann, entzieht sich meiner Kenntnis. Es wäre sehr zu hoffen."
Schutz gefordert
Joel Veldkamp vom Hilfswerk Christian Solidarity International (CSI) erklärt gegenüber den Tamedia-Zeitungen, was den Christen nun droht, die in Syrien bleiben. Das Ziel der Hajat Tahrir al-Scham (HTS) sei es, einen islamischen Staat zu errichten. Für Christen würde das bedeuten, dass sie als "Bürger zweiter Klasse" gesehen werden. "Sie dürfen dann vor Gericht nicht gegen Muslime aussagen, müssen mehr Steuern bezahlen und dürfen die Religion nicht mehr öffentlich leben, zum Beispiel Prozessionen durchführen", so Veldkamp.
Außenministerin Annalena Baerbock hat die Konfliktparteien in Syrien nach dem Ende der Herrschaft von Präsident Baschar al-Assad zum Schutz der religiösen und ethnischen Minderheiten aufgerufen. Die Grünen-Politikerin sagte: "Das Land darf jetzt nicht in die Hände anderer Radikaler fallen – egal, in welchem Gewand."
Dazu gehöre der umfassende Schutz von Kurden, Alawiten, Christen und anderen Minderheiten, sagte Baerbock. Ein politischer Prozess, "der einen Ausgleich zwischen den Gruppen schafft", sei notwendig. Die Assad-Familie, die die Geschicke des arabischen Landes seit den 1970er-Jahren bestimmte, gehört zur Minderheit der Alawiten.
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Auf den Punkt gebracht
- Die syrischen Christen stehen nach dem Sturz von Präsident Baschar al-Assad vor einer unsicheren Zukunft, da sie befürchten, als Bürger zweiter Klasse behandelt zu werden und ihre religiösen Freiheiten zu verlieren.
- Trotz einiger Hoffnungen auf eine Verbesserung der Lage bleibt die Situation prekär, und es wird umfassender Schutz sowie ein politischer Ausgleich zwischen den verschiedenen Gruppen gefordert.