"So schwer ich das sagen muss"

"Länger arbeiten" – Experte macht im ORF Hammer-Ansage

Um das Budgetloch zu stopfen, brauche es eine gesellschaftliche Anstrengung. Top-Ökonom Holger Bonin sagt, was nun auf Österreich zukommen könnte.
Michael Rauhofer-Redl
31.03.2025, 16:54

Österreichs Wirtschaft steht vor immensen Herausforderungen. Erst vergangene Woche wurde bekannt, dass das Budgetloch noch viel größer ist als bislang bekannt. ÖVP, SPÖ und Neos vereinbarten im Regierungsprogramm Einsparungen in der Höhe von 6,4 Milliarden Euro für das heurige Jahr. Beim Budgetausschuss am Montag taten sich aber neue Abgründe auf: Im vorgelegten Zahlenwerk ist die Lücke plötzlich bedeutend größer! Fiskalratschef Christoph Badelt sprach gewohnt unverblümt von vier bis fünf Milliarden Euro an zusätzlichem Sparbedarf – und das alleine für die restlichen neun Monate von 2025!

Wie das Geld in die Staatskasse fließen soll, ist nun die große Frage. Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) schloss neue Steuern als Reaktion auf die Misere zuletzt dezidiert aus. Solche seien nicht Teil des Regierungsprogramms. Die Lage sei ernst, so der Politiker. Wie groß der heimische Schuldenberg ist, wird aber erst am Montag endgültig feststellen. Denn dann veröffentlicht die Statistik Austria Daten von Bundesländern, Gemeinden und Sozialversicherung.

Sparzwang größer, aber womöglich kleiner als erwartet

Zu dieser heiklen Causa äußerte sich Holger Bonin, Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS) in der ORF-Pressestunde am Sonntag. Man solle nicht in Panik verfallen, sicher aber jedenfalls Sorgen machen, damit es nicht zu einem "verlorenen Jahrzehnt" kommt. Österreich befindet sich ja mittlerweile im dritten Jahr der Rezession. Allerdings: Schon für kommendes Jahr erwarten Experten ein moderates Plus der Wirtschaftsleistung – dieses sei aber nicht fix. Der Ökonom nennt die Unsicherheitsfaktoren Ukraine oder die erratische Trump-Administration.

Bonin nennt die 12 Milliarden Sparvolumen, die zuletzt publik geworden sind, als "absolute Obergrenze". Ein bis drei Milliarden zusätzliches Sparvolumen hält er hingegen für durchaus realistisch. Das hängt eben mit den Daten aus den Gemeinden zusammen. Österreich habe sowohl ein Einnahme- als auch ein Ausgabenproblem. Speziell ausgabenseitig sei in Richtung Konsolidierung "noch Luft nach oben".

So reagieren die Österreicher auf die Sparpläne der Regierung

Private Haushalte stehen besser da

Das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte habe in den letzten fünf Jahren zwei Prozentpunkte zugelegt, die Wirtschaftsleistung im gleichen Zeitraum aber um fünf Prozentpunkte abgenommen. Es ergebe sich also eine Differenz von sieben Prozentpunkten. Ein Problem sei etwa die Gehaltsanpassung an die Inflation, bei gleichzeitig geringerer Produktivität gewesen. Das könne man machen, wenn es bei hohen Gewinnen um eine Verteilungspolitik ginge. Gleichzeitig würde so den Unternehmen aber deutlich weniger für Investitionen zur Verfügung stehen.

Der Staat habe gelitten, die Unternehmen hätten gelitten, lediglich die privaten Haushalte würden einigermaßen gut dastehen. "So schwer ich das sagen muss. Da wird man ran müssen". Sozial ausgleichend freilich, auf Dauer sei es aber nicht machbar, dass die Wirtschaft schrumpft und die privaten Einkommen steigen.

Gehe man das Defizitverfahren ein und würde klare Kante zeigen, wie das Geld eingespart werden soll, brauche man sich vor einem solchen Schritt nicht fürchten. Gelinge das nicht, würde Brüssel irgendwann das Ruder übernehmen und sagen, wie das Geld eingespart werden soll. Negative Auswirkungen durch ein solches Defizitverfahren könnte es auch auf den Finanzmärkten geben – Stichwort höhere Zinsen.

Doch was ist nun zu tun? Es gebe nicht "die eine Maßnahme", macht der Experte klar. So einfach sei es nicht. Bonin spricht von einem "dicken Brett". Bildung und Gesundheit seien beispielsweise große und komplexe Politikfelder.

Neue Steuern nicht unbedingt der richtige Weg

Die Frage, ob neue Steuern nun der richtige Schritt seien, müsse man differenziert betrachten. Gehe es etwa nur darum, Budgetlöcher zu stopfen, sei das "keine gute Idee". Österreich habe schon jetzt eine der höchsten Abgabenquoten Europas. Das betrifft nicht nur mögliche Erbschaftssteuern. Gleiches gilt auch für Steuern auf Vermögen. In diesen Bereichen seien "keine überbordenden Einnahmen" zu erwarten.

Man müsse disruptiv vorgehen, etwas Unerwartetes machen, aber nicht so vorgehen, wie die Trump-Administration, die auch disruptiv vorgehe. Es brauche eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung. Das betreffe in weiterer Folge auch den Sozialstaat oder die Pensionen. Werde man immer älter, dann sei auch klar, dass man auf Sicht länger arbeiten wird müssen, spricht Bonin eine für viele wohl unangenehme Wahrheit aus. Die Schritte müssten aber sozial verträglich sein.

{title && {title} } mrr, {title && {title} } 31.03.2025, 16:54
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