Schon am Samstagvormittag setzte es die erste FPÖ-Schelte für die Dreier-Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS. "Wie immer bei ÖVP-Ankündigungen, bleibt die Umsetzung auf der Strecke. Integrationsministerin Plakolm investiert ihre Arbeitszeit in Sanktionen für nicht ernst genommene Wertekurse, anstatt darüber nachzudenken, dass allein die bloße Notwendigkeit, Menschen zu solchen Kursen zu zwingen, schon der Beweis für ihre verfehlte Politik der Massen- und Messereinwanderung ist", so FPÖ-Sicherheitssprecher Gernot Darmann.
Darmann zielte mit seiner Attacke auf Plakolms noch unkonkrete Pläne ab, das Islamgesetz zu verschärfen und verpflichtende Integrationskurse mit Sanktionen umzusetzen. Was nach Darmanns Aussendung folgte, war ein Dauerfeuer an Kritik. FPÖ-Außenpolitiksprecherin Susanne Fürst nahm sich etwa NEOS-Außenministerin Beate Meinl-Reisinger an: "Meinl-Reisingers Auffassung zur österreichischen Neutralität zeugt von vollkommener Unkenntnis!" Die Außenministerin hatte im "Standard" erklärt, "Neutralität allein schützt nicht".
Zudem hatte die NEOS-Politikerin gesagt, dass sie das Neutralitätsverständnis der FPÖ "verfassungsrechtlich absurd und unverantwortlich" halte. Nachgelegt hatten nach Fürsts Aussendung gegen Meinl-Reisinger auch Wiener FPÖ-Landesparteiobmann Dominik Nepp und der FPÖ-EU-Delegationsleiter Harald Vilimsky. Auslöser: Die Außenministerin hatte sich ebenso im "Standard" für Sanktionen gegen Milorad Dodik, den Präsidenten der Republika Srpskas, ausgesprochen, da diese gegen die verfassungsmäßige Ordnung des Staates verstoße.
"Meinl-Reisingers Sanktions-Forderung gegen Dodik gefährdet das neutrale Ansehen Österreichs", so das FPÖ-Duo, "anstatt sich in geopolitische Konflikte einzumischen, sollte sich Österreich für Diplomatie und Dialog einsetzen". FPÖ-Bautensprecher Michael Oberlechner ging indes auf SPÖ-Vizekanzler Andreas Babler los, ortete eine "Mietenexplosion", bezeichnete Babler als "SPÖ-Pseudo-Wohnminister" und kritisierte eine seiner Ansicht nach "unbarmherzige ÖVP-Wohnpolitik, die von der Wiener SPÖ eiskalt mitgetragen wird".
"Die heutigen Aussagen des SPÖ-Finanzministers lassen das Schlimmste befürchten: Er erklärte, ein EU-Defizitverfahren sei 'überhaupt kein Hals- und Beinbruch'. Das ist eine ungeheuerliche und unverantwortliche Aussage des Ministers. Die schwarz-rot-pinke Bundesregierung steuert unser Land damit bewusst in ein EU-Defizitverfahren, das für die österreichische Bevölkerung massive finanzielle Belastungen bedeuten würde", kommentierte wiederum FPÖ-Finanzsprecher Hubert Fuchs einen Auftritt des SPÖ-Finanzministers.
Finanzminister Markus Marterbauer hatte in der Ö1-Reihe "Im Journal zu Gast" am Samstag erklärt, dass ein EU-Defizitverfahren nicht unbedingt eine Katastrophe wäre. "Es bedeutet im Wesentlichen, dass man die Budgetmaßnahmen laufend im Quartal mit der Kommission abstimmt. Also ich fürchte mich davor überhaupt nicht", so Marterbauer. Die ÖVP gebe "dem finanzpolitischen Druck des SPÖ-Vorsitzenden Babler nach, der ein Defizitverfahren als Vehikel zur Umsetzung seiner marxistischen Belastungsfantasien nutzen will", behauptete Fuchs.
Abschließen durfte den Reigen der FPÖ-Aussendungen noch einmal Darmann, dieses Mal an ÖVP-Innenminister Gerhard Karner gerichtet. "Antragszahlen belegen einmal mehr, dass Karners Ankündigungen einfach nichts wert sind!", erklärte Darmann, Karner habe im Dezember angekündigt, Asylanträge aus Syrien nicht mehr zuzulassen – "doch bereits im Jänner hat er dieses Versprechen gebrochen. Allein im Februar wurden erneut 315 Asylanträge von Syrern eingebracht". "Illegale Migration gegen null zu drängen", sei das Ziel, so der Innenminister.
Bis zu diesem Zeitpunkt gab es von den Regierungsparteien keine Reaktion, danach folgten überraschend direkte Antworten. "Während wir handeln, hat die FPÖ für leistbares Wohnen noch nie etwas getan", richtete SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim den Blauen aus: "Die FPÖ hat in all ihren Regierungsbeteiligungen nie etwas für leistbares Wohnen getan. Jetzt so zu tun, als wäre ihr plötzlich das Wohl der Mieter*innen ein Anliegen, ist schlichtweg heuchlerisch", hieß es. Die Regierung setze stattdessen den Mietpreis-Stopp durch.
NEOS-Wien-Klubobfrau Selma Arapović reagierte wiederum auf Nepps Kritik: "Österreich und die EU müssen handlungs- und verteidigungsfähiger werden. Dass eine pro-europäische Außenpolitik die FPÖ zur Weißglut treibt, ist eine Bestätigung ihres pro-russischen Kurses." Und: "Es ist bezeichnend, dass sich die FPÖ mehr um ideologische Verbündete von Putin bis Dodik sorgt als um die Zukunft von Wien", so NEOS-Klubobfrau, die vermutete: "Die Äußerungen von Nepp gab es im Freundschaftsvertrag mit Putin wohl gratis dazu."
Die letztlich gescheiterten Koalitionsverhandlungen rief der FPÖ schlussendlich der Finanzsprecher der Volkspartei, Andreas Ottenschläger, in Erinnerung: "Die Sparziele der Bundesregierung wurden von der FPÖ mitgestaltet. Dass die FPÖ jetzt nichts mehr von ihren eigenen Sparzielen wissen will, zeigt, dass es der Freiheitlichen Partei nicht um ernsthafte Arbeit für die Menschen unseres Landes geht. Vielmehr ist der einzige Punkt auf der Agenda der FPÖ das Skandalisieren der Arbeit der Bundesregierung." Und: FPÖ-Fuchs sei es gewesen, der noch vor wenigen Wochen die von ihm jetzt kritisiert Budgetpolitik selbst präsentiert habe.