DeepSeek-Wende

"USA haben Schlacht verloren" – China-Erfolg durch KI

Die KI-App DeepSeek aus China verändert die Dynamik. Sie stellt die Vorreiterrolle der USA und den Handelskrieg zwischen den beiden Ländern infrage.
29.01.2025, 21:23

Noch letzte Woche warnte Chinas Vizepremier Ding Xuexiang am WEF vor einer Eskalation des Handelskrieges mit den USA. "Protektionismus führt nirgendwohin, und in einem Handelskrieg gibt es keine Gewinner", so Xuexiang. Keine Woche später könnte China aber mit dem Erfolg der KI-App DeepSeek einen ersten Teilgewinn erzielt haben.

Das ist DeepSeek:

Diese Ansicht teilt Politikberater Remo Reginold: "Die Präsenz von DeepSeek kann definitiv als Teilerfolg gewertet werden." China schaffe es mit vermeintlich neuen Ansätzen, die westliche KI-Community herauszufordern, und demonstriert mit DeepSeek, dass man im Chip-Krieg vielleicht gar nicht so auf Chip-Power angewiesen ist. "Die Kursstürze bestätigen dies vortrefflich."

Jean Meneveau, Wirtschaftsberater bei Colombus Consulting, sieht in der KI-App aus China vor allem einen technologischen Durchbruch. "Dies stellt eine tiefgreifende Herausforderung für das wirtschaftliche Modell der KI dar, wie es in den letzten zwei Jahren von den amerikanischen – aber nicht nur – Technologieriesen entwickelt wurde." DeepSeek ebne den Weg für erschwingliche und vor allem Open-Source-KI, die das etablierte wirtschaftliche Paradigma stört.

"Symbolpolitik mit realen Konsequenzen"

Für Reginold sei DeepSeek daher auch ein Erfolg der Narrative. Nur weil DeepSeek sich als ressourcen- und infrastrukturarme KI-Alternative positioniert, fallen die Titel von wichtigen Infrastrukturanbietern. "Das ist vornehmlich Symbolpolitik mit realen Konsequenzen", so Reginold.

Remo Reginold und Jean Meneveau

Remo Reginold ist Politikberater und Co-Geschäftsführer der Firma Politikwissenschaftliche Beratung Schweiz GmbH. Er studierte Politikwissenschaften, Philosophie und Theologie und forschte in Frankreich, Großbritannien und den USA.

Jean Meneveau ist Gründer und geschäftsführender Partner von Colombus Consulting Schweiz. Zuvor arbeitete er über 15 Jahre lang in Beratungsunternehmen wie Accenture und Capgemini.

Entsprechend seien auch die Reaktionen an den Märkten zu sehen. "Bisher ging man in der westlichen Welt davon aus, dass die USA im Handelsstreit mit China im Bereich KI die Oberhand haben." Nun habe DeepSeek dieses Bild erschüttert – und die Märkte reagieren aufgeschreckt.

In Wahrheit seien etwa bis 2021 die meisten Entwicklungen in diesem Feld aus Zusammenarbeiten chinesischer und amerikanischer Unternehmen entstanden. Auch in der Zeit danach habe die USA keineswegs eine Monopolstellung auf KI-Technologie gehabt.

Eigentlich sollte Trump gelassen reagieren

Im Handelskrieg mit China versuchen die USA aber sehr wohl – oder gerade deswegen –, die Konkurrenz auszubremsen. Trump habe etwa mit seinem neuen 500-Milliarden-Dollar-AI-Stargate-Plan für Aufsehen gesorgt, wie Meneveau sagt. Zudem erschwert das Land mit einer neuen Gesetzgebung die Verfügbarkeit amerikanischer KI-Chips in weiten Teilen der Welt.

Hat China mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des neuen DeepSeek-Modells also konkret auf Trumps Amtsantritt und Drohgebärden reagiert? "Der Auftritt ist sicherlich clever gewählt und symbolisch geladen. Ich würde es aber nicht als direkt konzertierte Aktion verstehen", findet Reginold.

"Als Mann der Wirtschaft müsste Trump eigentlich gelassen sein." Das sei klassischer Wettbewerb. Zudem könnte es für den US-amerikanischen Präsidenten auch Grund zum Umdenken sein. "Es braucht vielleicht gar nicht die 500 Milliarden." Inwiefern die DeepSeek-Technologie allerdings wirklich weniger Chip-Power braucht, sei noch zu erkunden.

Weniger KI-Chips aus den USA für die Welt

Im sogenannten Rahmenwerk für die Verbreitung von künstlicher Intelligenz stellen die USA Bedingungen für Lieferungen von Chips und Technologie auf, die für die Entwicklung von KI gebraucht werden. Für viele Länder sollen neue Einschränkungen beim Import aus den USA gelten.

Effektiv bedeutet dies für Unternehmen entgegen mancher Medienberichte nicht, dass sie in Zukunft keine amerikanischen Chips mehr bekommen können. Allerdings müssen sie sich in einem offiziellen Verfahren als Empfänger der Technologie qualifizieren. Zudem gilt eine Obergrenze für die Menge an Rechenkraft, die in ein betroffenes Land geliefert werden kann.

Karten könnten neu gemischt werden

Sogar Trump selbst scheint die Situation anzuerkennen, indem er erklärt, dass amerikanische Unternehmen einen "Weckruf" benötigen, ergänzt Meneveau. "Darüber hinaus untergraben DeepSeeks Argumente einen Handelskrieg, der auf Investitionen, Zöllen oder anderen Ressourcenbeschränkungen basiert." Das Open-Source- und kostengünstige Modell störe diese Logik vollständig.

"Wie es aussieht, zeigt die neueste Entwicklung mit DeepSeek, dass die Vereinigten Staaten in Bezug auf Technologie eine bedeutende Schlacht verloren haben." Zukünftige Entwicklungen in der Nutzung von KI und diesen verschiedenen Modellen könnten jedoch auch die Karten neu mischen.

{title && {title} } red,20 Minuten, {title && {title} } 29.01.2025, 21:23
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