"Dramatische Folgen"
Suchtexpertin verrät "gefährlichste Droge" überhaupt
Rettungsdienste berichten von steigenden Einsätzen wegen Drogen bei Jugendlichen. Eine Sucht-Expertin analysiert die Lage und schätzt Gefahren ein.
Die Wiener Berufsrettung berichtet von immer mehr Rettungseinsätzen wegen Drogen bei Jugendlichen, österreichweit machen Minderjährige auch einen erschreckend großen Teil der Suchtmittel-Toten aus. Warum greifen Jugendliche zu harten Drogen und warum scheint es keine Grenzen mehr zu geben? Das versuchte Regina Walter-Philipp, ärztliche Leiterin der Suchthilfe Wien, am Dienstagabend bei Moderator Armin Wolf in der ORF-"ZIB2" zu analysieren.
"Haben eigentlich eine hohe Sicherheit"
Verschreibungspflichtige Beruhigungsmittel seien "hochwirksame Medikamente", warum diese vermehrt von Jüngeren missbraucht werden, erklärte sie mit mehr Ängsten und mehr Stress. Die hohe Wirksamkeit würde helfen, diese Erscheinungen zu mildern. Habe das mit Spätfolgen der Pandemie zu tun? "Wahrscheinlich auch", so die Expertin, Frauen würden aber auch unter "einer Mehrfachbelastung leiden", mit der Kindererziehung, aber auch durch die Teuerung.
"Das sind Medikamente, die korrekt angewendet eigentlich auch eine hohe Sicherheit haben", so Walter-Philipp, sie würden sich für Angst- und Schlafstörungen eignen. Zudem sei der Unterschied zwischen der Menge, die wirksam sei und jener, die toxisch sei, sehr groß, die Medikamente seien also auch sicher. Wer das Medikament verschrieben bekomme, werde auch entsprechend aufgeklärt, etwa über eine mögliche Sucht.
Marihuana laut Expertin keine Einstiegsdroge
Fentanyl als Schmerzmittel wiederum, das etwa die Suchtszene der USA überschwemme und auch in Deutschland vermehrt auftrete, sei in Österreich noch kein Thema. Bei Kokain wisse man jedoch, dass das "ein großes Thema" bereits seit Jahren sei, "aber das haben wir in allen Bereichen", so Walter-Philipp. "Ja, wir denken natürlich darüber nach", so die Expertin wiederum dazu, dass man sich auf eine Regulierung von Marihuana so wie in Deutschland vorbereite.
Warum könnte eine solche Regierung statt eines Verbots kommen? "Weil es so ist, dass wir wissen, dass ein Großteil der Bevölkerung mit dieser Substanz irgendwann im Leben einmal in Kontakt kommt." Da könne man nicht so tun, als würde es das nicht geben, so die Expertin. Den Begriff Einstiegsdroge ließ sie nicht gelten, denn eine solche gebe es gar nicht. Nach der Logik könne man auch sagen, dass viele Opiatabhängige rauchen oder Alkohol trinken würden.
"Es gibt auch keine gesunde Zigarette"
"Noch nicht ganz valide" Studien gebe es in Sachen E-Zigaretten und Nikotinbeuteln, sie sich vor allem bei Jüngeren immer größerer Beliebtheit erfreuen. Man wisse, dass Problem "die Verbrennung" sei, deswegen gehe man davon aus, dass "alles besser als die Zigarette" sei. Volkswirtschaftlich wiederum sei "katastrophal, was der Alkohol anrichtet", das sei klar, dass er zur "gefährlichsten Droge" werde.
Es sei "ein Zellgift", und die Folgen auf die Zellen seien "weit dramatischer" als bei vielen anderen Suchtmitteln. Das "gesunde Glas Rotwein" gebe es übrigens nicht, so die Expertin, auch wenn das immer wieder behauptet werde. Auch "nur" ein Glas Wein oder Bier täglich sei schädlich. Alkohol sei ein Zellgift, das den Körper angreift, "es gibt auch keine gesunde Zigarette", so Walter-Philipp.
Auf den Punkt gebracht
- Die steigende Anzahl von Rettungseinsätzen wegen Drogen bei Jugendlichen und die alarmierende Zahl von Suchtmittel-Toten bei Minderjährigen in Österreich werden von einer Suchtexpertin analysiert
- Sie weist auf den missbräuchlichen Einsatz von verschreibungspflichtigen Beruhigungsmitteln durch Jugendliche hin, der mit zunehmenden Ängsten und Stress in Verbindung gebracht wird
- Des Weiteren argumentiert sie gegen die Bezeichnung von Marihuana als Einstiegsdroge und betont die schädlichen Auswirkungen von Alkohol als "gefährlichste Droge"