Ein umstrittener Fall von assistiertem Suizid wurde vom Schweizer Bundesgericht zugunsten des Angeklagten entschieden. Eine 86-jährige Frau, die gemeinsam mit ihrem schwer kranken Ehemann sterben wollte, erhielt vom Arzt Pentobarbital verschrieben. Dies führte zu rechtlichen Auseinandersetzungen über die Zulässigkeit der ärztlichen Handlung.
Die 86-jährige Ehefrau hatte bereits eine Verfügung hinterlegt, in der sie ihren Wunsch nach einem assistierten Suizid festhielt. "Sie würde die Perspektive, länger als ihr Ehemann zu leben, psychisch nicht ertragen und wolle deshalb aus dem Leben scheiden", wie SRF dazu schreibt.
Der behandelnde Arzt Pierre Beck, damals Vizepräsident der Sterbehilfe-Organisation "Exit", wollte das Leiden eines gewaltsamen Suizids der Frau vermeiden. In der Schweiz gilt der assistierte Suizid schon seit Langem als legitime Option am Lebensende.
Vor dem Genfer Polizeigericht sagte Beck 2019: "Sie habe mehrmals klargemacht, dass sie sich auf jeden Fall umbringen werde, wenn ihr nicht erlaubt werde, zusammen mit ihrem Mann zu sterben", wie das katholische Medienzentrum schreibt.
Gemäß den Exit-Richtlinien in Genf:
Exit begleitet einzig Menschen bei zum Tod führender Erkrankung, subjektiv unerträglichen Beschwerden (auch psychosozial), unzumutbarer Behinderung oder bei Leiden in und am Alter. Freitodbegleitung darf gemäß Gesetz und Rechtsprechung nur gewährt werden, wenn die betroffene Person:
➤ weiß, was sie tut (Urteilsfähigkeit)
➤ nicht aus dem Affekt handelt und die möglichen Alternativen kennt (Wohlerwogenheit)
➤ einen dauerhaften Sterbewunsch hegt (Konstanz)
➤ von Dritten nicht beeinflusst wird (Autonomie)
➤ den Suizid eigenhändig ausführt (Tatherrschaft)
Eine Patientenverfügung kann die Sterbehilfe auch im Fall von künftiger eingeschränkter Urteils- oder Äußerungfähigkeit regeln.
exit.ch
Die Genfer Justiz befasste sich mehrfach mit dem Fall, nachdem das Bundesgericht die Verurteilung des Arztes wegen Verstoßes gegen das Heilmittelgesetz aufgehoben hatte.
Vor dem Bundesgericht ging es um die Frage, ob die ärztliche Abgabe von Pentobarbital an eine gesunde Person unter das Betäubungsmittelgesetz fällt. Dieses zielt darauf ab, die Abgabe von Betäubungsmitteln zu medizinischen und wissenschaftlichen Zwecken zu regeln.
Der Zweck des Betäubungsmittelgesetzes ist die Gesundheit und Sicherheit der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln und psychotropen Mitteln. Die Richterinnen und Richter entschieden, dass dies nicht der Fall sei, da eine solche Abgabe keinen medizinischen Nutzen habe und lediglich ethische Fragen aufwerfe.