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Lasse (17) lebt seit über einem Jahr im Zug

Statt einem Mietvertrag hat der Jugendliche das deutsche Pendant zum Klimaticket. Jetzt streikt die Bahn aber. Dafür hat er sogar Verständnis.

Heute Life
Lasse (17) lebt seit über einem Jahr im Zug
Lasse Stolley lebt seit über einem Jahr in der Bahn.
Lasse Stolley

In Deutschland heißt das "Klimaticket Ö" "Bahncard 100 First". Für den 17-jährigen Lasse Stolley ist die Bahncard das Ticket zu einem kompromisslosen Nomadenleben. Der Teenager lebt seit anderthalb Jahren in den Zügen der Deutschen Bahn.

Seit Anfang Jahr gar in der ersten Klasse. Mit Jugendrabatt kostet ihn sein rollendes Daheim 5.888 Euro pro Jahr. Der "Tages-Anzeiger" hat ihn in der DB-Lounge des Frankfurter Hauptbahnhofs getroffen.

Zurzeit hat es der junge Nomade nicht leicht. Denn: Die Bahn streikt mal wieder. Er habe am Frankfurter Flughafen auf einer Bank geschlafen. Nachts seien keine Züge unterwegs gewesen. Aber für mehr als zwei Nächte würde er das nicht empfehlen, verrät er dem Reporter. Er habe aber Verständnis für die Streikenden. "Allein von dem, was ich jeden Tag im Kundenkontakt sehe", wie er sagt.

Ich lag schon mit der Luftmatratze in der Gepäckablage
Lasse Stolley

Der Fast-Erwachsene aus Norddeutschland arbeitet als Programmierer für ein Software-Start-up. Neben der Bahncard ist sein zweiter großer Ausgabeposten darum ein Internet-Abo mit unbegrenztem Datenvolumen. Und wie lebt es sich so zwischen Sitzplatz, Gepäckablage und Bahnhofslounge?

"Ich habe in den ersten Monaten des Lebens im Zug gelernt, wie es am besten funktioniert", erzählt Lasse. Mit der Bahncard könne er nur Sitzplätze benutzen und darf nicht in den Liegewagen. "Da muss ich schon ziemlich kreativ werden: Ich lag schon mit der Luftmatratze in der Gepäckablage und im Bordrestaurant oder habe mich quer über die Sitze ausgebreitet." Anfangs sei der Schlaf schon ein Problem gewesen, inzwischen höre er nicht einmal mehr die Durchsagen.

Ich kann jeden Tag neu entscheiden, wo ich sein möchte.
Lasse Stolley

Das Leben als Dauerzugreisender ist durchaus beschwerlich. Privatsphäre gibt es nicht, Wäsche erledigt der Teenager meist von Hand. "Das ist oft zeitaufwendig, aber selbst das gibt mir das Gefühl von Freiheit, das ich so mag." Ferien macht der bloggende Bahnnomade ebenfalls – natürlich per Interrail. Die letzte Reise führte ihn nach Skandinavien.

Der 17-Jährige berichtet von einer schweren Jugendzeit und einem großen Verlangen, frei zu sein, nachdem er den Realschulabschluss gemacht habe. "Ich genieße es einfach unglaublich, dass ich jeden Tag neu entscheiden kann, wo ich sein möchte", sagt er. Er weiß aber auch: Sein Zugleben würde in anderen Ländern kaum funktionieren. Deutschland sei groß genug, dass er die ganze Nacht unterwegs sein könne. "In Ländern wie der Schweiz kann ich so lang am Stück nicht fahren."

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red
Akt.