"Heute"-Interview

Kurz: "Mitte-rechts-Regierung hätte dem Land gut getan"

Ex-Kanzler Sebastian Kurz spricht mit "Heute" über das 100-Millionen-Investment in seine Firma, den Ukraine-Krieg und die Koalitionsbildung in Wien.
Clemens Oistric
19.02.2025, 19:57

"Dream", an dem er beteiligt ist, entwickelt sich laut neuesten Meldungen traumhaft: Ex-Kanzler Sebastian Kurz (38) feiert auch als Unternehmer Erfolge. Diese Woche wurden weitere 100 Millionen Dollar in sein israelisches Cybersecurity-Unternehmen investiert. Es ist jetzt ein "Unicorn", Bewertung: eine Milliarde Dollar. Kurz hält 15 Prozent.

Im Interview mit "Heute" (Interview in voller Länge als Video) sagt er: "Für ist das ein großer Schritt, der es möglich macht, schneller weiter zu wachsen." Aktuell habe das vor zwei Jahren gegründete Unternehmen 150 Mitarbeiter. Ein "Team der besten Hacker der Welt" versuche bei "Dream" eine künstliche Intelligenz zu trainieren und "gute Cyber-Sicherheitslösungen für Staaten und kritische Infrastruktur anzubieten".

Video: Der komplette Kurz-Talk

Kurz ist sicher, "dass künstliche Intelligenz unser Leben in ganz vielen Branchen verändern wird". Nachsatz: "Und sie verändert definitiv auch die Art und Weise, wie Cyberangriffe stattfinden. Das ist definitiv ein boomender Bereich, wo es neue Lösungen braucht. Eine davon, sind wir."

"Lösung am Verhandlungstisch"

Angesprochen auf die aktuell laufenden Verhandlungen zwischen den USA und Russland für Frieden in der Ukraine sagt der ehemalige Außenminister: "Gott sei Dank findet das nun statt. Der Krieg begleitet uns schon viel zu lange und ist für die Menschen vor Ort nach wie vor ein Drama. Es sterben unzählige Menschen; ich war von Anfang an der Meinung, dass es eine Lösung am Verhandlungstisch brauchen wird. Ich bin sehr optimistisch, dass das zügig stattfinden kann."

"Trump hält, was er versprochen hat"

Die Rolle von Donald Trump empfindet Kurz als positiv: "Er hält, was er im Wahlkampf versprochen hat – nämlich dass er eine Lösung suchen wird." Den neuen alten US-Präsidenten beschreibt er als "unglaublich aktiv": "Er ist mit einer sehr disruptiven Kraft hineingestartet und setzt in allen Bereichen um, was er angekündigt hat – von Ukraine über seine Unterstützung für Israel bis hin zu innenpolitischen Themen wie den Kampf gegen illegale Migration". Kurz: "Der Erfolg gibt ihm Rückenwind. Mein Eindruck ist, dass er in den USA wesentlich anerkannter ist, als in seiner ersten Amtszeit."

„Diese ständige Wertung in Gut und Böse bringt uns nicht weiter.“
Sebastian KurzEx-Bundeskanzler

"Mehr Gelassenheit" wünscht sich der Ex-Kanzler angesichts der kontrovers diskutierten Rede von Trump-Vize JD Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Kurz: "Er hat davon gesprochen, dass es seiner Meinung nach zu wenig Meinungsfreiheit gibt und ist gleich einmal für diese Aussagen verbal niedergeknüppelt worden."

Er wünscht sich, "dass wir uns darauf verständigen, dass eine vitale Demokratie unterschiedliche Meinungen braucht", so Kurz. "Diese ständige Wertung in Gut und Böse, dieses Schubladisieren – etwa sobald jemand für eine harte Migrationslinie ist, ist er ein Rassist oder Nazi – das bringt uns nicht weiter."

"Braucht Restart in Migrationspolitik"

Nach dem fürchterlichen IS-Anschlag in Villach bekräftigt er einmal mehr: "Es braucht in Europa schon lange einen Restart der Migrationspolitik." Gesteuerte Migration könne einen wesentlichen Beitrag für die Volkswirtschaft bringen: "Etwa, wenn man hochqualifizierte Arbeitskräfte ins Land holt. Aber ungesteuerte, illegale Migration – oft von jungen, schlecht oder gar nicht ausgebildeten Männern – ist nichts, was unsere Bevölkerung besser, vielfältiger oder erfolgreicher macht, sondern das bringt viele Probleme mit sich", meint der 38-Jährige.

Aktuelle Zahlen würden eine "eindeutige Sprache" sprechen: "Es gibt eine zunehmende Herausforderung für unsere Sozialsysteme, an den Schulen und ja, leider ist auch ein deutlicher Anstieg im Bereich der Gewaltverbrechen zu sehen."

Einer Politik der offenen Grenzen kann er nichts abgewinnen: "Ich habe kaum erfolgreiche Länder außerhalb Europas erlebt, die unbeschränkt Menschen aufnehmen, ohne sie zu kontrollieren – sprich: Wer illegal kommen möchte, der kommt. Das gibt es sonst nirgends." Ein sicherer Staat könne "nur sicher bleiben, wenn klar ist, wer darf zuwandern und wer nicht".

„Ich war sehr überrascht, dass Kickl die Möglichkeit, Bundeskanzler zu werden, nicht genutzt hat.“

Das Platzen der FPÖ/ÖVP-Koalition kam auch für den zweimaligen Regierungschef überraschend: "Ich hätte damit gerechnet, dass es zu einer blau-schwarzen Koalition kommt. Eine Mitte-rechts-Regierung hätte dem Land in Fragen wie Migration oder Standort sicherlich gut getan", so Kurz. Nachsatz: "Ich war sehr überrascht, dass Herbert Kickl die Möglichkeit, Bundeskanzler zu werden, nicht genutzt hat." In Koalitionsverhandlungen sei es wichtig, "auf Augenhöhe zu agieren und nicht den anderen zu unterwerfen.

"Stocker hat Kraft, Land gut zu führen"

Anerkennende Worte findet er für seinen Nach-Nachfolger. Christian Stocker für die Verhandlungen "sehr besonnen und gut", befindet der Ex-ÖVP-Chef: "Ich glaube, er hat auch die notwendige Kraft, die es braucht, um eine Lösung zustande zu bringen und das Land dann gut zu führen". Wie die Verhandlungen mit der SPÖ laufen? "Ich war jetzt lange im Ausland, aber was ich höre: solide."

Ob er es für problematisch hält, dass nicht Wahlgewinner Kickl die nächste Bundesregierung anführen wird, will "Heute" abschließend wissen. Kurz: "Er hätte eine Möglichkeit gehabt, eine Regierung zu bilden. Er hat sich hier anders entschieden, das ist zur Kenntnis zu nehmen."

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