Ukraine-Krieg
Experte warnt: "Russland schreckt nicht davor zurück"
Die USA haben nach monatelangem Ringen ein milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine abgesegnet. Ein Experte sagt, ob dieses nun zu spät kommt.
Nach der Freigabe neuer Ukraine-Hilfen durch den Kongress hat US-Präsident Joe Biden ein sofortiges neues Militärpaket für das von Russland angegriffene Land angekündigt. "In den nächsten Stunden" werde man damit beginnen, Ausrüstung für die Flugabwehr, Artillerie, Raketensysteme und gepanzerte Fahrzeuge in die Ukraine zu schicken, sagte Biden am Mittwoch bei einer Rede im Weißen Haus. Doch es stellt sich die Frage, ob die Hilfe für das kriegsgebeutelte Land zu spät kommt – nachdem das Paket monatelang blockiert worden war.
Weitere russische Angriffswelle zeichne sich ab
Oberst Markus Reisner vom österreichischen Bundesheer erklärte am späten Mittwochabend in der ORF-"ZIB2" bei Moderator Armin Wolf, dass die von den USA nun abgesegneten 61 Milliarden Dollar eine "enorme Bedeutung für die Ukraine" hätten, da in einem Abnützungskrieg Russland immer mehr Material in die Schlacht werfen würde. Lieferungen würden demnach relativ schnell geschehen, zudem würden die USA gezielt Waffensysteme zur Verfügung stellen, da sich abzeichne, dass Russland eine weitere, große Offensive auf die Ukraine starten würde.
Raketen würden die Ukraine in die Lage versetzen, russische Posten und Versorgungsstationen in der Ukraine anzugreifen und die Russen zu schwächen, so Reisner. Einen solchen Effekt habe man schon beim Waffensystem HIMARS gesehen, nach dessen Lieferung sich Russland habe zurückziehen und neu organisieren müssen. Die USA seien interessiert, die Ukraine zu unterstützen, aber "es nicht zu einer Eskalation kommen" zu lassen, so Reisner dazu, warum nicht eine gemeinsame Raketenabwehr wie im Fall der iranischen Angriffe aus Israel geschehe.
Lage "absichtlich schöngeredet"
Man dürfe "den Gegner auf keinen Fall unterschätzen", man habe sich "die Situation schöngeredet", so der Oberst, die Ukraine sei nur "aus der Westentasche unterstützt" worden. "Wir haben das faktisch in den Handen", wie die Ukraine weiter bestehe, nämlich durch Unterstützung, so der Oberst. Die Ukraine versuche, dieses Jahr defensiv zu sein, um nächstes Jahr wieder in die Offensive zu gehen – die Frage sei aber auch, wie die Wahlen in den USA ausgehen würden und ob dann die Unterstützung für die Ukraine noch halte, so Reisner. Das Dilemma: Die Ukraine versuche, ihre Soldaten aus den Schützengräben heraus zu rotieren.
Russland dagegen habe noch ein riesiges Potenzial, weitere Soldaten zu mobilisieren, so Reisner. Man gehe davon aus, da rund 500.000 russische Soldaten in der Ukraine kämpfen würden, rund das 2,5fache von dem, mit dem Russland die Offensive auf die Ukraine begonnen habe. "Russland schreckt nicht davor zurück", weitere Soldaten in Massen zu mobilisieren, wenn es "diesen Sieg in Griffweite" habe, so Reisner. Es gebe nun drei Szenarien: Entweder Russland oder – eher unwahrscheinlich – die Ukraine breche durch, alternativ gebe es noch die Möglichkeit eines aufdiktierten Friedens als Verhandlungslösung.
So sieht es in einer US-Munitionsfabrik aus
USA beschlossen auch Hilfe für Israel
US-Präsident Joe Biden hatte am Mittwoch das Gesetzespaket im Umfang von 95 Milliarden US-Dollar unterzeichnet, das der Senat erst am Dienstagabend gebilligt hatte. Zuvor hatte es monatelang im Repräsentantenhaus festgehangen. Neben 61 Milliarden Dollar für die Ukraine sind Kriegshilfen für Israel und humanitäre Unterstützung für die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen im Umfang von 26 Milliarden Dollar vorgesehen, außerdem acht Milliarden Dollar für Taiwan und den indopazifischen Raum, um auf die Bedrohung durch China zu reagieren.