Am 14. Dezember soll ein 23-Jähriger mit einem Faustschlag Rapid-Star Guido Burgstaller niedergestreckt haben. Die Attacke ereignete sich in den frühen Morgenstunden vor der beliebten Diskothek Volksgarten. Der ehemalige ÖFB-Teamspieler – er hatte 1,68 Promille Alkohol im Blut – stürzte nach hinten und blieb bewusstlos liegen, musste zehn Tage lang im Spital behandelt werden.
Ein brisantes Gerichtsgutachten zeigt nun das gesamte Ausmaß der Verletzungen. Der 35-Jährige habe beim Sturz auf den Gehsteig einen Berstungsbruch des Schädels erlitten, mit Hirnprellungsherden im Bereich beider Stirnlappen und des linken Kleinhirns – verbunden mit Blutungen zwischen den Hirnhäuten.
Am Donnerstag musste sich der bisher unbescholtene Angreifer wegen schwerer Körperverletzung am Landesgericht Wien verantworten. Weil der Österreicher bereits Morddrohungen erhalten haben soll, fand der Prozess unter massiven Sicherheitsvorkehrungen statt. Aufgrund von Drohungen der Ultras wurde der Angeklagte hermetisch abgeschirmt. Zahlreiche Beamte in Uniform und zivil waren vor und im Gebäude präsent.
"Kurz und schmerzlos: Wir hoffen auf ein mildes Urteil. Mein Mandant bekennt sich schuldig", erklärte Star-Anwalt Klaus Ainedter vor Prozessbeginn gegenüber "Heute". Im Gerichtssaal verdeckte der junge Mann, er erschien mit schwarzem Hoodie und gleichfarbiger Kappe, sein Gesicht. Der 23-Jährige arbeitet derzeit nur Teilzeit, verdient 1.100 Euro im Monat. Laut eigenen Angaben sei sein gesamtes Erspartes mittlerweile aufgebraucht.
Wie die Staatsanwältin gleich zu Prozessbeginn klarstellte, sei man zunächst von einer absichtlich schweren Körperverletzung ausgegangen, weil vermutet wurde, dass es sich um eine absichtliche Attacke auf Herrn Burgstaller gehandelt habe. Erst dann habe sich herausgestellt, dass es sich um eine "unbedeutende Auseinandersetzung" gehandelt habe. "Burgstaller zog sich die Verletzungen durch den Sturz zu", erklärt sie weiter.
Die Forderung von Schmerzengeld in Höhe von 80.000 Euro stößt dem Anwalt des Angeklagten sauer auf. "Wichtig ist es, die richtige Strafbemessung zu finden. Der Angeklagte hat das Haftübel verspüren müssen. Ich glaube, Haftgründe sind nie vorgelegen. Gelindere Mittel hätten gereicht", stellt Star-Anwalt klar.
Sein Mandant habe nur zwei Tage nach seiner Freilassung die fristlose Kündigung seiner Arbeit bekommen. "Seitdem ist er nur behelfsmäßig beschäftigt. Das wird zu berücksichtigen sein. Es wird schwierig für ihn, mit einer Vorstrafe wieder Fuß zu fassen", so Ainedter weiter. "Das Schmerzengeld, das der Gerichtsgutachter Reiter errechnet hat, beträgt 4.300 Euro. Die haben wir in bar dabei und werden sie übergeben."
Sein Mandant habe sich nicht nur gestellt, sondern auch reumütig gezeigt: "Er hat auch eine Antiaggressionstherapie angefangen. Es ist nämlich auch für den Angeklagten unerklärlich, wie er sich dazu hinreißen hat lassen, um 6 Uhr früh vor dem Club so zu regierend und Burgstaller mit der linken Hand, obwohl er Rechtshänder ist, geschlagen hat."
Der 23-Jährige habe kurz nach der Tat Morddrohungen erhalten. "Er fürchtet sich bis heute", betont der Star-Anwalt weiter. Es bestehe auch über den Prozess hinaus eine erhebliche Gefährdung der körperlichen Sicherheit seines Mandanten.
"Mein Mandant macht die Maturaschule, er will was aus seinem Leben machen. Der Schlag ist ein Schicksalsschlag und hat das Leben zweier Menschen für immer verändert", so Ainedter, der eine "diversionelle Erledigung" beantragt. "Ich hoffe, das Gericht denkt diese Möglichkeit an. Wenn nicht, hoffe ich auf ein mildes Urteil."
"Ich bekenne mich schuldig. Ich möchte mich entschuldigen. Es tut mir leid. Ich möchte mich nicht rausreden", erklärt der Angeklagte, er trägt Brille, zurückgekämmt braune Haare und einen Dreitagebart, zu Beginn. Er sei an dem Abend auf der Weihnachtsfeier seines Ex-Arbeitgebers gewesen. Sein ehemaliger Arbeitskollege sei von Burgstallers Begleiterin angesprochen. Er habe ihr daraufhin ein Feuerzeug gegeben.
"Dann ist der Burgstaller gekommen und fragte mich, was ich mit ihr zu reden habe. Ich hab den Burgstaller weggeschubst und kurz danach einen Faustschlag versetzt", gesteht der 23-Jährige. Daraufhin sei er von der Situation überfordert gewesen und weggelaufen.
In Österreich sei er kein Fußballfan. "International bin ich ein Real Madrid-Fan", so der Angeklagte weiter. Das Opfer kannte er nur vom Namen, nicht vom Gesicht her. Der Rapid-Star soll ihn beschimpft haben, ist sich der junge Mann, der wieder Vollzeit arbeiten will und nach seiner Matura im September ein Studium anstrebt, sicher. "Ich hab ihn mit der linken Faust auf der rechten Gesichtshälfte getroffen. Ich kann mir diese Kurzschlussreaktion bis heute nicht erklären."
"Burgstaller war nah dem Sterben. Das hätte auch anders ausgehen können", so der zuständige Richter, der zuvor das Video der Tat zeigte. Man sieht wie Burgstaller einfach dasteht, dann umgeschlagen wird und wie ein Stein zu Boden fällt. Es sind nur 16 Sekunden zwischen Erstkontakt und K.O.
Einen Handshake als Geste der Entschuldigung lehnt der Rapid-Star ab. "Das will der Herr Burgstaller seit gestern nicht mehr", erklärt sein Anwalt. Mittlerweile nimmt auch Rapid-Funktionär Steffen Hofmann im Gerichtssaal Platz. Der 44-Jährige verfolgt die Geschehnisse im Saal mit ernster Miene.
"Da war ein Rosenverkäufer. Die Frau hat gefragt, für wen die Rose ist, ich sagte: für dich. Dann kam der Burgstaller und hat gefragt, was das soll und was da los ist", erinnert sich der ehemalige Arbeitskollege des Angeklagten, der als Zeuge geladen ist. "Wir haben davor den Dialekt gehört und ich hab sie gefragt, woher sie kommt, lustig gemacht haben wir uns nicht."
"Ich hab den Burgstaller erkannt", sagt der 21-Jährige. "Mein Kollege hat ihn aber nicht erkannt." "Was ist in den 16 Sekunden passiert, fragt der Richter. "Burgi fragte uns, wollt ihr von der Frau? Wir sagten: gar nix, alles ganz entspannt. Der Angeklagte sagte dann: Das ist nicht Oberösterreich, sondern Wien", entgegnet der Zeuge. Ob es zu Beschimpfungen kam, wisse er nicht mehr.
"Es war Alkohol im Spiel. Es gab ein Wortgefecht mit Beschimpfungen. Aber was genau gesagt wurde, weiß ich nicht mehr. Ich blieb nach dem Schlag da und hab der Polizei meinen Ausweis gegeben", betont er weiter. Dem Angeklagten habe er am nächsten Tag Sprachnachrichten gesendet. "Als er erfahren hat, wer das Opfer ist, reagierte er fassungslos."
Burgstaller, der ganz in Schwarz, mit Brille und Venturini-Hemd im Zeugenstand Platz nahm, kann sich an den Vorfall nicht erinnern. "Wir sind raus mit dem Mannschaftskollegen und der Freundin und haben mit dem Taxi verhandelt. Der wollte so viel Geld. Dann bin ich im Krankenhaus aufgewacht", so der ehemalige Teamspieler weiter.
"Ich hab einen Schädelbasisbruch mit Einblutungen im Gehirn gehabt. Ein kleines Stück Zahn ist mir ausgebrochen. Ansonsten nichts Äußerliches im Gesicht", so Burgstaller weiter. "Körperlich gehts mir allerdings gut. Ich habe aber Probleme mit den Sinnesorganen. Ich rieche und schmecke nichts." Mittlerweile sei er jedoch schmerzfrei. Weil er auch eine Netzhautablösung hatte, müsse er seit dem Vorfall Brillen tragen. "Weil ich auch lichtempfindlich bin", erklärt der ehemalige Deutschland-Legionär.
"Warum der Angeklagte zugeschlagen hat, weiß ich nicht", schildert die Begleiterin des Fußballers. "Wir haben nichts Lautes gehört. Ich habe keinen Streit wahrgenommen." Sie habe zuvor die beiden Männer um ein Feuer gefragt und sich kurz unterhalten, so die 31-jährige Frau aus Oberösterreich. "Es war ein kurzes Gespräch, woher wir kommen."
Der zweite Herr habe ihr eine Rose geschenkt. Dann sei sie zum Taxi gegangen. Als sie sich umdrehte, sah sie, wie Burgstaller bei den beiden Männern stand. "Der Guido ist zusammengesackt und mit voller Wucht auf den Asphalt aufgeschlagen. Ich bin sofort zu ihm hin gegangen. Der Angeklagte ist davongelaufen", so die gebürtige Riederin.
<<< Kurz nach 10:30 Uhr wurde dann das Urteil verkündet! Der 23-Jährige wurde der schweren Körperverletzung schuldig gesprochen. Das Gericht verdonnerte den Mann zu einer bedingten Haftstrafe in Höhe von 16 Monaten, zudem wurde ihm eine einjährige Psychotherapie und Bewährungshilfe verordnet. >>>
"Vor dem Gesetz sind alle gleich. Es ist ein großes Pech, wen sie erwischt haben. Aber das spielt für die Strafe keine Rolle. Es war eine Impulstat, die nicht geplant war. Viele Milderungsgründe lagen vor. Der Kiefer wurde nicht verletzt. Eine Möglichkeit auf Diversion sehe ich nicht. Es spricht allerdings für sie, dass die Verletzung durch den Sturz passierte. Sie haben aus Dummheit und Impuls gehandelt, sind unbescholten", begründet der zuständige Richter das Urteil. "Beim ersten Mal landet man nicht im Gefängnis. Nur wenn man Wiederholungstäter ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit. Beides sind Sie nicht."
Weil sich der Anwalt des Angeklagten drei Tage Bedenkzeit erbat, ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.