Keine Koalition mit SPÖ
Babler warnt: "ÖVP ist nicht bewusst, was jetzt droht"
Die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ sind gescheitert – die Parteien geben sich gegenseitig die Schuld dafür. Nun rechnet Babler ab.
Nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen der ÖVP mit der SPÖ und dem angekündigten Abschied von Karl Nehammer als Bundeskanzler und ÖVP-Obmann versinkt Österreich im Polit-Chaos! Die Volkspartei habe die Verhandlungen mit den Sozialdemokraten abgebrochen, weil man sich in Kernpunkten nicht einigen konnte – so die Begründung.
Die Schuld für das Scheitern schob ÖVP-Chef Nehammer dabei der SPÖ zu. Dort hätten "die destruktiven Kräfte die Oberhand gewonnen", teilte der Noch-Bundeskanzler am Samstag in einem Video-Statement mit. Er werde kein Programm unterschreiben, das wirtschaftsfeindlich, wettbewerbsfeindlich und leistungsfeindlich sei, stellte Nehammer klar und kündigte darin auch gleich seinen Rückzug als Kanzler und ÖVP-Chef an.
"Keine gute Nachricht für unser Land"
SPÖ-Chef Andreas Babler lässt die Schuldzuweisung aber nicht auf sich sitzen – und schiebt sie stattdessen der Volkspartei zu. "Die ÖVP hat die Regierungsverhandlungen mit uns abgebrochen und das ist keine gute Nachricht für unser Land. Wir haben Lösungen für alle offenen Punkte angeboten, doch am Ende hat sich in der ÖVP jener Flügel durchgesetzt, der seit Anfang an mit den Blauen geliebäugelt hat", so der SPÖ-Boss.
Und weiter: "Jener Flügel, der glaubt, er kann weitermachen wie bisher", erklärte Babler am Samstag in einer Pressekonferenz. Nehammer hätte sich vielleicht bewegt, aber seine Partei habe ihm diesen Bewegungsspielraum schlicht nicht gegeben. "Der ÖVP ist nicht bewusst, was jetzt droht", warnte Babler.
"Wir haben klargemacht, dass es Staatsverantwortung braucht, ein Aufeinanderzubewegen und die Bereitschaft, den großen Herausforderungen gegenzusteuern", so der SPÖ-Chef, der bei den Gesprächen nochmals die anstehenden Herausforderungen vom Budgetloch von 18 Milliarden Euro über die schrumpfende Wirtschaft und Betriebsschließungen bis hin zur explodierenden Arbeitslosigkeit deutlich gemacht hat. "Es ist unsere Überzeugung, dass wir die staatspolitische Verantwortung haben, hier schnell und entschlossen gegenzusteuern. Ich habe Karl Nehammer deshalb angeboten, im Interesse des Landes das gesamte Wochenende durchzuverhandeln. Denn die letzten Wochen sollten nicht umsonst gewesen sein."
Diskutiert und gestritten
In vielen Stunden sei diskutiert und auch gestritten worden, "und ich war überzeugt, auch die letzten offenen Punkte miteinander einer Lösung zuführen zu können, denn wir haben Fortschritte gemacht - etwa in den Bereichen Integration, Arbeitsmarkt und Bildung. Deshalb habe ich heute nochmals klargemacht, dass wir als SPÖ natürlich bereit sind, Kompromisse einzugehen, denn Verhandlungen können keine Einbahnstraße sein. Karl Nehammer hat das begriffen, ich möchte ihm ausdrücklich danken. Die Kräfte, die sich letztlich durchgesetzt haben, wollten das nicht".
Der SPÖ-Chef betonte, dass außer Frage steht, dass das Budget saniert werden muss. "Für uns war klar: Es müssen alle einen Beitrag leisten. Das wird nicht einfach, gerade für eine Sozialdemokratie nicht. Alle heißt aber eben auch: alle - auch diejenigen, die in letzten Jahren Rekordnettogewinne, wie etwa die Banken mit 34 Mrd. Euro Gewinn, eingefahren haben. Wir wollten Maßnahmen, die auch einnahmenseitig dazu beitragen, das enorme Budgetloch fair zu sanieren und Zukunftsprojekte starten zu können", so Babler, der betonte, dass die SPÖ nicht auf Vermögenssteuern bestanden, sondern Alternativen angeboten habe.
"Die ÖVP war nicht bereit"
"Doch die ÖVP war nicht bereit, gemeinsam über eine faire Gestaltung der Budgetsanierung nachzudenken, über eine ausgewogene Sanierung mit Spielraum für Projekte", so Babler. "Wir konnten uns mit der ÖVP nicht darauf verständigen, dass leistbares Wohnen mehr wert ist als der Profit der Immobilienkonzerne. Wir konnten uns nicht darauf verständigen, dass leistbare Energiepreise mehr wert sind als Aktienkurse und Dividenden. Wir konnten uns nicht darauf verständigen, dass diejenigen, die besonders profitieren, auch ihren gerechten Beitrag leisten. Die ÖVP verstand unter 'alle', die einen Beitrag leisten müssen, ausschließlich Arbeitnehmer und Pensionisten", sagte Babler.
Die ÖVP wollte Gehaltseinbußen für Lehrer, Pfleger und Polizisten für zwei Jahre in Folge. Die ÖVP wollte Einbußen für die Pensionen aller Pensionisten für drei Jahre in Folge und das gesetzliche Pensionsantrittsalter auf 67 Jahre erhöhen. Die ÖVP wollte die Ausgaben im Gesundheitsbereich kürzen - 20 Prozent allein bei den Spitälern. "Das sind Punkte, bei denen die SPÖ einfach nicht mitgehen kann. Vor allem nicht, wenn die ÖVP darauf beharrt, dass jene keinen Beitrag leisten, die in den letzten Jahren besonders profitiert haben", so der SPÖ-Vorsitzende. Die Einbußen bei den Pensionen würden für jeden, die oder der heute in Pension geht, 20.000 Euro Verlust bedeuten, während sich andere davor drücken, ihren Beitrag zu leisten.
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"Ich bin auch enttäuscht"
"Ich verstehe, wenn heute viele Menschen enttäuscht und auch wütend sind. Ich bin auch enttäuscht. Staatsverantwortung ist kein politisches Spiel", so Babler, der klarstellt: "Die SPÖ wird weiter eine starke Stimme für soziale Politik sein, denn wir wissen, was droht: Blau-Schwarz und damit ein rechtsextremer Kanzler, der unsere Demokratie gefährden wird, Pensionskürzungen im großen Stil, Abbau im Sozialsystem und Einschnitte zu Lasten der großen Mehrheit. Die SPÖ hat alles dazu beigetragen, unserem Land eine positive Richtung zu geben und uns das ersparen zu können."
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Auf den Punkt gebracht
- Die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ sind gescheitert, wobei beide Parteien sich gegenseitig die Schuld zuschieben.
- SPÖ-Chef Andreas Babler warnt vor den drohenden Konsequenzen und kritisiert die ÖVP für ihre Weigerung, Kompromisse einzugehen, insbesondere in Bezug auf eine faire Budgetsanierung und soziale Gerechtigkeit.