Neue Zahlen

Riesiges Budgetloch! Jetzt kommt Stunde der Wahrheit

Hochspannung vor Präsentation neuer Zahlen zum Budgetloch. Die Ampel-Verhandler stehen am Scheideweg: EU-Defizitverfahren riskieren oder nicht?

Angela Sellner
Riesiges Budgetloch! Jetzt kommt Stunde der Wahrheit
Knackpunkt für die Ampel-Chefs Nehammer (ÖVP), Babler (SPÖ) und Meinl-Reisinger (Neos)  ist der Sparkurs der künftigen Regierung
Helmut Graf; Denise Auer; Imago; "Heute"-Collage

Wie es tatsächlich um Österreichs Staatsfinanzen bestellt ist und wieviel die künftige Regierung wird einsparen müssen, kommt jetzt mit den aktuellsten Zahlen aus Brüssel ans Licht. Die EU liefert am 15. Dezember die Daten nach Wien – am Montagvormittag präsentiert Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt den "Bericht über die öffentlichen Finanzen 2023 - 2028" sowie seine Empfehlungen.

Das ist dann die Basis, auf der ÖVP, SPÖ und Neos in den kommenden Tagen Tacheles reden werden. Auf zwischen 15 und 23 Milliarden Euro wurde das Loch in der Staatskasse zuletzt beziffert. Erst am Freitag hatte die Nationalbank Alarm geschlagen – das Budgetloch sei noch größer als angenommen, das Defizit werde heuer bei 3,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und 2025 sogar bei 4,1 Prozent liegen.

Koalitions-Stolperstein

Die Koalitionsverhandler stehen am Scheideweg. Denn die Frage des Budgets und notwendiger Sparmaßnahmen ist der Hauptstreitpunkt der Ampel.

Und in der Frage des Sparens hat die EU wesentlich mitzureden. Österreich erfüllt die EU-Schuldenregeln bei weitem nicht – die Brüsseler Grenzwerte liegen bei 3,0 Prozent Defizit und einer Staatsschuldenquote von 60 Prozent des BIP (wir sind bei rund 80 Prozent).

FOTOS – Palais Epstein: Hier wird die Ampel verhandelt

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    Hier wird aktuell die Austro-Ampel ausgehandelt.
    Hier wird aktuell die Austro-Ampel ausgehandelt.
    Christian Kreuziger / picturedesk.com

    EU-Defizitverfahren droht

    Deshalb droht die EU uns mit der Einleitung eines Defizitverfahrens. Was ebenfalls für einen heftigen Konflikt der Ampel-Verhandler sorgt. Während ÖVP und Neos das unbedingt vermeiden wollen, plädiert die SPÖ dafür, ein solches Verfahren zu riskieren, da es den Spardruck für die Regierung erheblich reduzieren würde.

    Der Hintergrund: Paradoxerweise sind die von Brüssel vorgegebenen Sparrichtlinien innerhalb eines Defizitverfahrens weniger streng. Heißt: Mit dem Verfahren müsste die neue Regierung weniger einsparen und hätte dafür länger Zeit, nämlich bis zu sieben Jahre.

    So viel müsste Österreich einsparen

    Konkret: Ohne Defizitverfahren müsste Österreich in den nächsten vier Jahren rund 23 Milliarden Euro einsparen, mit Defizitverfahren rund 15 Milliarden. Erstreckt auf sieben Jahre wären es etwa 17 Milliarden Euro.

    Österreich hat nun zwei Möglichkeiten, über die bei den Ampelverhandlern keine Einigkeit herrscht.

    Die erste Möglichkeit: Um ein Defizitverfahren zu vermeiden, müssen wir bis zum Treffen der EU-Finanzminister am 21. Jänner 2025 ein Maßnahmenpaket nach Brüssel liefern, mit dem wir das Defizit bereits 2025 unter die Dreiprozentgrenze drücken. Eigentlich hätte Österreich das schon im Herbst liefern müssen, die Frist wurde mit Rücksicht auf die laufenden Regierungsverhandlungen erstreckt.

    Der zweite Weg: Österreich liefert nichts nach Brüssel, dann entscheidet die EU, ob sie uns ein Defizitverfahren aufbrummt – was als wahrscheinlich gilt.

    SPÖ: "Erleichterungen bei Konsolidierung"

    Die SPÖ drängt darauf, dass Österreich ein Defizitverfahren bewusst in Kauf nimmt. Andreas Schieder, SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament und Mitverhandler der Koalition, spricht sich klar dafür aus – mit dem Argument, dass es "wesentliche Erleichterungen im Konsolidierungsprozess mit sich bringen würde" und die künftige Regierung dann mehr Geld – und zwar etliche Milliarden mehr – ausgeben könnte.

    SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim erklärt es in einem Video-Statement so: "Entweder wir machen weiter wie bisher nach dem Motto: 'Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.' Dann müssen wir 23 Milliarden Euro auftreiben und das würde unser schönes Land einfach aushungern. Oder wir holen uns Unterstützung von der EU, denn dann müssen wir 'nur' 15 Milliarden Euro auftreiben."

    Gegen ein Defizitverfahren spricht, dass es Österreichs Ruf an den Finanzmärkten und damit dem Wirtschaftsstandort schaden könnte, erklärt Ökonom Hanno Lorenz vom ThinkTank Agenda Austria im Gespräch mit "Heute". Und: "Es löst das Schuldenproblem nicht, verschiebt es nur nach hinten", so Lorenz.

    ÖVP und Neos dagegen

    ÖVP und Neos wollen das Defizitverfahren jedenfalls vermeiden. Man müsse sofort mit harten Einsparungen bei den Staatsausgaben beginnen und alles tun, um den Wirtschaftsstandort wieder attraktiv zu machen, die Konjunktur anzukurbeln. "Wenn der Wirtschaftsmotor anspringt, sprudeln auch die Einnahmen wieder für Bund, Länder und Gemeinden. Dann kann man wieder gut und solide in soziale Sicherheit und Zukunftsprojekte investieren", so Wirtschaftskammer-Präsident und ÖVP-Topverhandler Harald Mahrer im "Heute"-Interview.

    Welchen Kurs man gegenüber der EU einschlägt, wird in der kommenden Woche eine zentrale Frage in den Ampelverhandlungen auf Chefebene sein.

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      Auf den Punkt gebracht

      • Österreich steht vor einem erheblichen Budgetloch von bis zu 23 Milliarden Euro, was die Koalitionsverhandlungen der Ampelparteien stark belastet.
      • Neue Zahlen zu Österreichs Staatsfinanzen kommen am Montag vom Fiskalrat.
      • Während ÖVP und Neos ein EU-Defizitverfahren vermeiden und sofortige Sparmaßnahmen einleiten wollen, plädiert die SPÖ dafür, das Verfahren in Kauf zu nehmen, um den Sparzwang zu mildern und mehr Zeit für die Konsolidierung zu gewinnen.
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