Harald Mahrer im "Heute"-Talk
"Riegel vorschieben": VP-Grande spricht Ampel-Klartext
Die Steirer-Wahl könne für die Koalitionsverhandler "zum Rendezvous mit der Realität" werden, sagt Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer "Heute".
"Deutlicher, als zu erwarten war" sei der Sieg der FPÖ in der Steiermark ausgefallen, analysiert Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer im großen "Heute"-Interview. Seine Erklärung für die 35 Prozent der blauen? "Sie adressieren Themen einfach besser, wenn es um die Ängste und Sorgen der Menschen geht. Das muss man ernst nehmen."
Video: Der komplette Talk mit Harald Mahrer
Es gebe "Themen, die den Menschen unter den Fingernägeln brennen", so Mahrer. Diese wären? "Allen voran diese große zentrale Gerechtigkeitsfrage – nämlich der Unterschied zwischen denjenigen, die arbeiten könnten, aber nicht wollen und jenen, die arbeiten können und wollen." Diesen müsse "nachher mehr netto vom Brutto übrigbleiben."
Denjenigen, "die sagen, ich will nicht, ich will Trittbrettfahrerin oder Trittbrettfahrer sein, da muss man einen Riegel vorschieben", so der ÖVP-Grande. Hier gebe es "eine Vielzahl an Möglichkeiten". Besonders wichtig ist ihm, "dass es eine Anreizwirkung für Menschen gibt, die mehr machen".
Der Ausgang der Steirerwahl könne für die Koalitionsverhandler "ein Rendezvous mit der Realität" sein – mit der Konsequenz, "dass jetzt keine Koalition der faulen Kompromisse kommt, sondern eine Koalition mit schnellen Lösungen, die die Menschen auch im Alltag jeden Tag spüren".
"Wirtschaft hat zentrale Bedeutung"
Für ihn genieße das Thema Wirtschaft "zentrale Bedeutung", sagt Mahrer, denn: "ohne neues Wirtschaftswachstum keine sicheren Jobs, ohne Jobs kein Wohlstand und kein Einkommen – aber auch keine Steuern und Abgaben und damit kein sicherer Sozialstaat".
Ob er sich dann nicht vor einer Ampel aus ÖVP, SPÖ und Neos fürchten müsse? Die Farbkombination sei "fast egal". Es komme vielmehr "auf die Inhalte an, die ausverhandelt werden". Ganz oben für ihn: "Anreize, dass sich das Arbeiten auch lohnt und keine Neiddebatte. Das bedeutet: Steuern runter für alle, die arbeiten und nicht Steuern rauf."
„Wir sind nicht in den 70ern, wir sind keine Insel der Seligen mehr, wir stehen im gnadenlos harten Wettbewerb.“
Ob er neue Steuern weiter kategorisch ablehne, will "Heute" wissen. Mahrer: "Selbstverständlich." Sie seien "ein Signal dafür, den Bürgerinnen und Bürgern noch tiefer in den Säckel zu greifen. Was ist das für ein positives Signal für eine Aufbruchstimmung, für eine neue Dynamik?"
"Über Ausgabenbremse nachdenken"
Nachsatz: "Österreich hat kein Einnahmeproblem, Österreich hat ein Ausgabenproblem. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, über eine Ausgabenbremse nachzudenken, das Budget im öffentlichen Bereich zu durchforsten und zu fragen: Bringt uns das Wachstum oder kostet uns das Wachstum? Ich bin mir ganz sicher, wenn man das sehr genau macht, gibt es die eine oder andere heilige Kuh, die man da finden wird."
50/50-Chance auf Ampel
Die Chance für ein Zustandekommen der türkis-rot-pinken Koalition beziffert er – wie der Kanzler in "Heute" – mit "50/50". Mahrer: "Da muss noch ordentliche Bewegung stattfinden. Man muss die Augen aufmachen und ein realistisches Bild auf die Ernsthaftigkeit der wirtschaftlichen Lage in Europa und in Österreich haben. Wir sind nicht in den 70ern, wir sind keine Insel der Seligen mehr, wir stehen im gnadenlos harten Wettbewerb."
Er gibt den drei Parteien einen klaren Auftrag mit: "Pensionisten, die zusätzlich arbeiten, sollen mit ihrer Arbeitnehmerveranlagung Ende 2025 nicht mehr nachversteuern müssen. Und Betriebe müssen eine deutliche Senkung bei den Lohnnebenkosten spüren, um international kompetitiv zu sein." Mahrer fordert: "Die Beschlüsse müssen alle im ersten Halbjahr 2025 im Parlament kommen."
„Zwang, Druck und Raubritteransätze werden dem Land nicht guttun.“
Er warnt vor einer "Zuckelzug-Regierung, wo sich alle in den Schlafwagen legen". Motto müsse sein: "Arbeiten – und zwar besonders schnell."
Den Einwand, dass eine Lohnnebenkosten-Senkung für die SPÖ ein rotes Tuch darstellt, wischt er vom Tisch: "Wenn das ganze Land mit roten Tüchern verhüllt wird, dann sieht man nicht, was draußen passiert."
Viele Wünsche und Ideen, die jetzt in den Verhandlungen auf dem Tisch liegen, würden "aus den 70er-Jahren kommen", meint Mahrer, "und sie gehören auch wirklich zurück in die 70er, denn sie werden Österreich nicht in eine erfolgreiche Zukunft führen".
"Brauchen Freiheiten zum Durchatmen"
Sein Konzept? "Die Wirtschaft so anzukurbeln, dass wir mehr Wirtschaftswachstum haben, sodass auch private Haushalte bereit sind, Geld auszugeben. Das wird nicht gehen, indem wir ihnen noch mehr Steuer abnehmen und sie die Steuerlast eigentlich erdrückt. Das wird nur gehen, indem alle Freiheiten bekommen – Freiheiten zum Durchatmen, damit es wieder Spaß macht, auch Geld auszugeben und zu investieren."
Dies sei "eine Philosophiefrage", konstatiert der Wirtschaftsbund-Boss: "Zwang, Druck und Raubritteransätze werden dem Land nicht guttun. Man braucht das Gegenteil. Freiheit, Freiräume und Entlastung statt Belastung."
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Auf den Punkt gebracht
- Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer fordert im Interview mit "Heute" klare und schnelle Lösungen von den Koalitionsverhandlern, um die wirtschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen.
- Er betont die Notwendigkeit von Anreizen für Arbeit, Steuersenkungen und einer Ausgabenbremse, um Wirtschaftswachstum zu fördern und die Belastung der Bürger zu reduzieren.