Ampel-Gespräche
Neue Regierung – Das wird jetzt als Erstes verhandelt
ÖVP, SPÖ und Neos ringen ab sofort um inhaltliche Schwerpunkte einer Koalition. Worum es jetzt geht, wer das Sagen hat, wann die Regierung stehen soll
ÖVP, SPÖ und Neos sind am Donnerstag wie angekündigt offiziell in die inhaltlichen Verhandlungen über ein mögliches gemeinsames Regierungsprogramm gestartet.
Vorab hatte man ja, wie von "Heute" ausführlich berichtet, sieben thematische "Cluster" definiert, entlang derer die Schwerpunkte einer Dreier-Koalition fixiert werden sollen. Unter diesen Hauptgruppen sind insgesamt 33 Untergruppen angesetzt, in denen die Details verhandelt werden. In Summe sind an diesem Prozess rund 300 Personen beteiligt – sie kommen aus den drei Parteien, teils sind es auch externe Experten.
Am Donnerstag trafen sich laut "Heute"-Informationen die "Cluster"-Gruppen, unter anderem jene zu den Themen Wirtschaft, Inflationsbekämpfung, Soziales, Frauen und Internationales. Einzig der Cluster zur Bildung kam noch nicht zusammen, dieses Treffen soll aber noch diese Woche online stattfinden.
Verhandlungsleiter
Für jede der sieben Hauptgruppen haben ÖVP, SPÖ und Neos je einen oder zwei (im Falle der Neos) Verhandlungsleiter bestimmt.
Den Bereich Wirtschaft und Infrastruktur beispielsweise leiten Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP), Michaela Schmidt (SPÖ), Sepp Schellhorn und Markus Hofer (beide Neos). Bei Sicherheit, Migration und Integration sitzen ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker, SPÖ-Klubchef Philip Kucher, Douglas Hoyos und Yannick Shetty (beide Neos) am Tisch. Im Cluster Inflationsbekämpfung sind die Verhandlungsleiter Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP), die stellvertretende SPÖ-Klubobfrau Julia Herr sowie Sepp Schellhorn und Karin Doppelbauer (beide Neos).
Es wurden die Fahrpläne für die Untergruppen besprochen, von denen einige auch bereits tagten. Schon am Mittwoch gab es dem Vernehmen nach erste Verhandlungen zu den Bereichen Verkehr und Sport.
Die Liste: Wer jetzt die Ampel verhandelt
Alle Untergruppen parallel
Spätestens ab Montag treffen sich dann alle Untergruppen parallel. Räumlichkeiten stehen dafür sowohl im Parlament als im nahe gelegenen Palais Epstein zur Verfügung.
Dreh- und Angelpunkt der Verhandlungen ist die mehr als angespannte Budget-Situation. In Österreichs Staatskasse klafft ein Loch von 15 Milliarden Euro, das in den nächsten vier Jahren gestopft werden muss. Eine Expertengruppe zum Budget versorgt die Verhandler mit dem alarmierenden Zahlenmaterial und entsprechenden Analysen.
15 Milliarden gesucht
Man stehe vor einer "ganz, ganz großen Herausforderung, weil das Budget de facto kaputt ist", sagte SPÖ-Budgetsprecher Kai Jan Krainer, der für die Roten das entsprechende Kapitel mitverhandelt, am Donnerstag im Ö1-Morgenjournal. "Ich kann mich nicht erinnern, dass eine Bundesregierung jemals vor so einer Budgetsanierung gestanden ist", so der lang gediente SPÖ-Politiker.
Die künftige Regierung muss Milliarden "finden". Ganz großer Knackpunkt ist, wo dieses Geld herkommen soll: Ausgaben radikal kürzen oder neue Einnahmen generieren? Während SPÖ-Chef Andreas Babler betont, es müsse auch auf der Einnahmenseite etwas passieren, sind für ÖVP und Neos neue Steuern ein No Go.
Nachdem alle drei Parteichefs aber nicht müde werden zu betonen, es gebe in den Verhandlungen keine Tabus ("rote Linien") und jeder müsse über seinen Schatten springen, darf man gespannt sein, wie man sich in der Ausgaben/Einnahmen-Frage aufeinander zubewegt. Die Chance, dass die drei Parteien sich tatsächlich zu einer Koalition zusammenraufen, sieht ÖVP-Chef Nehammer im "Heute"-Interview bei "50:50".
Einen offiziellen Zeitplan, wann die Verhandlungen fertig sein sollen, haben ÖVP, SPÖ und Neos nicht. Es solle "so schnell wie möglich" gehen, aber man nehme sich "so viel Zeit wie nötig".
Zwischenbericht
Während zunächst ein Termin Anfang Jänner 2025 im Raum stand, könnte es inzwischen doch früher so weit sein. Die neue Devise sei, die Gespräche noch heuer abzuschließen, ist aus Verhandlerkreisen zu hören. Einen Zwischenbericht aus den Untergruppen soll es dem Vernehmen nach in den ersten Dezembertagen geben.
Wer letztlich entscheidet
Was aber nicht heißt, dass sich die von den Parteivorsitzenden Karl Nehammer, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger angeführte übergeordnete Steuerungsgruppe, in der Streitfragen aus den Gruppen gelöst und finale Entscheidungen fallen sollen, nicht vorher trifft. Die Spitzengruppe – in der neben den drei Parteivorsitzenden die Generalsekretäre Stocker (ÖVP) und Hoyos (Neos) sowie SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Sandra Breiteneder sitzen sollen – komme immer wieder zusammen, heißt es.
Jede der drei Parteien hat für die Koalitionsverhandlungen überdies noch ein den Clustern übergeordnetes Kernteam – das sind im Wesentlichen die bekannten Mitglieder der Sondierungsteams.
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Auf den Punkt gebracht
- ÖVP, SPÖ und Neos haben offiziell die inhaltlichen Verhandlungen für ein gemeinsames Regierungsprogramm begonnen, wobei sieben thematische "Cluster" mit insgesamt 33 Untergruppen definiert wurden.
- Ein zentrales Thema ist die angespannte Budget-Situation mit einem Defizit von 15 Milliarden Euro, wobei die Parteien unterschiedliche Ansätze zur Lösung verfolgen: Während die SPÖ auch neue Einnahmen in Betracht zieht, lehnen ÖVP und Neos neue Steuern ab.
- Anfang September soll es einen Zwischenbericht aus den Verhandlungsgruppen geben.
- Möglicherweise steht die Dreierkoalition noch vor Jahresende.