Schwierige Verhandlungen

"Kein Staat mit Kickl" – so will Austro-Ampel regieren

Die Austro-Ampel steht vor knallharten Regierungsverhandlungen und wird nun auf die Probe gestellt. SPÖ-Chef Babler wolle aber über alles verhandeln.

Lukas Leitner
"Kein Staat mit Kickl" – so will Austro-Ampel regieren
Die Austro-Ampel steht vor harten Verhandlungen. Rund 300 Menschen sollen beteiligt sein.
Helmut Graf; Sabine Hertel; Picturedesk; "Heute"-Collage

Erst am Montag verkündete Bundeskanzler Karl Nehammer gemeinsam mit SPÖ-Chef Andreas Babler und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, dass die drei Parteien jetzt in knallharte Regierungsverhandlungen übergehen und ein Programm für die Austro-Ampel ausarbeiten werden.

Gemeinsam wolle man an der Kickl-FPÖ vorbeiarbeiten und das Budget-Loch stopfen, aber auch in der Gesundheit, Teuerung und Wirtschaft positive Veränderungen erzeugen. Der Ausschluss des Freiheitlichen sei dabei sogar ein Ansporn für das Gelingen des Dreiergestells. SPÖ-Chef Babler verteidigte noch am Dienstag in der ZiB2 seine Position gegenüber Kickl: "Mit der FPÖ ist kein Staat zu machen". Der FPÖ-Chef äußerte sich am Montag zu dem Regierungsfortschritt und prophezeite: "Die Talfahrt geht weiter." – "Heute" berichtete.

So wird verhandelt

Damit die sich formende Regierung die großen Aufgaben, vor denen sie nun steht, auch bewältigen und ein Regierungsprogramm herausarbeiten kann, werden seit Dienstag sieben sogenannte Clustergruppen gebildet. Jene sind die thematischen Hauptgruppen, darunter befinden sich 34 Untergruppen, in denen das Regierungsprogramm ausverhandelt werden soll.

Die sieben thematischen Hauptgruppen

  • Gruppe 1: Wirtschaft und Infrastruktur
    Leitung: Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP), Michaela Schmid, (SPÖ) Sepp Schellhorn, Markus Hofer (beide Neos)
  • Gruppe 2: Inflationsbekämpfung und Wohnen
    Leitung: Claudia Plakolm (ÖVP), Julia Herr, (SPÖ) Sepp Schellhorn, Karin Doppelbauer (beide Neos)
  • Gruppe 3: Sicherheit, Migration & Integration
  • Leitung: Christian Stocker (ÖVP), Philip Kucher (SPÖ), Douglas Hoyos, Yannick Shetty (beide Neos)
  • Gruppe 4: Gesundheit, Pflege, Arbeit und Soziales
    Leitung: August Wöginger, (ÖVP) Josef Muchitsch (SPÖ), Johannes Gasser, Lukas Sustala (beide Neos)
  • Gruppe 5: Frauen, Staat, Gesellschaft, Internationales und EU
    Leitung: Karoline Edtstadler (ÖVP), Eva-Maria Holzleitner (SPÖ), Niki Scherak, Stephanie Krisper (beide Neos)
  • Gruppe 6: Regionen, Mobilität, Klima und Landwirtschaft
    Leitung: Georg Strasser (ÖVP), Sven Hergovich (SPÖ), Michael Bernhard, Karin Doppelbauer (beide Neos)
  • Gruppe 7: Bildung, Innovation und Zukunft
    Leitung: Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP), Elisabeth Mayr (SPÖ), Christoph Wiederkehr, Martina Künsberg Sarre (beide Neos)

Jede der drei Parteien hat für die Themen-Cluster einen bis zwei Verhandlungsleiter nominiert. Zum Bereich Migration etwa sind das für die ÖVP Christian Stocker, für die SPÖ Philipp Kucher, für die Neos Douglas Hoyos und Yannick Shetty – "Heute" berichtete ausführlich.

300 Leute an Verhandlungen beteiligt

Insgesamt sind am ganzen Prozess somit rund 300 Leute beteiligt – etwa 100 von jeder Partei, wobei einige auch in mehreren Gruppen sitzen können. Dabei muss es sich nicht zwingend um Personen aus der eigenen Partei handeln, sondern es werden auch parteifremde Experten hinzugezogen. Zu den 300 Verhandlern kommen außerdem noch zahlreiche Mitarbeiter obendrauf, die etwa die einzelnen herausgearbeiteten Punkte verschriftlichen.

Verhandelt wird jedenfalls in den Kammern des Parlaments, die Steuergruppen, die von den Parteichefs geleitet werden, tagen aber weiterhin im Palais Epstein. Wie lang die Koalitionsverhandlungen final dauern werden, ist unbekannt, Nehammer, Babler und Meinl-Reisinger zeigten sich zwar optimistisch, aber es werde dennoch ein "steiniger Weg".

Austro-Ampel könnte noch scheitern

Genaue Insights wollte der SPÖ-Chef am Dienstag in der ZiB2 zwei nicht geben, betonte aber, dass es für ihn nicht gehe, wenn eine Budget-Konsolidierung nur aus dem Budget und eine massive Senkung der Lohnnebenkosten geplant sei. Rote Linien sollte es aber keine geben, es soll über alles verhandelt werden, so der SPÖ-Chef.

"Jetzt müssen wir alle über unseren eigenen Schatten springen und miteinander ein konstruktives Verhältnis haben und alles ausdiskutieren", erklärte Babler. Dabei stehen die drei Parteien vor mehreren Knackpunkten, immerhin ist man sich im Dreiergestell bei vielen Themen uneinig.

So forderte Babler etwa noch im Wahlkampf, dass es für die Sanierung des Budgets unbedingt neue Abgaben geben muss, Nehammer versprach den Wählern hingegen, dass es mit ihm keine neuen Steuern geben wird und will diese sogar senken. Auch bei der Integration wird es schwierig auf einen Nenner zu kommen, denn die Volkspartei steht mit der Forderung nach Verschärfungen bei der Staatsbürgerschaft alleine da – NEOS und SPÖ setzen sich für das Abbauen von Hürden ein – "Heute" berichtete.

Die Streitthemen der Ampel auf einen Blick

Steuern: SPÖ ja; ÖVP und NEOS lehnen neue Abgaben ab
Neutralität: SPÖ und ÖVP bekennen sich zur Neutralität; NEOS nicht
Migration: ÖVP will Verschärfung bei der Staatsbürgerschaft; SPÖ und NEOS wollen Hürden abbauen
Bildung: ÖVP will Leistungsgruppen; NEOS fordern Chancenindex; SPÖ eine gemeinsame Schule der 6- bis 15-Jährigen
Messengerüberwachung: ÖVP ja; NEOS und SPÖ haben Bedenken

Kanzler will Ausgabenbremse

Für den Kanzler sei zudem eine Ausgabenbremse die oberste Prämisse und sollte sich auch im Regierungsprogramm wiederfinden. Bei der Gestaltung der Bremse herrscht aber aufgrund der verschiedenen Positionen der Austro-Ampel noch reichlich Diskussionsbedarf. Babler sieht dabei etwa eine Nulllohnrunde für Staatsbedienstete kritisch und glaube, dass man bei LehrerInnen oder SoldatInnen mit einer solchen Maßnahme nicht durchkommen solle, man müsse sich "das Leben leisten" können.

Donnerstag wird es inhaltlich

Wie sich die Ampel zusammenrauft und ob es wirklich zu einer stabilen und funktionierenden Regierung kommt, so wie es die drei Parteichefs am Montag angekündigt haben, gilt abzuwarten. Am Donnerstag beginnen die ersten inhaltlichen Verhandlungen, danach dürfte es auch erste Ergebnisse geben.

Wie lange die Verhandlungen dauern werden, ist zudem unklar. Aber manches deutet auf einen Fahrplan ähnlich dem nach der letzten Nationalratswahl 2019 hin. Die fand damals auch am 29. September statt und danach dauerte es 100 Tage bis zur Angelobung von Türkis-Grün. Das wäre der 7. Jänner.

Die Bilder des Tages

1/51
Gehe zur Galerie
    <strong>20.11.2024: U-Bahn abgefackelt! U1 muss nun tagelang geteilt werden.</strong> Am Dienstag brannte eine U-Bahn zwischen zwei Stationen aus, die Feuerwehr schwärmte umgehend aus. Der Brand zwingt tausende Fahrgäste, umzusteigen. <strong><a data-li-document-ref="120073433" href="https://www.heute.at/s/u-bahn-abgefackelt-u1-muss-nun-tagelang-geteilt-werden-120073433">Weiterlesen &gt;&gt;</a></strong>
    20.11.2024: U-Bahn abgefackelt! U1 muss nun tagelang geteilt werden. Am Dienstag brannte eine U-Bahn zwischen zwei Stationen aus, die Feuerwehr schwärmte umgehend aus. Der Brand zwingt tausende Fahrgäste, umzusteigen. Weiterlesen >>
    Leserreporter

    Derzeit im Fokus der Userinnen und User von Heute.at im Ressort "Nachrichten" ist die aktuell meistgelesene Story "". Für eine kontroverse Debatte sorgt auch die Geschichte "". Ist dir etwas aufgefallen oder hast du einen Input für uns, dann schreib uns ein Mail.

    Auf den Punkt gebracht

    • Die Austro-Ampel, bestehend aus SPÖ, ÖVP und NEOS, steht vor schwierigen Regierungsverhandlungen, um ein gemeinsames Programm zu erarbeiten und die FPÖ auszuschließen.
    • Rund 300 Personen sind in thematischen Gruppen an den Verhandlungen beteiligt, wobei es bei zentralen Themen wie Budget, Steuern und Integration noch erhebliche Differenzen gibt.
    LL
    Akt.